"…"
[11] 1. Das BG hat frei von Rechtsfehlern angenommen, dass ein etwaiger Kaufpreiserstattungsanspruch des Kl. (vgl. zur Haftung dem Grunde nach Senatsurt. v. 25.5.2020 – VI ZR 252/19, NJW 2020, 1962 Rn 12-63) – unabhängig von der Rechtsgrundlage – im Wege der Vorteilsanrechnung um die vom Kl. gezogenen Nutzungsvorteile zu reduzieren ist, was unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles zu einem vollständigen Wegfall des Schadens des Kl. führt. Die insoweit von der Revision erhobenen Einwände, mit der Vorteilsanrechnung würden die Präventionswirkung des Deliktsrechts verfehlt, das Gebot unionsrechtskonformer Rechtsanwendung verletzt, die Bekl. unangemessen entlastet und gesetzliche Wertungen missachtet, greifen nicht durch (vgl. Senatsurt. v. 25.5.2020 – VI ZR 252/19, NJW 2020, 1962 Rn 64-77 m.w.N.).
[12] 2. Bei der gem. § 287 ZPO vorzunehmenden Bemessung der anzurechnenden Vorteile ist das BG von folgender Berechnungsformel ausgegangen:
Nutzungsvorteil = |
Bruttokaufpreis × gefahrene Strecke (seit Erwerb) |
|
erwartete Restlaufleistung im Erwerbszeitpunkt |
[13] Diese Berechnungsmethode ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Einwand der Revision, der errechnete Nutzungsvorteil sei zumindest erheblich herabzusetzen, weil die Fahrzeugnutzung rechtlich unzulässig sei, verfängt nicht, da es im Rahmen der Vorteilsausgleichung auf die tatsächlich gezogenen Vorteile ankommt (vgl. zum Ganzen: Senatsurt. v. 25.5.2020 – VI ZR 252/19, NJW 2020, 1962 Rn 78-82 m.w.N.).
[14] Entgegen der Ansicht der Revision ist die Vorteilsanrechnung auch nicht auf den Zeitraum bis zu einem etwaigen Eintritt des Schuldner- oder Annahmeverzugs der Bekl. beschränkt (zum Annahmeverzug vgl. bereits BGH, Urt. v. 2.7.1962 – VIII ZR 12/61, NJW 1962, 1909 f., juris Rn 6). Die Vorteilsanrechnung basiert darauf, dass der Kl. mit der fortgesetzten Nutzung des Fahrzeugs einen geldwerten Vorteil erzielt. Ein etwaiger Verzug der Bekl. änderte hieran nichts (vgl. auch Senatsurt. v. 25.5.2020 – VI ZR 252/19, NJW 2020, 1962 Rn 68).
[15] 3. Die vom BG zugrunde gelegte Gesamtlaufleistungserwartung von 250.000 km wird von der Revision nicht angegriffen und ist schon deshalb revisionsrechtlich hinzunehmen. Es ist auch nicht aus sonstigen Rechtsgründen zu beanstanden, dass der etwaige Kaufpreiserstattungsanspruch des Kl. durch die Vorteilsanrechnung vollständig aufgezehrt wird und somit entfällt. Die Vorteilsanrechnung ist dem Geschädigten auch mit dieser Konsequenz zumutbar und entlastet die Schädigerin nicht unangemessen, entspricht also auch mit dieser Konsequenz dem Zweck des Ersatzanspruchs. Sie verhindert damit zwar eine Loslösung vom ungewollten Kaufvertrag im Wege des Schadensersatzes (vgl. Senatsurt. v. 25.5.2020 – VI ZR 252/19, NJW 2020, 1962 Rn 47 m.w.N.). Maßgeblich ist aber, dass der mit dem Kaufpreiserstattungsanspruch geltend gemachte finanzielle Schaden durch die geldwerte Fahrzeugnutzung bereits vollständig ausgeglichen wurde. Eine Begrenzung der Vorteilsanrechnung – etwa auf den Wertverlust des Fahrzeugs – ist nicht angezeigt (vgl. für den Nutzungsersatz nach Rücktritt auch BGH, Urt. v. 9.4.2014 – VIII ZR 215/13, NJW 2014, 2435 Rn 11 f., 17). Soweit der Kaufpreiserstattungsanspruch von den Nutzungsvorteilen erst nach Eintritt der Rechtshängigkeit aufgezehrt wird, verbleibt dem Geschädigten die Möglichkeit, den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt zu erklären.
(Im Folgenden verneinte der BGH mit der gleichen Begründung wie in der Entscheidung vom 30.7.2020 (VI ZR 397/19 Rn 21-27; in diesem Heft) einen Anspruch des Kl. auf Ersatz von Deliktszinsen gem. § 849 BGB und verneinte sodann Ansprüche des Kl. auf Verzugs- und Prozesszinsen. Weiterhin wurde der geltend gemachte Anspruch auf Ersatz der getroffenen Aufwendungen für das Fahrzeug und der Anspruch auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten abgewiesen.)
[21] Vor dem Hintergrund der uneingeschränkten tatsächlichen Nutzbarkeit des erlangten Fahrzeugs kommt entgegen der Ansicht der Revision schließlich auch keine Verzinsung eines Teils des Kaufpreises in Betracht.
[22] b) Es besteht auch kein Zinsanspruch des Kl. unter dem Gesichtspunkt des Verzugs (§ 288 Abs. 1 BGB). Eine verzugsbegründende Mahnung gem. § 286 Abs. 1 S. 1 BGB ist weder festgestellt noch wird sie von der Revision geltend gemacht. Entgegen der Ansicht der Revision liegen auch keine besonderen Gründe vor, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der Parteien den sofortigen Verzugseintritt ohne Mahnung rechtfertigen würden, § 286 Abs. 2 Nr. 4 BGB. Insbesondere ist der Streitfall mit den unter der Bezeichnung “fur semper in mora' erörterten Sachverhaltskonstellationen nicht vergleichbar.
[23] c) Schließlich besteht auch kein Anspruch auf Prozesszinsen aus § 291 BGB. Die Revision hat keinen von den Vorinstanzen übergangenen Tatsachenvortrag dazu aufgezeigt, ob und in welcher Höhe unter Berücksichtigung der anzurechnende Nutzungsvorteile bei Eintritt der Rechtshängigkeit eine verzinsliche Ha...