2. Ein Anspruch des Kl. auf teilweise Erstattung unfallbedingt entstandener Schäden im vom Landgericht zugesprochenen Umfange besteht allerdings unter dem Aspekt des Rettungskostenersatzes (§§ 83, 82,90 VVG). Wie schon das LG, hält auch der Senat die Voraussetzungen, unter denen ein solcher Anspruch in Betracht kommt, nach erneuter Anhörung des Kl. und Vernehmung seines als Zeugen für den Hergang benannten Sohnes sowie unter Berücksichtigung aller weiteren Umstände, einschließlich der von der Bekl. geltend gemachten Einwände, mit dem Maßstab des § 286 ZPO für erwiesen.
a) Gemäß § 83 Abs. 1 VVG hat der VR Aufwendungen des VN nach § 82 Abs. 1 und 2 VVG, die dieser zur Schadensabwendung oder -minderung tätigt, auch wenn sie erfolglos geblieben sind, insoweit zu erstatten, als der VN sie den Umständen nach für geboten halten durfte. § 90 VVG erklärt diese Vorschriften im Bereich der Sachversicherung für entsprechend anwendbar auf solche Aufwendungen, die zeitlich vor dem Eintritt eines unmittelbar bevorstehenden Versicherungsfalles gemacht wurden, um ihn abzuwenden oder in seinen Auswirkungen zu mindern (sog. "Vorerstreckung"; vgl. Senat, VersR 2012, 55 …) "Aufwendung" meint hierbei jede – auch unfreiwillige – Vermögensminderung, die adäquate Folge einer Maßnahme ist, die der VN zur Schadensabwehr oder -minderung gemacht hat. Grundsätzlich kommen hierfür auch – wie vorliegend geltend gemacht – Vermögensminderungen wegen der Beschädigung von Sachen in Betracht (…). Ersatzfähig sind danach insbesondere die Folgen von Fahrmanövern, die der jeweilige Fahrer nach den Umständen, insbesondere zur Vermeidung des Versicherungsfalls "Zusammenstoß mit Tieren", für erforderlich halten durfte (OLG Koblenz, VersR 2012, 54; Klimke, in: Prölss/Martin, VVG 31. Aufl., A.2.2.1 AKB Rn 70).
b) Wie das LG, hält der Senat es nach erneuter Anhörung des Kl. und Vernehmung seines Sohnes mit der dafür erforderlichen hinreichenden Gewissheit für erwiesen, dass im Streitfall die Voraussetzungen des begehrten Rettungskostenersatzes vorgelegen haben.
aa) Dafür, dass die entstandenen Schäden im Zusammenhang mit der Abwendung eines unmittelbar bevorstehenden Versicherungsfalles im Sinne des § 90 VVG entstanden sind, trägt freilich der VN die Darlegungs- und Beweislast (Senat, VersR 2012, 55; OLG Köln, RuS 2005, 457; OLG Jena, NVersZ 2000, 33; OLG Düsseldorf, 2000, 493). Für diesen Nachweis gilt der Maßstab des § 286 ZPO; Beweiserleichterungen, wie sie etwa für Fälle der Entwendung eines Kraftfahrzeuges anerkannt sind, kommen dem VN nicht zugute (…). Der danach erforderliche Nachweis erfordert die Überzeugung des Richters von der zu beweisenden Tatsache im Sinne eines für das praktische Leben brauchbaren Grades von Gewissheit, der den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (…).
bb) Nach dem Ergebnis der – teilweise wiederholten – Beweisaufnahme und unter Berücksichtigung auch aller weiteren Erkenntnisse hat der Senat keine durchgreifenden Zweifel daran, dass die vom Kl. getätigten Aufwendungen – hier: die durch Beschädigung von Motorrad und Kleidung verursachten Kosten – zur Abwendung eines unmittelbar bevorstehenden Versicherungsfalles – in Gestalt eines Zusammenstoßes des in Fahrt befindlichen Fahrzeugs mit Tieren, vgl.A.2.2.1.4 AKB – getätigt wurden. Denn danach steht fest, dass der Kl. nach dem Einfahren in eine Rechtskurve im Bereich eines Busches aus geringer Entfernung die Präsenz von Rehen am rechten Straßenrand wahrgenommen, deren genaues Verhalten jedoch nicht mehr erfasst und deshalb sein Fahrzeug nach links gelenkt hat, um eine unter diesen Umständen mögliche Kollision zu verhindern:
(1) Der Kl. hat in seiner wiederholten Vernehmung nachvollziehbar und auch für den Senat glaubhaft Umstände geschildert, die auf das Vorliegen einer Rettungshandlung schließen lassen.
(a) Der Kl. hat im Einklang mit seinen erstinstanzlichen Angaben gegenüber dem Senat erklärt, beim Einfahren in die leichte Rechtskurve am rechten Straßenrand einen Busch oder Baum gesehen und in diesem Bereich aus geringer Entfernung – "ca. 15 Meter vorher" – eine Bewegung wahrgenommen zu haben, vor der er ausgewichen sei. Die Rehe hätten hinter dem Baum oder Busch gestanden, der sie verdeckt habe, wobei er nicht genau sagen könne, ob diese auf der Fahrbahn oder am Fahrbahnrand gestanden hätten. Auch in welche Richtung sich die Rehe bewegt hätten, habe er in der Kürze der Zeit, die von ihm eine Reaktion abverlangt habe, nicht erkannt. Damit hat der Kl. einen Ablauf beschrieben, der aus objektiver Sicht einen Versicherungsfall in der Teilkaskoversicherung – hier: den drohenden Zusammenstoß mit Tieren – als unmittelbar bevorstehend erscheinen lassen mussten.
Denn unter den von ihm geschilderten, für jeden durchschnittlichen Straßenverkehrsteilnehmer nachvollziehbaren Umständen bestand aus objektiver Sicht die Befürchtung, dass die im Bereich des Straßenrandes anwesenden Tiere, deren Verhalten nicht vorhersehbar ist, auf die Fahrbahn laufen und einen Zusammenst...