Sehr geehrte Damen und Herren,
wir kommen auf die oben genannte Angelegenheit zurück. Der Fahrer des bei Ihnen versicherten Fahrzeugs hat das Unfallereignis allein und schuldhaft verursacht. Eine Mithaftung unseres Mandanten ist nicht gegeben.
Nach den vorliegenden polizeilichen Ermittlungen befuhr unser Mandant mit dem Fahrrad sowie der Fahrer des bei Ihnen versicherten Pkw die Musterstraße in gleicher Fahrtrichtung. Als beide Unfallbeteiligte auf gleicher Höhe waren, kam es zur Kollision zwischen dem Fahrrad unseres Mandanten und dem bei Ihnen versicherten Fahrzeug. An der Unfallstelle sind keine Unfallspuren festgestellt worden. Ein unfallanalytisches Sachverständigengutachten kann auch keine Hilfe zur Aufklärung des Unfallgeschehens leisten. Auch sind keine Zeugen für den Unfall vorhanden.
Folglich trifft Ihren Versicherungsnehmer die volle Haftung aus dem Unfallereignis dem Grunde nach. Eine Haftung unseres Mandanten kommt daher nicht in Betracht. Eine Haftung des Fahrradfahrers kommt nur in Betracht, wenn ein Verschulden des Fahrradfahrers feststeht oder ein Anscheinsbeweis zu Lasten des Fahrradfahrers vorliegt. Weder ein Anscheinsbeweis noch ein Verschulden zu Lasten unseres Mandanten ist nachgewiesen. Da sich das Unfallereignis bei dem Betrieb eines (bei Ihnen versicherten) Fahrzeugs ereignete, folgt Ihre Haftung aus § 7 Abs. 1 StVG.
Wir sehen der Bestätigung Ihrer Haftung dem Grunde nach bis … … … entgegen.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt
Nicht selten gibt es Unfälle, deren Verursachung nicht mehr rekonstruiert werden kann. § 17 Abs. 2 StVG regelt die Haftungsverteilung mehrerer beteiligter Schädiger untereinander. § 7 StVG hingegen regelt die echte Gefährdungshaftung des Halters eines Kraftfahrzeuges oder eines Anhängers.
Sofern ein Anscheinsbeweis zu Lasten des Radfahrers oder eine sonstige Mithaftung durch Verletzung der Regelungen der StVO nicht in Betracht kommt, fehlt es an einem Verschulden des Radfahrers im Sinne von § 823 Abs. 1 BGB. Demgemäß verbleibt es bei der verschuldensunabhängigen Alleinhaftung des Kfz gem. § 7 Abs. 1 StVG. Nach dieser Vorschrift hat der Halter dem Verletzten den aus dem Unfall resultierenden Sach- oder Gesundheitsschaden zu ersetzen.
Eine (Mit-)Haftung des Radfahrers kommt nur bei einem feststehenden oder im Wege des Anscheinsbeweises vermuteten Verschulden in Betracht. (Grüneberg Haftungsquoten, E. Unfälle zwischen Kfz und Radfahrer).
Zur Beurteilung der Haftung eines deliktsfähigen minderjährigen Fahrradfahrers ist nach der Altersfrage ggf. von einem geringeren Verschulden als bei einem erwachsenen Fahrradfahrer auszugehen, so dass ein Abschlag von der Mithaftungsquote in Betracht kommt.
Autor: Tamás Ignácz
RA Tamás Ignácz, FA für Verkehrsrecht
zfs 2/2022, S. 63