1) Der Anspruch einer Prozesspartei auf Gewährung rechtlichen Gehörs als Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips und des Rechts auf Beachtung der Menschenwürde (vgl. BVerfGE 107, 395, 4009; BVerfGE 63, 332, 337; BGHZ 118, 312, 331) bezweckt, die Prozesspartei als Subjekt der Entscheidungsfindung an dem Rechtsstreit zu beteiligen (vgl. BVerfG NJW 2003, 1926). Eine der praxiswichtigsten Fallgruppen der Verletzung des rechtlichen Gehörs gem. Art. 103 GG ist die unberechtigte Ablehnung eines Beweisantritts (vgl. BVerfG NJW 2001, 1006; BVerfG NJW-RR 1993, 383). Das recht komplexe Geschehen bei einer behaupteten Unfallmanipulation konnte der Kl. nicht in allen Einzelheiten vortragen, so dass ein Sachverständiger ohne Ergänzung des von ihm zu beurteilenden Sachverhaltes möglicherweise nicht das Gutachten erstatten konnte.
Das ist unschädlich, da die Darlegungslast des Beweisführers nur so weit reicht, als ihm eine Erklärung möglich und zumutbar ist. Weder war er gehalten, alle für die Erstattung des Gutachtens erforderlichen Anknüpfungstatsachen vorzutragen, noch musste er durch Einholung eines Privatgutachtens versuchen, seinen Vortrag "gutachtenreif" aufzubereiten (vgl. BVerfG, Urt. v. 9.10.2007 – 2 Bv 268/03; BGH, Urt. v. 18.10.2005 – VI ZR 270/04). Der Sachverständige muss durch das Gericht angehalten werden, den Sachverhalt "aufzubereiten".
Da die Ablehnung von Beweisanträgen in der Zivilprozessordnung nicht geregelt ist, bestimmt sich ihre Rechtfertigung aus einer analogen Anwendung des § 244 Abs. 3 StPO (vgl. BVerfG NJW 1993, 254; BHG NJW 1970, 946; OLG Saarbrücken NJW-RR 1998, 1685; Störmer JuS 1994, 241 u. 334).
2) Eine Ablehnung des Beweisantrages kann weder auf das Vorliegen der erforderlichen Sachkunde des Gerichts noch auf eine Ungeeignetheit eines Gutachtens zur Klärung der Beweisfrage gestützt werden. Da das Gericht seine Sachkunde lediglich mit der formelhaften Wendung des Fehlens von Anknüpfungstatsachen begründet hat, eine Darlegung der Sachkunde nicht vorgelegt hat, scheidet schon deshalb eine zulässige Ablehnung der Beweisaufnahme aus. Im Übrigen könnten etwa fehlende Anknüpfungstatsachen beschafft werden.
Auch eine fehlende, die Ablehnung der Beweisaufnahme rechtfertigende Eignung eines Gutachtens zur Bestimmung fehlender Plausibilität ist nicht gegeben. Ergeben sich aus technischer Sicht Anhaltspunkte für ein freiwilliges Geschehen oder weist die technische Bestandsaufnahme unplausible Abweichungen zu den Angaben des Anspruchsstellers auf, ist die aussagekräftige Indiztatsache der fehlenden Plausibilität für das Stellen eines Unfalls gegeben (vgl. KG in KGR 2008, 497; KG VersR 2007, 126; Lemcke, in: van Bühren/Lemcke/Jahnke, Anwaltshandbuch Verkehrsrecht, 2. Aufl., Teil 6 Rn 91–95).
RiOLG a.D. Heinz Diehl
zfs 3/2019, S. 148 - 149