BGB § 823 Abs. 1
Zum Umfang der Schneeräumpflicht eines Flugplatzbetreibers
OLG Saarbrücken, Urt. v. 8.4.2009 – 8 U 585/07
Die Klägerin ist Eigentümerin einer Propellermaschine vom Typ: PA 42-1000LS mit dem Eintragungszeichen EC-IIP. Die Beklagte ist Betreiberin des Flughafens S.
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Schadensersatz wegen Verletzung ihrer Verkehrssicherungspflicht wegen eines Vorfalls vom 20.12.2004 in Anspruch. An diesem Tag landete die Maschine der Klägerin von Zaragossa kommend um 15:50 Uhr Ortszeit in S. Der Landeanflug erfolgte als Sichtflug auf der Piste 09. Der Anweisung des Towers, die Landebahn zu verlassen und über den Rollweg B zum Vorfeld zu rollen, kam der Kommandant des Flugzeugs nach. Am Beginn des Rollwegs B wartete bereits das "Follow-me"-Fahrzeug, um das Flugzeug in die endgültige Parkposition zu bringen.
Im Rahmen des "After-landing-Check" stellten Kommandant und Copilot eine Beschädigung an den Spitzen der beiden Propeller des Flugzeugs fest. Für deren Reparatur hat die Klägerin 78.836,91 EUR bezahlt. Ersatz dieses Betrages sowie vorgerichtlicher Anwaltskosten hat sie von der Beklagten mit der Begründung verlangt, die Beschädigungen an den beiden Propellern könnten nur während des Rollvorgangs auf dem Flughafen S erfolgt sein, wohl durch das Aufwirbeln von Schnee- und Eisstückchen infolge nicht ordnungsgemäßer Räumung durch die Beklagte.
Das LG hat die Beklagte nach Durchführung einer Beweisaufnahme antragsgemäß zur Zahlung von 78.836,91 EUR verurteilt.
Das BG hat das Urteil des LG abgeändert und die Klage abgewiesen.
Aus den Gründen:
“Die Berufung der Beklagten ist nach den §§ 511, 513, 517, 519 und 520 ZPO statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, mithin zulässig.
In der Sache hat sie auch Erfolg, denn die Klägerin konnte nicht nachweisen, dass der Schaden an den beiden Propellern ihres Luftfahrzeugs vom Typ PA 42-1000LS mit dem Eintragungszeichen EC-IIP am 20.12.2004 durch eine schuldhafte Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten eingetreten ist.
1. Ohne Rechtsfehler ist das LG allerdings davon ausgegangen, dass die Beklagte als Betreiberin des Flughafens die privatrechtliche Verkehrssicherungspflicht trifft (Geigel-Mühlbauer, Der Haftpflichtprozess, 25. Aufl. 2008, Kapitel 29 Rn 154; OLG Köln VersR 1997, 1022 unter 1.). Daraus folgt, dass sie für den betriebssicheren Zustand der für die Bewegung von Luftfahrzeugen bestimmten Flächen, insbesondere die Start- und Landebahnen, die Rollwege und das Vorfeld verantwortlich ist. Dabei erstreckt sich die Verkehrssicherungspflicht nicht nur auf die eigentlichen Start- und Landevorgänge, sondern auch auf die Start und Landung vorausgehende und nachfolgende Benutzung des Flughafengeländes, soweit es zum Verantwortungsbereich der Beklagten gehört (OLG Köln VersR 1997, 712 II. 1. a).
Die Rechtspflicht, im Verkehr Rücksicht auf die Gefährdung anderer zu nehmen, beruht auf dem Gedanken, dass jeder, der Gefahrenquellen schafft, die notwendigen Vorkehrungen zum Schutz Dritter zu treffen hat. Da eine Verkehrssicherung, die jeden Unfall ausschließt, nicht erreichbar ist, muss nicht für alle denkbaren, entfernten Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge getroffen werden. Vielmehr sind nur diejenigen Vorkehrungen zu treffen, die nach den Sicherheitserwartungen des jeweiligen Verkehrs im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren geeignet sind, Gefahren von Dritten tunlichst abzuwenden, die bei bestimmungsgemäßer oder bei nicht ganz fern liegender bestimmungswidriger Benutzung drohen (Palandt-Sprau, BGB, 67. Aufl. 2008, § 823 Rn 51; BGH NJW 2007, 762, 763 Tz. 11 m.w.N.). Dementsprechend trifft die Beklagte im Winter auch die Räum- und Streupflicht für die Start- und Landebahnen, die Rollwege und das Vorfeld.
2. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht auch zur Überzeugung des Senats fest, dass der Schaden an den Propellern erst nach der Landung in S eingetreten ist.
Der Sachverständige B hat bereits bei seiner erstinstanzlichen Anhörung ausgeschlossen, dass die streitgegenständlichen Beschädigungen an den Propellern durch eine unsachgemäße Landung herbeigeführt worden sein könnten. Dies ergebe sich bereits aus der Art der Beschädigungen. Es liege nämlich eine Zerfaserung des Propellerblattes nach oben vor, wohingegen bei einem Aufsetzen der Propeller auf dem Boden von einem Abreißen der Spitze auszugehen wäre. Diese Angaben hat er dann bei seiner Anhörung vor dem Senat nochmals bestätigt und präzisiert. Danach kann er auch ausschließen, dass die fraglichen Beschädigungen an den Propellern beim Landeanflug auf dem Flughafen E passiert sind. Dies schon deshalb, weil die Landebahn aufgeschüttet ist, sodass bei einer Landerichtung – wie vorliegend – aus Westen kommend sich die Maschine am Anfang der Landebahn über der Schwelle etwa 15 m über dem Boden befindet und eine Ansaugwirkung nach unten bis zum Boden in diesem Bereich ausgeschlossen ist. Auch einen Zusammenstoß mit Vögeln oder ähnlichem konnte er ausschließen, we...