VVG § 125; ARB § 25
Leitsatz
Eine Rechtsschutzversicherung, die Deckung "für den privaten Bereich" verspricht, umfasst Ansprüche aus einer Betriebsunterbrechungsversicherung für eine Heilpraktikerpraxis auch dann nicht, wenn sie Schutz bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit des Inhabers nach einer den Deckungsbeitrag abbildenden Taxe verspricht.
(Leitsatz der Schriftleitung)
OLG Hamm, Beschl. v. 12.10.2021 – 20 U 199/21
Sachverhalt
I. Der Kl., von Beruf Heilpraktiker mit eigener Praxis, begehrt die Verurteilung der Bekl., eines Schadenabwicklungsunternehmens, ihm aus einer Rechtsschutzversicherung Deckungsschutz für die außergerichtliche und gerichtliche Inanspruchnahme eines weiteren VR aus einer bei diesem gehaltenen Betriebsunterbrechungs-Versicherung zu gewähren.
Die dem Vertrag zugrunde liegenden ARB 2016 lauten auszugsweise:
1) Versicherte Lebensbereiche a) Sie haben Versicherungsschutz für Ihren privaten Bereich.
Sie haben keinen Versicherungsschutz, wenn Sie rechtliche Interessen im Zusammenhang mit einer der folgenden Tätigkeiten wahrnehmen:
– eine gewerbliche Tätigkeit,
– eine freiberufliche Tätigkeit,
– eine sonstige selbstständige Tätigkeit. …
Der Kl. unterhält zudem bei einem österreichischen VR eine Betriebsunterbrechungs- Versicherung, der AVB für die Betriebsunterbrechungs-Versicherung für freiberuflich und selbstständig Tätige (ABFT) zugrunde liegen und die im Falle einer gänzlichen oder teilweisen Unterbrechung des versicherten Betriebes, die durch einen Sach- oder Personenschaden verursacht wird, einen Ersatz des dadurch entstehenden Unterbrechungsschadens vorsieht.
In den ABFT heißt es unter anderem:
Artikel 1 Gegenstand und Umfang der Versicherung …
3. Als Personenschaden gelten:
Die völlige (100 %ige) Arbeitsunfähigkeit des VN wegen Krankheit …
Artikel 3 Unterbrechungsschaden
1. Der Unterbrechungsschaden errechnet sich aus denn während der Dauer der Betriebsunterbrechung, längstens jedoch während der Haftungszeit in dem Betrieb nicht erwirtschafteten (entgangenen) versicherten Deckungsbeitrag abzüglich ersparter (nicht anfallender) versicherter Kosten und zuzüglich Schadenminderungskosten.
Artikel 4 Deckungsbeitrag
1. Deckungsbeitrag Im Sinne dieser Bedingungen ist die Differenz zwischen den Betriebserträgen und den variablen Kosten. Im Falle eines
Verlustes Ist der Deckungsbeitrag der Saldo aus den Im Falle einer Betriebsunterbrechung weiterlaufenden (fixen) Kosten und dem Verlust, den der Betrieb auch ohne Unterbrechung ausgewiesen hätte.
Artikel 7 Entschädigung
6. Taxe
6. 1 Bei gänzlicher Unterbrechung wird pro Tag ein 1/360 der vereinbarten Versicherungssumme als Taxe gemäß § 57 VersVG ausbezahlt.
Im Jahre 2019 wurde beim Kl. ein bösartiges Karzinom diagnostiziert, in dessen Folge er sich einer stationären Behandlung unterziehen musste. Er machte mit der Behauptung, im Zeitraum 1.7.2019 bis 14.1.2020 durchgehend bedingungsgemäß arbeitsunfähig gewesen zu sein, Leistungen aus der Betriebsunterbrechungs-Versicherung geltend.
2 Aus den Gründen:
II. … Das LG hat die Klage zu Recht abgewiesen. …
1. Der Senat nimmt zur Begründung Bezug auf seinen Hinweisbeschluss vom 10.9.2021. In diesem hat er ausgeführt:
Dem Kl. steht der geltend gemachte Deckungsanspruch nicht zu. Mit Recht hat die Bekl. die vom Kl. nachgesuchte Deckungszusage mit der Begründung verweigert, dass die beabsichtigte Interessenwahrnehmung dem Ausschluss in § 25 Abs. 1 Buchst. a Satz 2 ARB 2016 unterfällt, nach dem die Wahrnehmung rechtlicher Interessen im Zusammenhang mit einer gewerblichen oder freiberuflichen Tätigkeit vom Versicherungsschutz ausgeschlossen ist. Dieser Ausschluss greift bei der Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen aus einer Betriebsunterbrechungs-Versicherung ein, gleichviel ob der Versicherungsfall der Betriebsunterbrechung auf sachbezogenen oder – wie hier – in der Person des VN liegenden Umständen beruht.
1. Allerdings trifft es – was das LG nicht verkannt hat – zu, dass es für den vom Ausschluss geforderten "Zusammenhang" nicht genügt, dass die fragliche Interessenwahrnehmung durch die gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeit lediglich verursacht oder motiviert ist und auch ein bloß zufälliger Zusammenhang nicht ausreicht. Für die Bejahung der vom Ausschluss geforderten Unternehmensbezogenheit muss vielmehr jedenfalls ein innerer, sachlicher Zusammenhang von nicht nur untergeordneter Bedeutung bestehen (BGH r+s 1995, 64 VersR 1978, 816 unter I 2 c; siehe auch BGH r+s 2009, 107). In dieser Auslegung hält die Klausel einer Inhaltskontrolle stand und ist insbesondere nicht unklar i.S.v. § 305c Abs. 2 BGB (…).
2. Demgemäß ist der von der Ausschlussklausel geforderte Zusammenhang jedenfalls grundsätzlich zu verneinen, wenn der VN Deckung für die Geltendmachung von Ansprüchen aus einer Berufsunfähigkeits- oder Krankentagegeldversicherung begehrt, da eine solche Versicherung von der Konzeption her der Abdeckung der privaten Kosten und der Sicherung des privaten Lebensstandards des Versicherten dient (s. Piontek in Prölss/Martin, VVG 31. Aufl. § 24 ARB 2010 Rn. 5 ...