RVG § 43; StrEG § 13
1. § 43 RVG soll verhindern, dass durch eine Aufrechnung der Honoraranspruch des Rechtsanwaltes gefährdet oder vereitelt wird. Die Vorschrift greift dann nicht ein, wenn die Gerichtskasse gegen eine – angeblich dem Rechtsanwalt abgetretene – Haftentschädigungsforderung aufrechnet.
2. Das in § 13 Abs. 2 des Gesetzes über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG) geregelte Abtretungsverbot gilt bis zu der Bestandskraft des Bescheides in dem Entschädigungsverfahren.
LG Saarbrücken, Beschl. v. 22.1.2010 – 5 T 611/09
Der Antrag stellende Rechtsanwalt hatte den Mandanten als Verteidiger in einem Strafverfahren vertreten. Auf Grund des rechtskräftigen Freispruchs ist dem Mandanten durch Bescheid vom 16.4.2009 die aus der Landeskasse zu zahlende Entschädigung für die erlittene Untersuchungshaft auf 13.433,52 EUR festgesetzt worden. Der Mandant hatte seinen Entschädigungsanspruch mit der am 2.5.2007 zu den Gerichtsakten gelangten Erklärung abgetreten. Die Gerichtskasse hat mit Schreiben vom 2.6.2009 gegenüber dem Mandanten mit Kostenforderungen in Höhe von insgesamt 7.854,69 EUR gegen einen entsprechenden Anteil des Entschädigungsanspruchs des Mandanten die Aufrechnung erklärt. Den hiergegen gerichteten Antrag des Rechtsanwalts auf gerichtliche Entscheidung hat das AG Saarbrücken zurückgewiesen. Die Beschwerde des Rechtsanwalts hatte keinen Erfolg.
Aus den Gründen:
“2. Der Antragsteller ist entgegen seiner Auffassung nicht in seinen aus § 43 RVG abgeleiteten Rechten verletzt. Wie sich aus dem Wortlaut dieser Vorschrift ergibt, trifft das in § 43 RVG angeordnete Aufrechnungsverbot nur die Fälle, in denen dem Rechtsanwalt ein Anspruch seines Mandanten gegen die Staatskasse auf Erstattung von Anwaltskosten als notwendige Kosten abgetreten worden ist. Die vorliegend streitgegenständliche Abtretung betrifft jedoch keinen Anspruch des Mandanten des Antragstellers auf Erstattung von Anwaltskosten, sondern die gem. § 7 StrEG festgesetzte Entschädigung für die von dem Mandanten zu Unrecht verbüßte Untersuchungshaft. Eine solche Forderung wird durch das gesetzlich angeordnete Aufrechnungsverbot nicht geschützt.
Diese Auslegung des § 43 RVG entspricht auch dem Regelungszweck dieser Vorschrift, die verhindern soll, dass durch eine Aufrechnung der Honoraranspruch des Rechtsanwaltes gefährdet oder vereitelt wird, um ihn nicht um sein bereits verdientes Honorar zu bringen.
3. Die von der G. durch ihr Schreiben vom 2.6.2009 gegenüber dem Mandanten des Antragstellers erklärte Aufrechnung ist auch nicht gem. § 406 BGB unwirksam.
Zum Zeitpunkt des Zugangs dieser Aufrechnungserklärung an den Mandanten des Antragstellers stand dieser Haftentschädigungsanspruch nicht dem Antragsteller, sondern seinem Mandanten zu. Die zwischen dem Antragsteller und dem Mandanten vereinbarte Abtretung dieses Anspruchs war unwirksam. Gem. § 13 Abs. 2 des Gesetzes über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG) ist der Anspruch auf Haftentschädigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Entschädigungsanspruch nicht übertragbar. Das mit diesem gesetzlich angeordneten Abtretungsverbot verfolgte Ziel besteht darin, den Berechtigten vor Pfändungen und davor zu bewahren, in Überschätzung der Entschädigungshöhe mit einer Sicherungsabtretung dieses Entschädigungsanspruchs einen erhöhten Kredit aufzunehmen (vgl. dazu BGH NJW 1982, 2504; OLG Koblenz OLGR 2008, 415) und außerdem die Strafrechtspflege gegen den Einfluss dritter Personen auf den Ausgang des Entschädigungsverfahrens zu schützen (BGH a.a.O.; OLG Koblenz a.a.O.).Dieses Abtretungsverbot gilt grundsätzlich bis zu der Bestandskraft des Bescheides in dem Entschädigungsverfahren (vgl. OLG Koblenz a.a.O.).
Das bedeutet, dass eine Abtretung des Entschädigungsanspruchs durch den Mandanten des Antragstellers frühestens nach der Bestandskraft des Bescheides vom 16.4.2009 hätte erfolgen können. Die bereits im Jahre 2007 – der Abtretungsvertrag ist am 2.5.2007 zur Gerichtsakte gereicht worden – vereinbarte Abtretung war dagegen unwirksam. Dies hat zur Folge, das auf Grund der mit Schreiben vom 2.6.2009 gegenüber dem Forderungsinhaber, dem Mandanten des Antragstellers, erklärten Aufrechnung in Höhe eines Teilbetrages von 7.854,69 EUR die in dem vorliegenden Verfahren streitgegenständliche Entschädigungsforderung erloschen ist (§ 389 BGB). Daraus ergibt sich des Weiteren, dass der Anwendungsbereich des § 406 BGB nicht berührt ist, da die Entschädigungsforderung zum Zeitpunkt der Aufrechnung nicht an den Antragsteller abgetreten war.”
Der Entscheidung ist – so bedauerlich dies für den betreffenden Verteidiger ist – zuzustimmen.
I. Abtretung nach § 43 RVG
Der Rechtsanwalt ist gegenüber Aufrechnungen der Staatskasse nur geschützt, wenn der Beschuldigte oder der Betroffene seinen Anspruch gegen die Staatskasse auf Erstattung von Anwaltskosten an den Rechtsanwalt abgetreten hat. Somit werden von dieser Privilegierung nur diejenigen Anwaltskosten erfasst, die die Staatskass...