"Im Ergebnis zutreffend ist das LG davon ausgegangen, dass die Beklagte zur Gewährung von Rechtsschutz verpflichtet ist. Denn es ist nicht von einer Vorvertraglichkeit der hier für den Eintritt des Versicherungsfalles maßgeblichen Rechtsverstöße auszugehen."
Zwar ist entgegen der Auffassung des LG bereits von dem Vorliegen eines ersten Versicherungsfalles im Jahr 1998 auszugehen. Zwar ändert sich daran auch nichts dadurch, dass der Kläger seinen Anspruch im Haftpflichtprozess allein auf ein ärztliches Fehlverhalten ab April 2002 stützen will. Jedoch bleibt der Rechtsschutzfall des Jahres 1998 deshalb außer Betracht, weil er länger als ein Jahr vor Beginn des Versicherungsschutzes für den betroffenen Gegenstand der Versicherung eingetreten ist.
I. Nach § 4 Abs. 1 S. 1c ARB 2000 gilt der Versicherungsfall in dem Zeitpunkt als eingetreten, in dem der Versicherungsnehmer oder ein anderer einen Verstoß gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften begangen hat oder begangen haben soll.
Nach der Rspr. des BGH (VersR 2008, 109) richtet sich die Festlegung eines verstoßabhängigen Rechtsschutzfalles i.S.v. § 14 Abs. 3 S. 1 ARB 75 (entsprechend des hier vereinbarten § 4 Abs. 1 S. 1c ARB 2000) allein nach der vom Versicherungsnehmer behaupteten Pflichtverletzung. Dieses Vorbringen muss (erstens) einen objektiven Tatsachenkern – im Gegensatz zu einem bloßen Werturteil – enthalten, mit dem der Versicherungsnehmer (zweitens) den Vorwurf eines Rechtsverstoßes verbindet, der den Keim für eine rechtliche Auseinandersetzung enthält, und worauf er (drittens) seine Interessenverfolgung stützt.
Daran gemessen liegt bereits im Jahr 1998 ein Versicherungsfall vor. Denn der Kläger hat bereits mit seinem ersten Anspruchsschreiben gegenüber dem Arzt vom 2.8.2005 den Vorwurf einer ärztlichen Fehlbehandlung erhoben. Gegenüber dem Haftpflichtversicherer dieses Arztes hat der Kläger sodann mit Schreiben vom 24.8.2007 diesen Vorwurf untermauert und angekündigt, für die Höhe der Ansprüche den Zustand zugrunde zu legen, der bei einer bereits 1998 durchgeführten Operation gegeben wäre. Dieses vorprozessuale Vorbringen gegenüber dem Anspruchsgegner bzw. seinem Haftpflichtversicherer enthält den objektiven Tatsachenkern einer Schädigung ab 1998 durch unterlassene Aufklärung über das Gebotensein einer Operation. Ferner ist im Anspruchsschreiben vom 24.8.2007 der rechtliche Vorwurf eines Rechtsverstoßes enthalten; die dort ausgesprochene Fristsetzung sollte die gerichtliche Auseinandersetzung vorbereiten. Schließlich hat der Kläger- wie ebenfalls sein Anspruchsschreiben vom 24.8.2007 zeigt – seine Interessenverfolgung auf den vorbezeichneten Vorwurf gestützt.
Der Verstoß muss auch nicht wirklich gegeben sein; ausreichend ist die bloße Behauptung; für die vom LG vorgenommene Schlüssigkeitsprüfung ist deshalb für die Frage des Vorliegens einer Anspruchserhebung im Deckungsprozess kein Raum (BGH VersR 1009, 109, 111).
II. Das Vorliegen eines bereits im Jahr 1998 eingetretenen Versicherungsfalles kann nicht deshalb verneint werden, weil der Kläger nunmehr allein Versicherungsschutz für eine Klage wegen möglichen ärztlichen Fehlverhaltens ab April 2002 begehrt.
Denn im Deckungsprozess kommt es für den Beginn des angeblichen Verstoßes auf das Vorbringen im Ausgangsverfahren an, nicht auf den abweichenden Vortrag im Deckungsprozess (Prölss/Martin/Armbrüster, VVG, § 4 ARB 2008/II Rn 56; Beckmann/Matusche-Beckmann/Obarowski, VersRHdb, § 37 Rn 347). Das Vorbringen des Klägers im vorliegenden Verfahren zur Rechtslage gegenüber dem Anspruchsgegner ist deshalb nicht maßgebend.
Der Kläger kann auch nicht dadurch, dass er seinen Anspruch in einem künftigen Klageverfahren nicht mehr auf Geschehnisse bis März 2002 stützen will (“Fallenlassen’ von Vorwürfen, die sich auf den Vor-Zeitraum beziehen), willentlich den Zeitpunkt bestimmen, zu welchem der Versicherungsfall eingetreten ist. Der Senat hat schon zur Vorgängerregelung des § 14 Abs. 3 ARB entschieden (Senat VersR 1980, 669), dass diese Regelung verhindern soll, dass der Rechtsschutzversicherer die Kosten solcher Rechtsstreitigkeiten tragen muss, die bei Abschluss des Versicherungsvertrags oder bei Ablauf der Wartezeit bereits vorprogrammiert waren. Diese Gefahr realisiert sich jedoch, wenn ein Versicherungsnehmer durch eine rein willentliche zeitliche Beschränkung im Ausgangsverfahren die Deckungspflicht des Versicherers selbst herbeiführt. Mit dem behaupteten Rechtsverstoß steht der Eintritt des Versicherungsfalles fest, sodass sich dieser Zeitpunkt selbst dann nicht mehr ändern kann, wenn die Behauptung des Rechtsverstoßes nach Ausbruch des Rechtskonflikts fallen gelassen wird (Obarowski, a.a.O. sowie OLG Köln r+s 1990, 276; LG Hannover r+s 1989, 290; vgl. aber Prölss/Martin/Armbrüster, § 4 ARB 2008/II Rn 16, der für diesen Fall die Kausalität verneint).
Vorliegend ist es auch nicht so, dass keine rein willentliche zeitliche Beschränkung vorläge. Eine solche rein willentliche zeitliche Beschränkung wird zu vernei...