Mit zwei Urteilen vom 6.8.2019 entschied der BGH, dass Ausgleichszahlungen nach der Fluggastrechteverordnung auf reise- und beförderungsvertragliche Schadensersatzansprüche nach nationalem Recht anzurechnen sind: Aufgrund von Flugunregelmäßigkeiten erreichten die Betroffenen ihr Reiseziel etwa einen Tag verspätet. Ausgleichsleistungen nach der Fluggastrechteverordnung wurden vom ausführenden Luftfahrtunternehmen jeweils bezahlt. Im ersten Fall machten die betroffenen Reisenden nutzlos aufgewandte Mietwagenkosten am Reiseziel sowie dortige Hotelkosten gegenüber dem Pauschalreiseveranstalter geltend. Im zweiten Fall wurden unnütz bezahlte Unterkunftskosten am Reiseziel bzw. dort zusätzlich aufgebrachte Übernachtungskosten gegenüber dem Luftfahrtunternehmen geltend gemacht. Zwar weist der BGH in den Urteilsgründen darauf hin, dass die neue pauschalreiserechtliche Anrechnungsvorschrift des § 651p Abs. 3 S. 1 Nr. 1 BGB (n.F.) im vorliegenden Fall gem. Art. 229 § 42 EGBGB noch nicht anwendbar ist, jedoch sind einem Geschädigten nach den maßgeblichen Grundsätzen der Vorteilsausgleichung in gewissem Umfang diejenigen Vorteile zuzurechnen, die ihm in adäquatem Zusammenhang mit dem Schadensereignis zugeflossen sind. Es soll ein gerechter Ausgleich zwischen den bei einem Schadensfall widerstreitenden Interessen herbeigeführt werden. Der Geschädigte darf einerseits im Hinblick auf das schadensersatzrechtliche Bereicherungsverbot nicht besser gestellt werden, als er ohne das schädigende Ereignis stünde. Andererseits sind nur diejenigen durch das Schadensereignis bedingten Vorteile auf den Schadensersatzanspruch anzurechnen, deren Anrechnung mit dem jeweiligen Zweck des Ersatzanspruchs übereinstimmt, also dem Geschädigten zumutbar ist und den Schädiger nicht unangemessen entlastet. Der BGH bejahte letztlich in beiden aktuellen Fällen die übereinstimmende Zweckrichtung der Anspruchsnormen und ließ daher die Anrechnung zu. Ergänzend wies der Senat noch darauf hin, dass durch Erwägungsgrund 36 und Art. 14 Abs. 5 der neuen Pauschalreiserichtlinie geklärt worden sei, dass jedenfalls seit Inkrafttreten dieser Richtlinie Ausgleichszahlungen nach der Fluggastrechteverordnung auf vertragliche Ersatzansprüche gegen den Reiseveranstalter anzurechnen sind und umgekehrt, um eine Überkompensation zu vermeiden.
Höchst vorsorglich sei vor dem Hintergrund dieser beiden Urteile angemerkt, dass Ausgleichszahlungen gem. Art. 7 der Fluggastrechteverordnung nicht auf die etwaigen Ansprüche der von Flugunregelmäßigkeiten betroffenen Reisenden auf Betreuungsleistungen nach Art. 9 der Fluggastrechteverordnung (insb. Mahlzeiten, Hotelunterbringung, Transfer etc.) bzw. auf entsprechende Kostenerstattungsansprüche anrechenbar sind – auch nicht in umgekehrter Richtung.
Außerdem ist stets Grundvoraussetzung für eine Anrechnung, dass der anzurechnende Anspruch bereits tatsächlich erfüllt wurde. Ein Pauschalreiseveranstalter kann den Reisenden also nicht darauf verweisen, dass der Reisende vor der Geltendmachung von Reisepreisminderungsansprüchen doch zunächst die Ausgleichsansprüche gegenüber dem Luftfahrtunternehmen geltend machen solle.