1. Dem Kl. steht der geltend gemachte Anspruch auf Neupreisentschädigung nicht zu, da es an einem bedingungsgemäßen Totalschaden im Sinne der im Versicherungsschein vom 12.11.2019 vereinbarten Klausel zur Neupreisentschädigung fehlt.
Nach ihr verspricht der beklagte VR, im Schadensfall anstelle des Wiederbeschaffungswertes den Neupreis zu zahlen, wenn innerhalb von 36 Monaten nach Erstzulassung des Fahrzeugs ein Totalschaden oder der Verlust des Fahrzeugs eintritt. Über die Frage, wann von einem bedingungsgemäßen Totalschaden in diesem Sinne auszugehen ist, trifft die Klausel selbst keine nähere Regelung. Sie verweist lediglich auf weitere Erläuterungen einer – nicht aktenkundigen – "Zusatzvereinbarung Premium". Im Übrigen ist in dem Vertrag vereinbart die Geltung der – vorgelegten – AKB.
Nach der – insoweit eindeutigen – Definition in den zugrunde liegenden AKB der Bekl. kommt es in der Kaskoversicherung zu einer Totalschadenabrechnung erst, wenn nach Ziff. 1.5.1 (2) des Leistungsbausteins Kasko die erforderlichen Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert übersteigen. Dass diese Voraussetzungen hier nicht vorlagen, hat das LG zutreffend festgestellt und wird auch von der Berufung nicht in Zweifel gezogen. Nach dem Schadengutachten vom 24.6.2020 beliefen sich die erforderlichen Reparaturkosten auf brutto 17.142,55 EUR und lagen damit unterhalb des Wiederbeschaffungswertes von brutto 22.500 EUR. Auch nach Haftpflichtgrundsätzen bestand damit – anders als der Kl. geltend macht – kein sog. wirtschaftlicher Totalschaden. Demgegenüber kommt es nicht auf die Frage an, ob nach den Gesichtspunkten des Schadensersatzrechts von einem sog. "unechten" Totalschaden auszugehen ist, bei dem die Schadensbehebung im Wege der Reparatur zwar geringere Kosten verursacht als eine Ersatzbeschaffung, die Reparatur jedoch dem Geschädigten nicht zuzumuten ist (vgl. zu Einzelheiten Piontek in Filthaut/Piontek/Kayser, Haftpflichtgesetz 10. Aufl. § 10 Rn 12).
Ohnehin aber folgt das Schadensersatzrecht anderen rechtlichen Prämissen als das im Streitfall maßgebliche Versicherungsvertragsrecht. Es ist von der Erwägung getragen, dass der Gesetzgeber dem Geschädigten in § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB die Möglichkeit eingeräumt hat, die Schadenbehebung gerade unabhängig vom Schädiger in die eigenen Hände zu nehmen und in eigener Regie vorzunehmen. Die für das Haftpflichtrecht entwickelten Maßstäbe können deshalb auf die Beziehung der Parteien des Kfz-Kaskoversicherungsvertrags jedenfalls nicht unmittelbar übertragen werden (vgl. zuletzt BGH, zfs 2021, 687).
Demgemäß entscheidet über die Frage, ob ein bedingungsgemäßer Totalschaden vorliegt, allein die Auslegung der vereinbarten Versicherungsbedingungen. Insoweit gelten die allgemeinen Maßstäbe des Versicherungsvertragsrechts. AVB sind nach st. Rspr. so auszulegen, wie ein durchschnittlicher, um Verständnis bemühter VN sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs versteht. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines VN ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf seine Interessen an. In erster Linie ist vom Bedingungswortlaut auszugehen. Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den VN erkennbar sind (…).
Hieran gemessen wird der durchschnittliche VN neben dem Wortlaut der Klausel für die Neupreisentschädigung hinsichtlich des Begriffs "Totalschaden" die für den Versicherungszweig der Kaskoversicherung maßgeblichen Versicherungsbedingungen in den Blick nehmen und erkennen, dass der Begriff dort eindeutig und losgelöst von den für das Haftpflichtrecht maßgeblichen Grundsätzen eigenständig definiert ist.
Dass sich aus der "Zusatzvereinbarung Premium" etwas anderes – insbesondere eine von den zugrunde liegenden AKB abweichende und die Eintrittspflicht des VR erweiternde Definition des Begriffs – ergibt, hat der für die Voraussetzungen der geltend gemachten Entschädigungsleistung als VN darlegungsbelastete Kl. bereits nicht behauptet.
2. Auch einen Schadensersatzanspruch des Kl. hat das Landgericht zu Recht verneint.
Der Kl. hat bereits nicht dargetan, dass die Mitarbeiterin der Bekl. konkrete Erklärungen dahin abgegeben hat, ihm stünden gerade in Ansehung der Neupreisentschädigungsklausel Leistungsansprüche zu, die über den konkret vereinbarten Vertragsinhalt hinausgehen. Die allein behauptete Erklärung, die "Versicherung greife", ist für sich genommen zutreffend.
Selbst wenn man aber die Voraussetzungen einer Haftung der Bekl. aufgrund der Erklärung unterstellen wollte, fehlt es hinsichtlich des Schadens an einem Beweisangebot des Kl. dafür, dass er sich für eine Reparatur des Fahrzeugs entschieden hätte. Auf eine Vermutung beratungsgerechten Verhaltens kann sich der Kl. nicht berufen. Sie kommt nicht in Betracht, wenn nicht nur eine einzige verständige Entschlussmöglichkeit bestanden hätte, sondern – wie hier – nach p...