Vgl. BGH zfs 2020, 434 Rn 64-82
1) In der Grundsatzentscheidung vom 25.5.2020 (zfs 2020, 434 Rn 64 ff.) hatte der BGH unter dem Blickwinkel der Vorteilsausgleichung den Abzug der Nutzungsentschädigung von der in Höhe des von dem Geschädigten gezahlten Kaufpreises als Schadensersatz bejaht. Dabei hatte er die in diesem Zusammenhang angeführten Bedenken verworfen, dass dieser sich vor allem auch nach der Dauer des Rechtsstreits bestimmt. Für den Geschädigten, für den keine realistische Möglichkeit besteht, seinen Mobilitätsbedarf anderweitig zu decken, ist die überwiegende oder vollständige Aufzehrung der Schadensersatzforderung keine seltene Konstellation. Sie ist nach der Entscheidung des BGH eine zwingende Rechtsfolge, mit der einzigen Einschränkung, dass der EuGH möglicherweise die Aufzehrung der Klageforderung verwirft. Rechtsfolge einer unerlaubten Handlung gem. § 826 BGB ist die Vornahme eines Schadensausgleichs, nicht dagegen eine gewollte Bereicherung des Geschädigten, ließe man ihm den Wert der Nutzung des Kfz ohne Ausgleich (vgl. BGHZ 118, 312 Rn 73). Das Ergebnis des Schadensausgleichs ist aus der Sicht des Geschädigten schwer verständlich, da der Schädiger einen "wiederverkäuflichen Gebrauchtwagen und einen mietvertragsähnlichen Nutzungsersatz" (Heese NJW 2020, 2779 (2782)) erhält. Ob die Berücksichtigung des Vorteilsausgleichs dem Gebot unionrechtskonformer Rechtsanwendung genügt, erscheint jedenfalls unter europarechtlichen Gesichtspunkten klärungsbedürftig. Beruft sich ein Fahrzeugerwerber auf seine Schädigung durch eine unrichtige erschlichene Übereinstimmungsbescheinigung, und müsste er nicht nur das Fahrzeug zurückgeben, sondern auch den Wert seines bisherigen Gebrauchs ersetzen, würde dies für ihn den Anreiz zur Geltendmachung des Schadensersatzes beeinträchtigen. Damit würde die Anwendung nationalen Rechts, der Verpflichtung zum Nutzungsersatz, den gemeinschaftsrechtlichen Effektivitätsgrundsatz beeinträchtigen können (vgl. Harke VuR 2017, 83). Andererseits müsste bei der Abwägung auch berücksichtigt werden, dass ein entschädigungsloses Belassen des Nutzungsvorteils zu einer grundlosen Bereicherung des Geschädigten führen kann. In diese Richtung geht die Argumentation des LG Gera in seinem Vorlageschluss v. 30.8.2019 – 7 O 188/18, dem Bruns NJW 2020/511 f., zugestimmt hat.
Wie der Ratschlag des BGH zeigt, für den Fall der Aufzehrung des Schadensersatzes durch nach Rechtshängigkeit entstandene Nutzungsersatzansprüche den Rechtsstreit für erledigt zu erklären, ist der BGH mit dem Ergebnis nicht in vollem Umfang einverstanden. Viel gewonnen hat der Geschädigte bei diesem Vorgehen nicht, da es sich nur auf die Kosten auswirkt.
2) Der BGH hatte in der Entscheidung vom 25.5.2020 die Frage des Vorteilsausgleichs wegen der vom Geschädigten gezogenen Nutzungen nur unter dem europarechtlichen Gesichtspunkt angesprochen, dass das Gemeinschaftsrecht die nationalen Gerichte nicht hindere, dafür Sorge zu tragen, dass der Anspruchsberechtigte nicht aufgrund des Schadensereignisses ungerechtfertigt bereichert werde (Rn 76). Ob ein Verstoß gegen den gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz des effet utile vorliege, ist bisher nicht geprüft.
RiOLG a.D. Heinz Diehl
zfs 2/2021, S. 75 - 77