Die rechtliche Einschätzung des OLG Jena überzeugt (mich) nicht. Der Beschl. steht im Widerspruch zu aktuellen Entscheidungen anderer OLG, die im Entscheidungszeitpunkt zum Teil bereits veröffentlicht waren.
Zunächst allgemein: Das Gericht muss die Erforderlichkeit der Anwesenheit prüfen und, wenn diese nicht vorliegt, den Betr. von der Anwesenheitspflicht entbinden (OLG Frankfurt NZV 2011, 561; auch bei Heranwachsenden OLG Frankfurt zfs 2012, 291). In die Prüfung einzustellen sind dabei die Aufklärungspflicht (BGH NJW 1981, 2133; BayObLG NStZ-RR 1997, 246), aber auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie das Übermaßverbot (OLG Zweibrücken NZV 2000, 304; BayOLG DAR 2002, 133). Die Ablehnung des Entbindungsantrags ist unzulässig, wenn mit der Anwesenheit des Betr. eine Sachaufklärung nicht erreicht werden kann (OLG Köln NStZ 1988, 31; OLG Dresden zfs 2003, 20). Die Anwesenheit ist nur dann wirklich erforderlich, wenn der Betr. identifiziert werden soll (OLG Hamm NZV 2005, 386; vgl. auch OLG Düsseldorf NZV 2007, 251: der Betr. "bestreitet nicht", gefahren zu sein, dies genügt nicht), wenn die bloße physische Präsenz des berechtigterweise schweigenden Betr. zur Sachaufklärung geboten ist (OLG Karlsruhe NZV 2011, 95; OLG Düsseldorf VRR 2012, 233, m.E. argumentativ angreifbar) oder wenn ins Strafverfahren übergegangen werden soll. Die Anwesenheit ist nicht erforderlich nach dem Zugeständnis der Halter-/Fahrereigenschaft und der Erklärung, keine weiteren Angaben machen zu wollen (OLG Zweibrücken SVR 2011, 35; OLG Hamm NZV 2010, 214). Die nur vage oder spekulative Hoffnung, der zum Schweigen entschlossene Betr. könne bei Anwesenheit in der Hauptverhandlung (vielleicht) doch anderen Sinnes werden, darf nicht zur Ablehnung des Entbindungsantrags führen (OLG Köln NZV 2013, 50; OLG Karlsruhe StRR 2012, 283; KG NZV 2011, 620 und NZV 2007, 633). Auch bedarf es keines persönlichen Eindrucks vom Betr., um ein Fahrverbot verhängen zu können. Nicht einmal die Möglichkeit, mittels weiterer Sachaufklärung zu einem Absehen vom Fahrverbot beizutragen oder zu seinen Gunsten die wirtschaftlichen Verhältnisse, wozu die berufliche Situation gehört, aufzuklären, kann den Betr. zur Anwesenheit verpflichten (OLG Frankfurt NZV 2012, 192; OLG Frankfurt zfs 2012, 291; OLG Frankfurt, Beschl. v. 30.11.2012 – 2 Ss-OWi 909/12, mitgeteilt von RA Dr. iur. Ingo Fromm, Koblenz; OLG Karlsruhe StRR 2012, 283).
Wie letztgenannt liegt der Fall auch hier: Der Betr. hat, insofern ist ausweislich der Beschlussdarstellung keine andere Auslegung geboten, die Begehung der Tat eingeräumt und eindeutig angekündigt, keine weiteren Angaben zu machen. Dies ist ausreichend, selbst wenn er – wie hier – aufgrund seiner sonstigen Einlassungen dem Gericht durchaus noch Potential für Aufklärung und Nachfragen bietet. Denn er muss an dieser Aufklärung bzw. an der Wahrnehmung der Fürsorgepflicht durch das Gericht nicht mitwirken! Der anwaltlich vertretene Betr. darf sich gerade bewusst gegen ein Erscheinen entscheiden, selbst wenn das Gericht denkt, ihm zu einem günstigeren Ausgang des Verfahrens verhelfen zu können. Vielleicht waren seine Einwände ja nur Schutzbehauptungen und er weiß sehr wohl, dass ein Erscheinen mangels Aussicht auf Erfolg hinsichtlich eines Absehens vom Fahrverbot nutzlos wäre? Denn gerade das Vorbringen "verwirrende Straßenführung" verpflichtet den Fahrzeugführer ja zu besonderer Aufmerksamkeit, könnte also gerade gegen ein Augenblicksversagen sprechen. Also muss das Gericht eben entbinden und parallel (!) einen eindeutigen Hinweis erlassen, §§ 71 OWiG, 265 StPO. Dann kann sich der Betr. nämlich ggf. trotz erfolgter Entbindung entschließen, doch zu erscheinen, und sein Anwesenheitsrecht wahrzunehmen. Dass das AG hier gerade nicht ordnungsgemäß auf seine Überlegungen hingewiesen hat, lässt sich zumindest auch aus der Nutzung des Konjunktivs Plusquamperfekt schlussfolgern: das AG wollte offenbar erst in der Hauptverhandlung auf die Notwendigkeit weiterer Sachaufklärung hinweisen. Dies wäre bei vorangegangenem Entbindungsantrag recht bedenklich.
Auch der Verweis auf den Beschl. des OLG Oldenburg (NStZ 2010, 458) überzeugt nicht. Denn dort lagen zwei Schriftsätze mit unterschiedlichem Inhalt vor, so dass dort durchaus eine Unsicherheit über den Wunsch des Betr. bestand. Hier war dies nicht der Fall und der Betr. hätte entbunden werden müssen.
Allgemein zur Rechtsbeschwerde: Zu begründen ist die Rechtsbeschwerde mit der Darlegung bestimmter Tatsachen (OLG Hamm NZV 2002, 100), etwa warum das AG das Ausbleiben als entschuldigt habe ansehen müssen (BayObLG NStZ-RR 1997, 182; OLG Hamm NZV 2012, 197; OLG Hamm VRR 2012, 443), warum der Betr. hätte entbunden werden müssen (KG VRS 120, 200; OLG Köln VRS 102, 106) bzw. warum die Anwesenheit des Betr. nicht zur Sachaufklärung beigetragen hätte (OLG Hamm VRS 113, 439; OLG Jena VRS 106, 299). Dem Grunde nach handelt es sich bei der Gehörsrüge um eine Verfahrensrüge, die mit vollem Begründungsaufwand erhoben werd...