ARB 2002 § 3 Abs. 1b) bb)
Leitsatz
Der Ausschluss der Baurisikoklausel des § 3 Abs. 1b) bb) ARB 2002 entfällt nicht deshalb, weil im Zusammenhang mit der Eingehung eines Bauvertrags dem Vertragspartner Betrug vorgeworfen wird.
OLG Karlsruhe, Urt. v. 2.10.2012 – 12 U 99/12(nicht rechtskräftig)
Sachverhalt
Die Kl. begehren von der Bekl. Deckungsschutz aus einer Rechtsschutzversicherung. Die Kl. zu 1) unterhält bei der Bekl. eine Rechtsschutzversicherung, die den Kl. zu 2) als mitversicherte Person einschließt. Dem Vertrag liegen die ARB 2002 zugrunde, die unter § 3 Abs. 1b) bb) ARB 2002 folgende Ausschlussklausel vorsehen:
"Rechtsschutz besteht nicht für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen in ursächlichem Zusammenhang mit der Planung oder Errichtung eines Gebäudes oder Gebäudeteiles, der sich im Eigentum oder Besitz des VN befindet oder das dieser zu erwerben oder in Besitz zu nehmen beabsichtigt".
Die Kl. erwarben unter Vermittlung von Herrn K ein Grundstück in I. Mit Vereinbarung vom 14.4.2011 beauftragte der Kl. zu 2) Herrn K als Inhaber des Büros "K Bautechnik und Projektentwicklung" mit der "Erstellung einer Doppelhaushälfte" auf dem erworbenen Grundstück. Auf Aufforderung des Rohbauunternehmers, der Firma D Bau-GmbH, erteilten die Kl. Herrn K Vertretungsvollmacht. Bei Vertragsschluss gingen die Kl. davon aus, dass K die Bauleistungen in eigener Person erbringen werde. Tatsächlich schuldete K aus der Vereinbarung vom 14.4.2011 lediglich die Erbringung von Planungs- und Betreuungsleistungen. Ohne Kenntnis der Kl. beauftragte K namens der Kl. die D Bau-GmbH mit den Rohbauarbeiten. Sowohl Herr K als auch die D Bau-GmbH forderten von den Kl. Teilzahlungen orientiert am Baufortschritt, die von den Kl. bis auf einen Restbetrag aus den Rechnungen der D Bau-GmbH bezahlt wurden. Auf Anfrage der Kl. nach dem Inhalt seiner Leistungspflicht und der Verrechnung der Zahlungen auf die Werkleistung teilte K mit, das Projekt lediglich geplant und bauleitend begleitet zu haben. Mit der Begründung, systematisch von K und dem Geschäftsführer der D Bau-GmbH über den Inhalt der Leistungspflicht von Herrn K getäuscht worden zu sein, ersuchten die Kl. die Bekl. um Bewilligung von Versicherungsschutz zur Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen gegen K und den Geschäftsführer der D Bau-GmbH, was die Bekl. unter Hinweis auf die Ausschlussklausel nach § 3 Abs. 1b) bb) der Versicherungsbedingungen ablehnte.
2 Aus den Gründen:
“ … Die Bekl. ist den Kl. nicht zur Gewährung von Deckungsschutz aus dem Rechtsschutzversicherungsvertrag verpflichtet, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung unter die Ausschlussklausel nach § 3 Abs. 1b) bb) ARB 2002 fällt und daher vom Versicherungsschutz ausgenommen ist.
1. Versicherungsbedingungen sind nach der st. Rspr. des BGH so auszulegen, wie ein durchschnittlicher VN sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeit eines VN ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit – auch – auf seine Interessen an (BGH VersR 2001, 489; BGH VersR 2003, 454). Bei Risikoausschlussklauseln – wie vorliegend bei § 3 Abs. 1b) bb) ARB 2002 der Fall – geht das Interesse des VN regelmäßig dahin, dass der Versicherungsschutz nicht weiter verkürzt wird, als der erkennbare Zweck der Klausel es gebietet. Ihr Anwendungsbereich darf nicht weiter ausgedehnt werden, als es ihr Sinn unter Beachtung des wirtschaftlichen Ziels und der gewählten Ausdrucksweise erfordert. Denn der durchschnittliche VN braucht nicht damit zu rechnen, dass er Lücken im Versicherungsschutz hat, ohne dass ihm diese hinreichend verdeutlicht werden (BGH VersR 2001, 489; BGH VersR 2003, 454).
2. Dabei verfolgt die Ausschlussklausel § 3 Abs. 1b) bb) ARB 2002 den – auch für den durchschnittlichen VN erkennbaren – Zweck, die erfahrungsgemäß besonders kostenträchtigen und im Kostenrisiko schwer überschaubaren und kaum kalkulierbaren rechtlichen Streitigkeiten um Baumaßnahmen aller Art und die sie unmittelbar begleitenden Vorgänge von der Versicherung auszunehmen, weil nur für einen verhältnismäßig kleinen Teil der in der Risikogemeinschaft zusammengeschlossenen VN ein solches Risiko entstehen kann (BGH VersR 2003, 454).
3. Hinsichtlich ihres sachlichen Anwendungsbereichs stellt die Klausel auf einen ursächlichen Zusammenhang mit der Planung und Errichtung eines Gebäudes ab. Maßgebend ist, ob die vom VN angestrebte Rechtsverfolgung der Planung und Errichtung eines Gebäudes zuzuordnen ist. Der geforderte Zusammenhang muss dabei nicht nur zeitlich bestehen, sondern es muss darüber hinaus auch ein innerer sachlicher Bezug gegeben sein (BGH VersR 2003, 454). Entscheidend ist dabei die Rechtsnatur des geltend gemachten Rechtsschutzinteresses (BGH VersR 1986, 132). Dieses muss sich als typisches Baurisiko darstellen. Dafür sind Auseinandersetzungen charakteristisch, die über die anlässlich eines Bauvorhabens erbrachten Leistungen geführt werden. Es geht um die Wahrung der rechtliche...