"… III. Das angefochtene Urteil unterliegt auf die als Sachrüge zu verstehenden Ausführungen der Rechtsbeschwerde hin der Aufhebung. Die getroffenen Feststellungen tragen die Verurteilung nicht."
1. Das AG hat in dem festgestellten Verhalten einen vorsätzlichen Verstoß gegen §§ 19 Abs. 2 S. 2 Nr. 2, Abs. 5, 69 a StVZO, § 24 StVG gesehen. Durch diese Normen wird eine Ordnungswidrigkeit beschrieben, die – vorsätzlich oder fahrlässig – dadurch begangen wird, dass ein Fahrzeug auf öffentlichen Straßen in Betrieb genommen wird (§ 69a Abs. 2 Nr. 1a i.V.m. § 19 Abs. 5 StVZO), dessen Betriebserlaubnis erloschen ist (§ 19 Abs. 2 StVZO), weil Veränderungen an ihm vorgenommen wurden, durch die eine Gefährdung von Verkehrsteilnehmern zu erwarten ist. Das AG hat bereits die “Zulassung' des Rollers als Inbetriebnahme angesehen. Leichtkrafträder wie der verfahrensgegenständliche Motorroller bedürfen indes nicht der Zulassung, § 16 Abs. 1 StVZO, § 3 Abs. 2 Nr. 1c FZV. Zur Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr brauchen sie lediglich eine Haftpflichtversicherung, die durch ein Versicherungskennzeichen nachgewiesen wird. In welcher Handlung das AG die “Zulassung' und damit nach seiner Ansicht die “Inbetriebnahme' sieht, bleibt insofern offen. Entscheidend ist jedoch, dass der Begriff der “Inbetriebnahme' sowohl in § 69a Abs. 2 Nr. 1a StVZO als auch in § 19 Abs. 5 S. 1 StVZO, die aufeinander bezogen sind, verwendet wird und deshalb enger zu verstehen ist, als das AG meint. Eine allgemeine Definition des Begriffes ist zwar nach der Kommentarliteratur nicht möglich, vielmehr sei danach der Begriff jeweils im Sinnzusammenhang mit dem Verstoß auszulegen, auf den § 69a StVZO verweist (vgl. Bachmeier/Müller/Rebler, Verkehrsrecht, 3. Aufl. 2017, § 69a StVZO Rn 3; BeckOK StVR/Semrau, 9. Ed. 1.10.2020, StVZO § 69a Rn 4 f.; Krumm, in Haus/Krumm/Quarch, Gesamtes Verkehrsrecht, 2. Aufl. 2017, § 69a StVZO Rn 3). In der Rspr. des BGH wird der Begriff nicht abschließend definiert. Jedoch setzt der BGH dabei – im Zusammenhang mit einer unzureichenden Bereifung eines Fahrzeugs – jedenfalls ein Bewegen des betroffenen Fahrzeugs voraus, wenn er unter den Begriff der Inbetriebnahme nicht nur das Ingangsetzen des Fahrzeugs zum Zwecke der Teilnahme am Straßenverkehr subsumiert, sondern auch dessen weitere Fortbewegung im Verkehr (BGHSt 25, 338; BGHSt 27, 66). Zu dem in dieser Hinsicht vergleichbaren Begriff des Inbetriebnehmens im Rahmen des § 69a Abs. 3 OWiG hat das BayObLG entschieden, dass selbst ein im öffentlichen Verkehrsraum abgestelltes Fahrzeug, das nicht technisch in Gang gesetzt ist, auch bei weitester Auslegung nicht in Betrieb genommen ist (vgl. BayObLGSt 1981, 129). Aus § 19 Abs. 5 S. 1 StVZO, auf den § 69a Abs. 2 Nr. 1a StVZO verweist, ergibt sich ebenfalls, dass die Inbetriebnahme einen unmittelbaren Bezug zur Teilnahme am Straßenverkehr aufweisen muss, denn dort ist von der Inbetriebnahme “auf öffentlichen Straßen' die Rede.
2. Da im Bußgeldrecht, ebenso wie im Strafrecht der Bestimmtheitsgrundsatz und das Analogieverbot gelten (§ 3 OWiG i.V.m. Art. 103 Abs. 2 GG; hier: nulla poena sine lex certa et stricta, vgl. OLG Zweibrücken, Beschl. v. 24.11.2020 – 1 OWi 2 Ss 107/20, juris Rn 12; Bülte NZV 2020, 12), kommt eine ausweitende Auslegung des ohnehin gesetzlich nur schwach konturierten Begriffs der Inbetriebnahme nicht in Frage. Es genügen deshalb weder die “Zulassung' des verfahrensgegenständlichen Motorrollers noch dessen fahrbereites Stehen im Hof des Betr., um den Betr. wegen eines Verstoßes gegen § 69a Abs. 2 Nr. 1a StVZO zu belangen. Ob der festgestellte Sachverhalt ein eventuelles polizeiliches Handeln zur Gefahrenabwehr erlaubt oder gar erfordert, ist im Bußgeldverfahren nicht von Belang.
IV. Der Senat macht, da weitere Feststellung nicht zu erwarten sind, von der Möglichkeit Gebrauch gem. § 79 Abs. 6 OWiG nach Aufhebung des angefochtenen Urteils in der Sache selbst zu entscheiden, was zum Freispruch des Betr. aus tatsächlichen Gründen führt (vgl. BeckOK StVR/Lay, 9. Ed. 1.10.2020, OWiG § 79 Rn 340, 344 m.w.N.; Krumm in Gassner/Seith, OWiG, 2. Aufl. 2020; § 79 Rn 72; BeckOK OWiG/Bär, 28. Ed. 1.10.2020, OWiG § 79 Rn 135). Soweit das AG ausgeführt hat, es sei eine lebensferne Schutzbehauptung, wenn der Betr. behaupte, das Fahrzeug habe 2 oder 3 Wochen unbenutzt im Hof gestanden, liegt darin kein Ansatz für ergänzende Feststellungen. Es ist im Übrigen nicht nachvollziehbar, woraus das AG den Schluss zieht, der Betr. habe am öffentlichen Straßenverkehr teilgenommen. Allein die festgestellten Tatsachen, nämlich, dass sich der Roller im Hof des Wohnhauses des Betr. befand und dass das Hoftor geöffnet war, tragen diesen Schluss nicht. Der Hofbereich eines Privatanwesens stellt auch bei geöffneten Toren grundsätzlich keinen öffentlichen Straßenraum dar (vgl. OLG Zweibrücken, Beschl. v. 11.11.2019 – 2 Ss 77/19, DAR 2020, 153). Für ein Starten oder Bewegen des Rollers durch den Betr. auf öffentlichen Straßen fehlt es an tatsächlichen An...