BGB § 249 § 251
Leitsatz
1) Der Geschädigte kann im Falle der Beschädigung eines privat genutzten Fahrzeugs eine Nutzungsausfallentschädigung für den Verlust der Gebrauchsmöglichkeit verlangen.
2) Verfügt der Geschädigte nicht über die Mittel zur Vorfinanzierung der Reparaturkosten und zeigt er dies dem Schädiger und dessen Haftpflichtversicherung an, ohne dass diese den Betrag der erforderlichen Reparaturkosten leisten, kann der Geschädigte Nutzungsausfall für den gesamten Zeitraum der hierdurch verlängerten Reparatur verlangen.
(Leitsatz der Schriftleitung)
AG Magdeburg, Urt. v. 21.1.2009 - 140 C 24569/08 (140)
Sachverhalt
Nach einem Unfall, für den der Schädiger und dessen Haftpflichtversicherung einzustehen haben, wies der Geschädigte darauf hin, dass er nicht über die Mittel zur Zwischenfinanzierung verfüge. Die Haftpflichtversicherung des Schädigers leistete erst zwei Monate später, woraufhin die Reparatur durchgeführt wurde. Das AG sprach dem geschädigten Kläger Nutzungsausfall für den gesamten Zeitraum des Nutzungsausfalls zu und verwarf den Einwand der beklagten Haftpflichtversicherung, der Geschädigte habe sich nicht darum bemüht, zur Zwischenfinanzierung einen Kredit aufzunehmen.
Aus den Gründen
Aus den Gründen: „Die zulässige Klage ist im vollen Umfange begründet.
Die Klägerin kann von der Beklagten die Zahlung einer weiteren Nutzungsausfallentschädigung in Höhe von 1.957 EUR gem. §§ 7, 18 StVG, §§ 823 ff., 249 ff. BGB verlangen.
Unstreitig trägt die Beklagte auf Grund ihres Verhaltens die alleinige Haftung für den streitgegenständlichen Unfall am 10.12.2006.
Entgegen der Ansicht der Beklagten ist diese zur Zahlung einer Nutzungsausfallentschädigung für den Zeitraum vom 11.12.2006 bis einschließlich 9.3.2007 verpflichtet. Denn grundsätzlich kann der Geschädigte im Falle der Beschädigung eines privat genutzten Fahrzeugs eine Nutzungsausfallentschädigung für den Vorlust der Gebrauchsmöglichkeit verlangen.
Entgegen der Auffassung der Beklagten muss sich die Klägerin einen Verstoß gegen die sie treffende Schadensminderungspflicht gem. § 254 BGB nicht entgegenhalten lassen. Sie muss sich nicht darauf verweisen lassen, sie habe nicht in ausreichender Weise versucht, Fremdmittel in Anspruch zu nehmen. Denn eine Pflicht des Geschädigten zur Schadensbeseitigung einen Kredit aufzunehmen, besteht grundsätzlich nicht. Entsprechend ist es das Risiko des Schädigers, wenn er auf einen Geschädigten trifft, der finanziell nicht in der Lage ist, die zur Ersatzbeschaffung notwendigen Mittel vorzustrecken und sich hierdurch der Zeitraum des Nutzungsausfalls und der Umfang der damit einhergehenden Schäden vergrößert. Darüber hinaus hat die Klägerin bereits mit Schreiben vom 13.12.2006 gegenüber der Haftpflichtversicherung der Beklagten angezeigt, dass sie zu einer Zwischenfinanzierung der Reparaturkosten nicht in der Lage sei. Dennoch hat der Haftpflichtversicherer der Beklagten seine Eintrittpflicht erst im Februar 2007 erklärt. Die erste Zahlung erfolgte unter dem 13.2.2007. Dieses Regulierungsverhalten muss sich die Beklagte gem. § 10 Nr. 5 AKB auch zurechnen lassen, im Übrigen kann sich der Umstand, dass diese Zahlung für die Durchführung der Reparatur nicht ausreichend war, ebenfalls nicht zu Lasten der Klägerin auswirken. Vielmehr war dem Haftpflichtversicherer auf Grund des ihm bekannten Sachverständigengutachtens der FSP-Schadens-Wertgutachterdienst GmbH bekannt, welche Kosten zur Beseitigung der eingetretenen Schäden erforderlich waren.
Weiterhin besteht auch keine Verpflichtung der Beklagten, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Umstände, die die Klägerin dazu verpflichtet hätten, sind nicht ersichtlich und werden von der Beklagten auch nicht vorgetragen.“
Mitgeteilt von RA Ralf W. Neutzerling, Magdeburg
3 Anmerkung
Die vereinzelt vertretene Auffassung, der Geschädigte sei auf Grund der ihn treffenden Obliegenheit zur Schadensminderung verpflichtet, bei zögerlicher Regulierung zur Verkürzung der Dauer des Nutzungsausfalls bei fehlenden Mitteln zur Vorfinanzierung der Reparatur einen Kredit aufzunehmen und so die Höhe des Nutzungsausfallsanspruchs gering zu halten (OLG Düsseldorf VersR 1998, 911; OLG Frankfurt VersR 1980, 235) steht im Gegensatz zu einer Entscheidung des BGH NJW 1989, 290, 291). Der BGH weist darauf hin, dass eine solche Pflicht nur ausnahmsweise angenommen werden könne (vgl. auch BGH VersR 1963, 1161, 1162; BGH BB 1965, 926, 927). Es sei grundsätzlich Sache des Schädigers, die vom Geschädigten zu veranlassende Schadensbehebung zu finanzieren (vgl. auch BGH NJW 1974, 34). Der Anspruch des Geschädigten sei auch sofort fällig, eine Verpflichtung zur Vorfinanzierung bestehe nicht. Damit hat der Schädiger die Nachteile zu ersetzen, die sich aus einer verzögerten Regulierung ergeben (vgl. auch OLG München VersR 1964, 442; OLG München VersR 1969, 1098; OLG Nürnberg VersR 1965, 246, 247).
Die grundsätzliche Verneinung einer Pflicht zur Kreditaufnahme würde auch den bisweilen ausufernden Streit erledigen, ob der Geschädigte einen Kredit hätte erhalten kön...