[5] I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, der Kläger habe gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld gemäß § 823 Abs. 1, § 253 Abs. 2 BGB.
[6] Das Landgericht habe aufgrund der Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen rechtsfehlerfrei eine Anpassungsstörung des Klägers nach ICD-10 F43.2 und damit eine Gesundheitsverletzung im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB bejaht. Die Beweiswürdigung des Landgerichts sei insoweit nicht zu beanstanden. Die festgestellte Gesundheitsbeeinträchtigung des Klägers genüge auch den in der Rechtsprechung entwickelten höheren Anforderungen an die Annahme einer Gesundheitsverletzung als Verletzung eines absoluten Rechts im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB im Bereich der sogenannten "Schockschäden". Danach begründeten seelische Erschütterungen wie Trauer oder seelischer Schmerz, denen Betroffene beim Tod oder einer schweren Verletzung eines Angehörigen erfahrungsgemäß ausgesetzt seien, auch dann nicht ohne weiteres eine Gesundheitsverletzung im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB, wenn sie von Störungen der physiologischen Abläufe begleitet würden und für die körperliche Befindlichkeit medizinisch relevant seien. Denn die Anerkennung solcher Beeinträchtigungen als Gesundheitsverletzung im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB widerspräche der Absicht des Gesetzgebers, die Deliktshaftung gerade in § 823 Abs. 1 BGB sowohl nach den Schutzgütern als auch nach den durch sie gesetzten Verhaltenspflichten auf klar umrissene Tatbestände zu beschränken und Beeinträchtigungen, die allein auf die Verletzung eines Rechtsgutes bei einem Dritten zurückzuführen seien, mit Ausnahme der §§ 844, 845 BGB ersatzlos zu lassen. Psychische Beeinträchtigungen könnten in diesen Fällen deshalb nur dann als Gesundheitsverletzung im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB angesehen werden, wenn sie pathologisch fassbar seien und über die gesundheitlichen Beeinträchtigungen hinausgingen, denen der Betroffene beim Tod oder einer schweren Verletzung eines nahen Angehörigen in der Regel ausgesetzt sei.
[7] Diese Schwelle sei nach den Feststellungen des Landgerichts auf der Grundlage der Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen überschritten. Danach habe der Kläger zeitlich einhergehend mit Bekanntwerden der Straftaten zum Nachteil seiner Tochter eine Anpassungsstörung im Sinne von ICD-10 F43.2 mit einer depressiven Symptomatik, Angst und Besorgnis, Einschränkung der Bewältigung der alltäglichen Routinen, verbunden mit einem Rückzug von Sozialkontakten, über einen Zeitraum von über einem Jahr erlitten und sei deswegen von Juni 2015 bis August 2016 arbeitsunfähig erkrankt. Es handele sich um ein medizinisch relevantes Krankheitsbild, das insbesondere über Beeinträchtigungen hinausgehe, denen Angehörige in vergleichbaren Situationen erfahrungsgemäß ausgesetzt seien. Hierzu habe der Sachverständige festgestellt, dass sich beim üblichen Verlauf einer Anpassungsstörung eine Besserung der Symptomatik oft rasch einstelle, bei einer Subgruppe von unter 20 % aber ein chronischer Verlaufstyp festgestellt werden müsse. Selbst unter der Annahme, dass eine "übliche" Anpassungsstörung im Sinne von ICD-10 F43.2 noch als erwartbare und deliktsrechtlich hinzunehmende Reaktion auf eine gravierende Straftat zum Nachteil von engen Angehörigen angesehen werden könnte, habe der Kläger deswegen an einer aggravierten, nicht mehr "üblichen" Form gelitten.
[8] Die für die Verwirklichung des Tatbestandes des § 823 Abs. 1 BGB erforderliche Verletzungshandlung sei mit dem Missbrauch der Tochter des Klägers gegeben. Das Landgericht habe zutreffend festgestellt, dass dieser Missbrauch kausal im Sinne einer "conditio-sine-qua-non" für die Beeinträchtigung des Klägers gewesen sei. Für die Bejahung der äquivalenten Kausalität sei es unbeachtlich, dass bei der Tochter des Klägers selbst keine psychische Belastung durch die Ereignisse erkennbar gewesen sei, da der Kläger vorliegend einen eigenen Anspruch wegen einer ihm persönlich entstandenen Beeinträchtigung geltend mache. Das Landgericht habe auch in nicht zu beanstandender Weise nach Würdigung des Gutachtens des gerichtlichen Sachverständigen festgestellt, dass die streitgegenständliche Beeinträchtigung des Klägers auf den Missbrauch seiner Tochter und nicht auf sonstige Ereignisse in seiner Vergangenheit, wie den Tod seiner Mutter, zurückzuführen gewesen sei. Der Haftung des Beklagten stehe nicht entgegen, dass nach den Feststellungen des Sachverständigen der Kläger aufgrund seiner Vorgeschichte mit der erlittenen Belastung dysfunktional umgegangen sei, weshalb die Anpassungsstörung möglicherweise einen deutlich längeren Zeitverlauf gehabt habe. Der Grundsatz, dass eine besondere Schadensanfälligkeit des Verletzten dem Schädiger haftungsrechtlich zuzurechnen sei, gelte grundsätzlich auch für psychische Schäden. Die psychische Gesundheitsverletzung des Klägers sei auch im Übrigen eine dem Beklagten zurechenbare Folge seiner deliktischen Pflichtverletzung. Das Landgericht...