VVG § 6 Abs. 3; BB-BUZ § 7

Leitsatz

Die Verweigerung der Mitwirkung beim Sachverständigenbeweis im Rechtsstreit über abgelehnte BU-Leistungen ist keine Obliegenheitsverletzung mit der Folge von Leistungsfreiheit, sondern außerhalb eines Nachprüfungsverfahrens nach § 7 BB-BUZ allenfalls Verletzung einer prozessualen Mitwirkungspflicht mit entsprechenden beweisrechtlichen Folgen.

OLG Koblenz, Urt. v. 12.1.2007 – 10 U 1695/05

Sachverhalt

Die Klägerin war Rechtsanwältin. Wegen eines burn-out-Syndroms und einer damit einhergehenden Alkoholerkrankung erbrachte die Beklagte Leistungen aus einer BU-Versicherung bis 1.4.1999 und verwies die Klägerin sodann auf eine angeblich verletzte Obliegenheit zur Durchführung von Alkoholentwöhnungsbehandlungen. Das LG hatte die Klage auf Fortzahlung der Rente wegen fehlender Mitwirkung an gerichtlich angeordneten Begutachtungen abgewiesen.

Aus den Gründen

“ … Die Klägerin begehrt von der Beklagten Versicherungsleistungen wegen Berufsunfähigkeit.

Der Klägerin steht auch für die Zeiträume, für welche das LG Leistungsfreiheit auf Grund einer Obliegenheitsverletzung der Klägerin angenommen hat, die Leistung aus der Berufunfähigkeitszusatzversicherung zu.

Eine Obliegenheitsverletzung, welche die Beklagte zur Leistungsverweigerung berechtigt, liegt nicht vor. Grundsätzlich treffen den Versicherungsnehmer nach Ablehnung seines Leistungsanspruchs durch den Versicherer keine Obliegenheiten i.S.d. § 6 Abs. 3 VVG mehr.

Die Beklagte hatte mit Schreiben vom 30.4.1998 den Leistungsanspruch der Klägerin zunächst uneingeschränkt anerkannt. Entgegen der von der Beklagten in ihrem Schreiben vom 8.1.1999 geäußerten Auffassung war die Anerkennung der Leistungspflicht nicht auf die Dauer von zwei Jahren befristet. Damit war die Beklagte nicht ohne weiteres zur Einstellung ihrer Leistung berechtigt. Ein Nachprüfungsverfahren gem. § 7 BUZ, bei welchem die Klägerin zur Mitwirkung verpflichtet gewesen wäre, hat die Beklagte nicht eingeleitet.

Die Zeiträume, für welche das LG eine Leistungsfreiheit angenommen hat, lagen lange nach Klageerhebung. Hier hatte die Klägerin keine vertraglichen, ihr der Beklagten gegenüber obliegenden Mitwirkungspflichten zu erfüllen, deren Nichterfüllung gem. § 6 Abs. 3 VVG mit der Sanktion des Leistungsverlustes belegt sind. Sie trafen vielmehr prozessuale Mitwirkungspflichten, deren Verletzung nur mit prozessrechtlich zulässigen Sanktionen belegt werden können (Beweislastentscheidung, evtl. Beweislastumkehr wegen Beweisvereitelung), die aber nicht zu einem Verlust des an sich begründeten materiellen Anspruchs führen können. … “

3 Anmerkung

Gegenstand des Streits der Parteien war zunächst, dass der Versicherer eine Schadenminderungsobliegenheit nach Anerkennung seiner Leistungspflicht aus einer BU-versicherung reklamierte: Die versicherte RAin habe sich einer Alkoholentwöhnungsbehandlung zu unterziehen. Mit dieser Obliegenheit hat sich das OLG zu Recht nicht befasst. Die üblichen BB-BUZ kennen weder vor Eintritt des Versicherungsfalls noch nach Anerkennung der Leistungspflicht eine generelle Schadenminderungsobliegenheit, insbesondere keine Obliegenheit, sich einer Heilbehandlung zu unterziehen. Zwar sind (hier nicht mitgeteilte) tatsächlich erfolgte "Anordnungen" des behandelnden Arztes zur Förderung der Heilung zu befolgen. Das gilt jedoch nur im Rahmen des Zumutbaren. Ob dazu eine häufig die Offenlegung intimer Verhältnisse erfordernde Alkoholentwöhnung gehört, muss bezweifelt werden.

Prof. Dr. Rixecker

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