"Der Senat merkt ergänzend Folgendes an:"
Soweit dem Betr. nach seiner Behauptung nicht in der Akte befindliche, aber möglicherweise vorhandene Unterlagen über etwaig am verwendeten Messgerät vorgenommene Wartungen, Reparaturen oder sonstige Eingriffe – zur Geltung des § 31 Abs. 2 Nr. 4 MessEG auch für geeichte Messgeräte vgl. OLG Celle NStZ-RR 2018, 59; Hollinger/Schade, MessEG/MessEV, 1. Aufl., Rn 11 ff. zu § 31 MessEG – nicht zu eigener Überprüfung zur Verfügung gestellt worden seien, steht damit eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nicht im Raum. Das Bundesverfassungsgericht hat dazu im Beschl. v. 12.1.1983 (BVerfGE 63, 45, bei juris Rn 47) ausgeführt: “Art. 103 Abs. 1 GG will verhindern, dass das Gericht ihm bekannte, dem Beschuldigten aber verschlossene Sachverhalte zu dessen Nachteil verwertet. Sein Schutzbereich ist hingegen nicht mehr berührt, wenn die wesensverschiedene andere Frage zu beantworten ist, ob das Gericht sich und den Prozessbeteiligten Kenntnis von Sachverhalten, die es selbst nicht kennt, weil sie ihm nicht unterbreitet wurden, erst zu verschaffen habe; denn es ist nicht Sinn und Zweck grundgesetzlicher Gewährleistung rechtlichen Gehörs vor Gericht, dem Beschuldigten Zugang zu dem Gericht nicht bekannten Tatsachen zu erzwingen. Auch wenn man unterstellt, dass der Anspruch des Beschuldigten auf rechtliches Gehör ihm – unter welchen Voraussetzungen und in welchen Grenzen auch immer – Recht auf Kenntnis von Akteninhalten einräumt, ist dieses Recht daher jedenfalls beschränkt auf die dem Gericht tatsächlich vorliegenden Akten' (vgl. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 8.5.2019 – 2 Rb 7 Ss 202/19; KG StraFo 2018, 383).
Soweit die Ablehnung des Antrags auf Beiziehung der o.g. Unterlagen – falls solche existieren – eine unzulässige Beschränkung der Verteidigung und damit einen Verstoß gegen den Anspruch auf ein faires Verfahren darstellen kann (vgl. SaarlVerfGH NZV 2018, 275; OLG Karlsruhe, a.a.O., m.w.N.; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 19.7.2019 – 1 Rb 10 Ss 291/19), kann dahinstehen, ob dies mit Blick auf § 80 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 OWiG grds. die Zulassung der Rechtsbeschwerde zu rechtfertigen vermöchte (ablehnend: OLG Hamm, Beschl. v. 3.1.2019 – III-4 RBs 377/18; KG, Beschl. v. 2.4.2019 – 3 Ws (B) 97/19 – 122 Ss 43/19), denn jedenfalls genügt der Beschwerdevortrag hierzu nicht den sich aus § 80 Abs. 3 OWiG, § 344 Abs. 2 S. 2 StPO ergebenden Anforderungen. Die Rechtsmittelbegründung teilt zu den erforderlichen konkreten Bemühungen um Herausgabe etwaig vorhandener Unterlagen im Vorfeld der Hauptverhandlung, insb. zu dem genauen Verlauf und Inhalt des Verfahrens nach § 62 OWiG (vgl. OLG Celle, a.a.O.; KG zfs 2017, 529) sowie zur Behandlung des in der Hauptverhandlung gestellten Aussetzungsantrags, nichts mit (vgl. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 19.7.2019, a.a.O.; Cierniak/Niehaus DAR 2014, 2; 2018, 541, 543 m.w.N.).
Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör des Betr. durch willkürliche Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht ergibt sich auch nicht aus der Ablehnung seines Antrags auf Einholung eines Sachverständigengutachtens. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der hier erfolgten Geschwindigkeitsmessung ein Szenario zugrunde lag, welches bei der Prüfung und Zulassung des verwendeten Messgeräts PoliScan Speed (vgl. zur Einordnung als standardisiertes Messverfahren zuletzt: OLG Brandenburg, Beschl. v. 27.8.2019 – 1 Ss (OWi) 170-19) durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt nicht oder nicht ausreichend miterfasst wurde oder dass ein Anwendungsfehler möglicherweise ergebnisrelevanter Art im hier zu entscheidenden Einzelfall vorlag (vgl. BGHSt 39, 291; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 17.7.2015 – 2 (7) SsBs 212/15; vgl. zu Einzelmessungen außerhalb des Messbereichs: OLG Karlsruhe zfs 2018, 708; OLG Koblenz, Beschl. v. 18.4.2017 – 1 OWi 4 SsBs 27/17; OLG Braunschweig, Beschl. v. 14.6.2017 – 1 Ss (OWi) 115/17), sind nicht aufgezeigt. Die behaupteten Beweistatsachen zielten letztlich auf Beweisermittlungen, denn jenseits allgemeiner Zweifel wurden Anhaltspunkte für ein tatsächliches Wirksamwerden der geltend gemachten, angeblich theoretisch möglichen Fehlerquellen nicht dargetan. Nach dem Beschwerdevortrag ergab die Plausibilitätsprüfung des geeichten Messwertes durch den Betr. anhand der ihm offensichtlich zur Verfügung gestellten Messdatendatei vielmehr exakt die laut den Urteilsfeststellungen gemessene Geschwindigkeit von 105 km/h, von der – über den hier vorgenommenen Abzug der Verkehrsfehlergrenze von 3 % bei Geschwindigkeiten von mehr als 100 km/h hinaus – grds. keine weiteren Abzüge vorzunehmen sind (vgl. OLG Karlsruhe zfs 2017, 652).“
Mitgeteilt von RA Alexander Gratz, Bous
zfs 3/2020, S. 171