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[23] II. (…) Gem. §§ 7, 17, 11 S. 2 StVG i.V.m. § 253 Abs. 2 BGB, § 115 VVG hat die Kl. gegen die Bekl. einen Anspruch auf Zahlung eines weiteren Schmerzensgelds i.H.v. 3.000 EUR.
[24] Ein Schmerzensgeld von damit insg. 40.000 EUR ist angemessen, aber auch ausreichend, um die eingetretenen und vorhersehbaren zukünftigen immateriellen Beeinträchtigen der Kl. aufgrund des Verkehrsunfalls v. 10.4.2011 abzugelten.
[25] Verletzungsfolgen hingegen, die zum maßgeblichen Zeitpunkt – dem Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Senat – noch nicht eingetreten waren und deren Eintritt objektiv nicht vorhersehbar ist, mit denen also nicht oder nicht ernstlich gerechnet werden musste und die deshalb zwangsläufig bei der Bemessung des Schmerzensgelds unberücksichtigt bleiben müssen, unterfallen dem bereits rechtskräftig zugesprochenen immateriellen Vorbehalt.
[26] Maßgeblich für die Höhe des zuzubilligenden Schmerzensgelds sind die durch das haftungsbegründende Ereignis verursachten körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen des Geschädigten, wobei neben Stärke, Heftigkeit und Dauer der erlittenen Schmerzen und Funktionsbeeinträchtigungen ein besonderes Gewicht etwaigen Dauerfolgen der Verletzung zukommt (OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 19.11.2014 – 17 U 160/14, BeckRS 2014, 124251 Rn 18 m.w.N.). Daneben können auch andere Aspekte noch eine Rolle spielen wie zum Beispiel das Regulierungsverhalten des in Anspruch genommenen VR. Dieses hat das LG jedoch aus Sicht des Senats zu Unrecht beanstandet, denn die Bekl. hat vorgerichtlich nicht nur die geltend gemachten materiellen Schäden der Kl. weitgehend ausreichend reguliert, wie das erstinstanzliche Urteil aufzeigt, sondern auch auf das Schmerzensgeld nicht unerhebliche Zahlungen von insgesamt 20.000 EUR erbracht. Von einem unangemessenen, nicht nachvollziehbaren Regulierungsverhalten des VR, was ggf. ein angemessenes Schmerzensgeld erhöhen kann, kann damit keine Rede sein.
[27] Zudem haben sich auch nicht alle von der Kl. geltend gemachten Beeinträchtigungen als unfallbedingt erwiesen.
[28] So hat der Sachverständige Dr. D. nachvollziehbar festgestellt, dass die Rückenbeschwerden der Kl., die in massiver Form offenbar erst ab 2015/2016 aufgetreten sind, nicht dem Unfallgescheben angelastet werden können.
[29] In dem Entlassungsbericht des BG Krankenhauses H. v. 27.4.2011 sind zwar “intraspongiöse Bandscheibenvorfälle im Deckplattenbereich von BWK 11/12' erwähnt, dies aber als nicht unfallbedingte Nebenbefunde, denn es ist an gleicher Stelle von “angrenzender Sklerosierung des Knochens' die Rede mit dem Hinweis, dass es keine frischen Frakturrisiduen gäbe. Auch der Ambulanzbericht der S.-Klinik v. 9.6.2016 spricht von chronisch rezidivierenden Lumboglutealgien bei Spondylolisthesis in Höhe L 5/8 1 mit leichtgradiger Neuroforamenstenose und asymptotischer Bandscheibenherniation (Bandscheibenvorfall) der Deckplatten BWK 11 und BWK 12, also einem so genannten Wirbelgleiten. Auch aus berufungsrechtlicher Sicht ist damit nicht zu beanstanden, dass der Sachverständige DR. D. – ihm folgend das LG – hinsichtlich der Rückenbeschwerden der Kl. keinen Unfallzusammenhang erkennen konnte.
[30] Maßgebliches Kriterium für die weitere Schmerzensgeldbemessung ist hier aus Sicht des Senats die Tatsache, dass die Kl. im Alter von 29 Jahren einen Unfall erlitten hat, der zu einem Dauerschaden am betroffenen linken Knie geführt hat und mit einer dauerhaften MdE von (derzeit) 20 % zu bewerten ist. Ausgehend von einer normalen Lebenserwartung wird die Kl. also deutlich über 50 Jahre lang mit den Folgen des Unfalls konfrontiert sein und leben müssen, wobei eine weitere Verschlechterung der Kniegelenksfunktion bis hin zu einer Kniegelenksendoprothese nicht ausgeschlossen ist.
[31] Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass die Kl. unfallbedingt in ihrer Freizeitgestaltung erheblichen Einschränkungen unterworfen ist, sowohl was das vor dem Unfall regelmäßig ausgeübte Motorradfahren und Reiten anbelangt als auch Laufen und Radfahren. All dies ist ihr bestenfalls noch in sehr eingeschränktem Maße möglich. Auch diese Einschränkungen werden die Kl. über Jahrzehnte hinweg begleiten und entsprechend beeinträchtigen.
[32] Allenfalls am Rande sind für die Schmerzensgeldbemessung von Bedeutung die von der Kl. auch im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung vor dem Senat geschilderten vermeintlichen oder tatsächlichen Einschränkungen ihrer Beförderungsmöglichkeiten. Nach derzeitigem Stand ist die Kl. zeit- und regelgerecht zum Januar 2020 zur Oberkommissarin befördert worden. Sollten sich unfallbedingt in der Zukunft insoweit Einschränkungen ergeben, handelt es sich um einen von dem materiellen Vorbehalt umfassten zukünftigen Verdienstausfallschaden, der ohne zusätzliche immaterielle Beeinträchtigungen nicht geeignet ist, das zuzuerkennende Schmerzensgeld in relevanter Weise zu beeinflussen.
[33] Soweit die Kl. psychische Unfallfolgen geltend gemacht hat, sind diese nach ihren eigenen Angaben mittlerweile nicht mehr vor...