Das mögliche Bestehen eines Direktanspruchs nach § 115 Abs. 1 VVG und die sich daraus ergebende Rechtskrafterstreckung ist prozessual für die Einordnung einer Nebenintervention des Versicherers als streitgenössische Nebenintervention in Abgrenzung zur einfachen Nebenintervention von Bedeutung. In der Praxis wirkt sich dies insbesondere bei dem Unterschied zwischen der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung einerseits und dem Haftpflichtversicherer andererseits aus, gegen den kein Direktanspruch besteht.
Praxistipp: Grundsätzlich besteht insoweit auch kein Direktanspruch des Geschädigten – z.B. als Eigentümer eines von einem Fahrrad des gegnerischen Versicherungsnehmers beschädigten Kfz – gegen die allgemeine Haftpflichtversicherung des Unfallgegners.
a) Auftreten des Kraftfahrzeughaftpflichtversicherers
Die streitgenössische Nebenintervention i.S.v. § 69 ZPO setzt jedenfalls voraus, dass die Rechtskraft der im Haftungsprozess ergehenden Entscheidung auf das Rechtsverhältnis des Nebenintervenienten zu dem Gegner der unterstützen Partei von Bedeutung ist. Bei einem Direktanspruch gegen den Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer ergibt sich eine solche Erstreckung der Rechtskraft schon aus § 124 VVG.
Dabei ist zwischen einer sogenannten einfachen und streitgenössischen Nebenintervention zu unterscheiden, wenn die prozessualen Schranken des § 67 ZPO bedacht werden. Anders als der einfache Nebenintervenient kann der streitgenössischer Nebenintervenient, zu dem die Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung zählt, ein Rechtsmittel für die unterstützte Partei auch dann einlegen, wenn diese kein Rechtsmittel wünscht oder gar widerspricht. Insoweit ist anerkannt, dass ein streitgenössischer Nebenintervenient nicht den Schranken des § 67 ZPO unterliegt, sondern auch gegen den Willen der Hauptpartei ein Rechtsmittel durchführen kann. Das Gesetz räumt ihm mit Rücksicht auf die stärkere Einwirkung des Urteils auf seine rechtlichen Belange ein eigenes Prozessführungsrecht ein, das unabhängig von dem Willen der von ihm unterstützten Hauptpartei ist.
b) Auftreten des Haftpflichtversicheres
Liegt der Fall jedoch so, dass dem Geschädigten kein Direktanspruch zustehen kann und mithin insbesondere die Vorschrift des § 115 Abs. 1 VVG nicht zur Anwendung kommt, kann diese auch nicht gegen den Willen der Partei, auf deren Seite der Versicherer beigetreten ist, ein Rechtsmittel einlegen. Allein die Tatsache, dass der Haftpflichtversicherer im Rahmen seines vertraglichen Leistungsversprechens an die rechtskräftige Entscheidung im Haftpflichtprozess gebunden ist, genügt nicht, um dem Versicherer ein eigenes Recht für ein Rechtsmittel zu geben. Mithin kann eine allgemeine Haftpflichtversicherung in diesem Fall kein Rechtsmittel einlegen, während die Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung bei der streitgenössischen Nebenintervention hierzu auch berechtigt ist, wenn der Versicherungsnehmer oder die mitversicherte Person widerspricht.