[5] “I. Nach den Feststellungen des LG, die das Berufungsgericht seiner Beurteilung zu Grunde legt, sind die Parteien bei dem fraglichen Vorfall im Gedränge leicht gegeneinander gestoßen. Der Kläger habe sich beim weitergehen abfällig über den Beklagten geäußert und “Scheiß Türke’ sowie “Du kannst ja nicht mal richtig deutsch’ gesagt, woraufhin der Beklagte dem Kläger nachgegangen sei und ihn zur Rede gestellt habe. Es sei zu einer sich zuspitzenden verbalen Auseinandersetzung gekommen. In deren Verlauf habe der Beklagte dem Kläger die Baseball-Kappe vom Kopf geschlagen. Hierauf habe der Kläger den Beklagten einige Sekunden lang am Hals gewürgt, woraufhin der Beklagte den Kläger weggeschubst habe. Sodann sei der Kläger mit geballten Fäusten auf den Beklagten zugelaufen. Um diesen Angriff abzuwehren, habe der Beklagte dem Kläger drei Mal ins Gesicht geschlagen, wodurch der Kläger zu Boden gegangen sei. Obwohl der Beklagte die Kampfunfähigkeit des Klägers erkannt habe, habe er den am Boden liegenden Kläger nochmals bis zu drei Mal geschlagen.
[6] Das Berufungsgericht hat die drei ersten Schläge in das Gesicht des Klägers als nach § 227 BGB gerechtfertigt angesehen und die Haftung des Beklagten für die späteren Schläge bejaht. Es teilt allerdings die Beurteilung des LG, es könne nicht festgestellt werden, durch welche Schläge die Verletzungen des Klägers und der von ihm behauptete materielle Schaden verursacht worden seien. Diese Ungewissheit gehe zu Lasten des Klägers, den insoweit die Beweislast treffe. Wegen der gegen den kampfunfähig am Boden liegenden Kläger geführten Schläge sei ein Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt 1.300 EUR angemessen. Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, weil für solche Fälle die Frage der Beweislast höchstrichterlich noch nicht geklärt sei.
[7] II. Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.
[8] 1. Nicht durchgreifend ist die Rüge der Revision, die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts lasse wesentliche Umstände unberücksichtigt und sei widersprüchlich. Die Beweiswürdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters und nur eingeschränkt daraufhin zu überprüfen, ob sich der Tatrichter mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinander gesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denk- oder Erfahrungssätze verstößt (vgl. Senat, Urt. v. 1.10.1996, NJW 1997, 796, 797 und v. 14.10.2003, NJW-RR 2004, 425). Derartige Rechtsfehler weist das angegriffene Urteil nicht auf.
[9] Soweit die Revision meint, die Beweiswürdigung habe wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen, weil das Berufungsgericht die im Strafverfahren protokollierten Aussagen des Beklagten sowie des vom LG als Zeugen vernommenen D F nicht in seine Würdigung einbezogen habe, zeigt sie nicht auf, dass insoweit in den Tatsacheninstanzen ein Beweisantritt erfolgt ist. Zudem kann sich das Gericht nach § 540 Abs. 1 ZPO auf die wesentlichen Gesichtspunkte der Begründung beschränken, sodass sich nicht alleine aus der fehlenden Auseinandersetzung mit einem einzelnen Gesichtspunkt eine lückenhafte Beweiswürdigung ergibt. Soweit die Revision rügt, die Feststellungen der Vorinstanzen seien widersprüchlich, weil sie den Beginn der tätlichen Auseinandersetzung zwischen den Parteien in dem Würgen durch den Kläger sähen und ihnen zugleich zu entnehmen sei, der Beklagte habe zuvor dem Kläger die Mütze vom Kopf geschlagen, liegt hierin kein Widerspruch. Die Vorinstanzen haben ersichtlich den Vorgang mit der Mütze nicht als tätlichen Angriff gewertet, der – wie die Revision wohl nahe legen will – eine Notwehrreaktion des Klägers herausgefordert haben könnte.
[10] 2. Vielmehr tragen die getroffenen Feststellungen die Auffassung des Berufungsgerichts, die drei ersten Schläge des Beklagten seien nach § 227 BGB gerechtfertigt.
[11] a) Unbedenklich ist die Annahme einer Notwehrlage. Darin, dass der Kläger aus einer Entfernung von wenigen Metern mit geballten Fäusten auf den Beklagten zulief, lag unter den vom Berufungsgericht festgestellten konkreten Umständen ein gegenwärtiger Angriff, da eine Verletzungshandlung unmittelbar bevorstand. Der Angriff war auch rechtswidrig. Insbesondere ist das Geschehen entgegen der Auffassung der Revision nicht als komplexer einheitlicher Vorgang einer Schlägerei zwischen zwei Personen zu werten. Zwar mag bei einer Rauferei, bei der jeder der Beteiligten den Willen zur tätlichen Auseinandersetzung in einem für eine Rauferei üblichen Rahmen hat, ein sich in diesem Rahmen haltender Angriff grundsätzlich nicht rechtswidrig sein (vgl. OLG Saarbrücken VRS 42, 419, 420 f.; MüKo-BGB/Grothe, 5. Aufl., § 227 Rn 11). So lag es hier indes nicht, denn der Beklagte beschränkte sich bis zu seiner Verteidigung durch die Schläge auf eine verbale Auseinandersetzung und das Herunterschlagen der Mütze vom Kopf des Klägers und setzte sich im Übrigen passiv gegen das Würgen zur Wehr, indem er den Kläger wegschubste.
[12] b...