a) Mit seinem Hinweisbeschluss vom 17.4.2023 hat der Senat ausgeführt:
“Dem Kl. steht im Hinblick auf die streitgegenständliche Honorarforderung derzeit ("vorläufig") ein Anspruch auf Deckung zu. Es liegt ein Versicherungsfall vor (a), der geltend gemacht Anspruch ist nicht aufgrund des Vorliegens einer wissentlichen Pflichtverletzung (b) oder sonstigen Obliegenheitsverletzungen ausgeschlossen (c) und auch der Höhe nach nicht zu beanstanden (d). Im Einzelnen gilt insoweit ergänzend und vertiefend zu den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts:
[Vorliegen eines Versicherungsfalls im Strafrechtsschutz]
a) Es liegt ein Versicherungsfall vor.
aa) Die Bekl. kann sich schon deshalb nicht auf das Fehlen eines Versicherungsfalles berufen, weil sie mit der E-Mail vom 25.8.2016 Deckungszusage erteilt hat, aufgrund derer sie zumindest auf die ihr zum damaligen Zeitpunkt bekannten, den Versicherungsfall betreffenden Einwendungen verzichtet hat (vgl. zur Anerkenntniswirkung der Deckungszusage eingehend mit weiteren Nachweisen Senat, Beschl. v. 9.11.2018 – 20 U 86/18,). In der genannten E-Mail heißt es ausdrücklich, dass die Bekl. die Kosten der Verteidigung im Steuerstrafverfahren gegen Herrn B. erstattet. Diese Erklärung war die Antwort auf die vorhergehende Anfrage vom 24.8.2016, mit ausdrücklich um Deckung nachgefragt wurde.
Die beiden in der E-Mail formulierten Vorbehalte, nämlich dass diese Zusage "vorbehaltlich neuer Erkenntnisse, die den Versicherungsschutz entfallen lassen würden" und vorbehaltlich "einer Prüfung [der] Honorarvereinbarung" erfolge, führen zu keiner anderen Beurteilung. Mit dem ersten Vorbehalt hat die Bekl. lediglich – dem Regelbild eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses entsprechend – zum Ausdruck gebracht, dass sie nur auf die ihr zum Zeitpunkt der Abgabe des Schuldanerkenntnisses bekannten Einwendungen verzichten will und mit dem zweiten, dass sich das deklaratorische Schuldanerkenntnis nur auf die Leistungspflicht dem Grunde nach beziehen soll. Dass die Bekl. ihre E-Mail vom 25.8.2016 auch selbst als Deckungszusage verstanden wissen wollte, belegt die den (damaligen) Mitangeschuldigten betreffende E-Mail vom 29.8.2016, mit der die Bekl. ausführt, sie habe für den Kl. bereits eine Kostenerstattung zugesagt. Die weitere E-Mail vom 31.8.2016 konnte die Reichweite des bereits abgegebenen Anerkenntnisses nicht mehr nachträglich beschränken.
[Versicherte Tätigkeit als Geschäftsführer]
Die Bekl. kann deshalb insbesondere nicht mehr damit gehört werden, es liege bereits keine versicherte Tätigkeit im Sinne von Ziff. I. 3 AVB vor, weil die Errichtung eines Umsatzsteuerkarussells – wie sie dem Kl. vorgeworfen wird – nicht zu den Aufgaben eines Geschäftsführers gehöre. Bereits mit der Deckungsanfrage vom 24.8.2016 ist der Bekl. der Einleitungsvermerk gem. § 397 AO übermittelt worden, der den Kernvorwurf, nämlich die Vorspiegelung steuerfreier innergemeinschaftlicher Leistungen durch Lieferungen an Scheinfirmen, mit hinreichender Deutlichkeit erkennen lässt.
bb) Aber auch unabhängig vom Vorstehenden liegt ein Versicherungsfall vor. Nach dem BB Strafrecht, die insoweit Ziff. III AVB verdrängen, ist Versicherungsfall nicht die schriftliche Erhebung eines Haftpflichtanspruchs, sondern die "Einleitung eines Strafverfahrens wegen einer Pflichtverletzung." Der Inhalt der Pflichtverletzung ist wiederum im Lichte der Ziff. I. AVB als Verletzung von gesetzlichen Haftpflichtbestimmungen zu bestimmen. Die Einleitung des Steuerstrafverfahrens erfolgte wegen des Verdachts der mittäterschaftlichen Steuerhinterziehung durch die Abgabe unrichtiger Umsatzsteuervoranmeldungen und Umsatzsteuerklärungen. Die Pflicht zur Abgabe zutreffender Umsatzsteuervoranmeldungen und Erklärungen, die gem. § 34 AO den Kl. als Geschäftsführer der VN betraf, kann einen gesetzlichen Haftpflichtanspruch (§ 43 Abs. 1 GmbHG) auslösen (vgl. Obarowski in: Harbauer, § 2 URSB Rn 11, Rn 31). […]
Es liegt auch nicht deshalb ein Tätigwerden nur "bei Gelegenheit" der Geschäftsführeraufgaben vor, weil die dem Kl. vorgeworfene Errichtung eines Umsatzsteuerkarussells nicht zu den Geschäftsführeraufgaben rechne. Der dahingehende Anklagevorwurf begründet den Bedingungshintergrund für die dem Kl. vorgeworfene Steuerverkürzung, die wiederum an die Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen und Umsatzsteuererklärungen als (vermeintliche) Tathandlung anknüpft. Diese Tätigkeit gehört nach innerem Zusammenhang und äußerem Erscheinungsbild vorliegend indes gerade zu den Geschäftsführeraufgaben. Es kann deshalb dahinstehen, ob sich der VR, wenn er – wie auch hier – gerade bei bestrittener Wissentlichkeit (vorläufig) eintrittspflichtig ist, diesem weitreichenden Leistungsversprechen generell nicht unter Hinweis darauf entziehen kann, dass im Falle von Wissentlichkeit andere Leistungsvoraussetzungen entfielen (vgl. dazu OLG Frankfurt, Urt. v. 7.7.2021 – 7 U 19/21, juris).
[Keine Berufung auf wissentliche Pflichtverletzung]
b) Auf den Leistungsausschluss wegen wissentlicher...