AKB 2008 Nr. H 1.2 1.4 1.5 2.2 A 2.3.4
Leitsatz
1. Die Stilllegung eines Kfz beendet den Versicherungsvertrag jedenfalls dann nicht, wenn der VN beabsichtigt, das Kfz später wieder zuzulassen.
2. Dem VN ist es nicht zuzurechnen, wenn ein einem Autohaus zur Abmeldung überlassenes Kfz von einem nicht umfriedeten und nicht abgeriegelten Gelände entwendet wird.
(Leitsätze der Schriftleitung)
LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 29.3.2012 – 8 O 2729/11
Sachverhalt
Der Kl. nimmt die Bekl. auf Leistungen aus einer Fahrzeugversicherung in Anspruch. Das Fahrzeug war vom Kl. über das Autohaus F geleast worden. Anfang Juni 2010 befand es sich zu einer Reparatur beim Autohaus F. Der Kl. überließ das Fahrzeug dem Autohaus F im Anschluss mit dem Auftrag, das Fahrzeug stillzulegen. Diese Stilllegung erfolgte am 14.6.2010. In der Nacht vom 16. auf den 17.6.2010 wurde es vom Gelände des Autohauses F von unbekannten Dritten entwendet.
2 Aus den Gründen:
“" … Der Kl. hat gegen die Bekl. Anspruch auf die Versicherungsleistung i.H.v. 47.965,69 EUR (§ 1 S. 1 VVG i.V.m. AKB H.1, A.2.3.1, A.2.2.2)."
I. Der Versicherungsvertrag ist nicht dadurch beendet worden, dass das unstreitig entwendete Fahrzeug durch seine Stilllegung außer Betrieb gesetzt wurde. Nach der durchgeführten Beweisaufnahme kann kein Zweifel daran bestehen, dass der Kl. beabsichtigte, das entwendete Fahrzeug zu einem späteren Zeitpunkt wieder zuzulassen. Durch die Stilllegung wurde der Versicherungsvertrag also nicht beendet (AKB H.1.1).
1. Der Kl. hat bei seiner informatorischen Anhörung plausibel dargelegt, wie es zu der von ihm behaupteten und nur für kürzere Zeit beabsichtigten Abmeldung des schließlich entwendeten Fahrzeugs kommen sollte. Die Angaben des Kl. waren in jeder Hinsicht nachvollziehbar und schlüssig. Dabei hat der Kl. offen sämtliche relevanten Umstände, teils auch von sich aus – wie etwa die damaligen wirtschaftlichen Schwierigkeiten seiner Firma – angesprochen.
2. Die glaubhaften und glaubwürdigen Angaben des Kl. wurden auch durch den Zeugen K bestätigt. Dieser konnte zwar nicht in Details, aber doch in der entscheidenden Grundausrichtung darlegen, dass der Kl. beabsichtigt hatte, sein Fahrzeug wegen bereits relativ hoher Laufleistung im Hinblick auf die vom Leasingvertrag zugelassene Gesamtlaufleistung für einige Zeit stillzulegen. Von einer dauerhaften Abmeldung sei nicht die Rede gewesen. …
3. Es kann in diesem Zusammenhang dahinstehen, wem die Beweislast für die Absicht der späteren Wiederzulassung des außer Betrieb gesetzten Fahrzeugs nach AKB H.1.1 obliegt. Zwar spricht aufgrund des Regelungszusammenhangs in AKB H.1. viel dafür, dass der Wiederzulassungswille zugunsten des VN vermutet wird (so Stadler, in: Stiefel/Maier, 18. Aufl., AKB H.1 Rn 5), so dass es am beklagten VR wäre, einen fehlenden Wiederzulassungswillen zu beweisen. Aufgrund der in sich schlüssigen Angaben des Kl. und des Zeugen kann hier jedoch ungeachtet der Beweislast die volle Überzeugung eines Wiederzulassungswillens gewonnen werden.
II. Nach AKB H.1.2 ist der Versicherungsvertrag mit der durch die Zulassungsbehörde der Bekl. mitgeteilten Außerbetriebsetzung in eine beitragsfreie Ruheversicherung übergegangen.
1. Nachdem es unstreitig in der Folgezeit zu einer entsprechenden Mitteilung der Zulassungsbehörde nach § 24 Abs. 1 Nr. 4 FZV gekommen war – zwischen den Parteien ist lediglich das Datum dieser Mitteilung streitig – ist nach AKB H.1.4 wegen des Bestehens einer Vollkaskoversicherung der Teilkaskoversicherungsschutz auch während der Ruheversicherung aufrechterhalten geblieben. Dies bedeutet, dass auch im hier unstreitigen Versicherungsfall “Entwendung’ nach AKB H.2.2 das Fahrzeug des Kl. versichert war.
Der Eintritt der Ruheversicherung scheitert auch nicht am Vorliegen eines der beiden Ausnahmetatbestände des AKB H.1.2. So hat der Kl. schon selbst nicht behauptet, dass die (beabsichtigte) Außerbetriebsetzung weniger als zwei Wochen betragen sollte. Auch soweit der Kl. die uneingeschränkte Fortführung des bisherigen Versicherungsschutzes verlangt, kann dies den Eintritt der Ruheversicherung nicht hindern. Sämtliche vorgetragenen Fortsetzungsverlangen wurden bereits nach Eintritt des Versicherungsfalls abgegeben. Das ausdrückliche Fortsetzungsverlangen soll dem VR und dem VN Klarheit über die Reichweite des aktuellen Versicherungsschutzes geben. Damit ist eine Gestaltungswirkung nach Eintritt des Versicherungsfalls nicht vereinbar. Sie entspricht im Übrigen auch dem Wesen des Versicherungsvertrags, nämlich der konkreten Deckung eines Risikos, dessen Eintritt ungewiss ist. Ist der Versicherungsfall bereits eingetreten, hat sich das Risiko aber schon realisiert, so dass eine Änderung des Versicherungsschutzes bzw. Versicherungsvertrags nicht mehr möglich sein kann.
2. Die Bekl. ist auch nicht wegen einer etwaigen Obliegenheitsverletzung des Kl. nach § 28 VVG leistungsfrei oder zu einer Kürzung der Leistungen berechtigt.
Unstreitig liegt allerdings objektiv eine Obliegenheitsverletzung vor, da das versicherte Fahrzeug zum Zeitpunkt sei...