BGB § 444
Ein arglistiges Verschweigen eines Mangels der Kaufsache liegt nur vor, wenn der Verkäufer den Mangel kennt oder zumindest für möglich hält.
(Leitsatz der Schriftleitung)
LG Aschaffenburg, Urt. v. 3.9.2009 – 1 O 163/09
OLG Bamberg, Hinweisbeschl. v. 9.12.2009 – 1 U 136/09
Der Kläger hat die Rückabwicklung eines Kaufvertrages über einen gebrauchten Pkw verfolgt. In dem schriftlichen Kaufvertrag wurde die Gewährleistung ausgeschlossen und angegeben, dass der Pkw unfallfrei sei und der Original km-Stand garantiert werde. Der Kläger gab zur Begründung seines Rücktrittverlangens an, bei der kurzen Probefahrt vor Abschluss des Kaufvertrages seien die später festgestellten Mängel nicht erkennbar gewesen. Bei der Vorführung zum TÜV nach der Übergabe des Fahrzeuges sei entdeckt worden, dass die Achslager und die Lager der Querlenker so stark ausgelaufen gewesen seien, dass eine TÜV-Abnahme nicht mehr möglich sei. Der Turbolader habe nicht funktioniert, sodass das Fahrzeug lediglich eine Geschwindigkeit von 130 bis 140 km/h erreicht habe. Diese Mängel seien der Beklagten auch bei der Übergabe des Fahrzeuges bekannt gewesen und sie habe sie arglistig verschwiegen. Die Beklagte habe auch verschwiegen, dass ihr bekannte Reparaturen an den Kotflügeln vorne und hinten links und der Tür der Beifahrerseite vorgenommen worden seien, was sich daraus ergebe, dass Spachtelmasse aufgetragen worden und das Fahrzeug an diesen Stellen neu lackiert worden sei. Weiterhin seien Anzeichen dafür vorhanden, dass der Tacho nicht den Originalkilometerstand angebe. Die Fernbedienung funktioniere nicht ordnungsgemäß, was dazu führe, dass das Fahrzeug nur mit dem Zündschlüssel an der Fahrertür zu öffnen sei, und die anderen Türen nicht schlössen. Die fehlende Funktion der Fernbedienung bei niedrigen Außentemperaturen liege wohl an der defekten Steuereinheit, was der Beklagten bekannt gewesen sei. Der Kläger hat neben der Rückzahlung des Kaufpreises den Ersatz der von ihm durchgeführten Reparaturarbeiten an Achslager und Querlenker verlangt.
Die Beklagte hat die Zuständigkeit des LG Aschaffenburg gerügt, da die Beklagte ihren Wohnsitz im Bezirk des LG Frankfurt am Main habe. Sie hat den Gewährleistungsausschluss für wirksam gehalten, da ihr die angeblichen Mängel, deren Vorliegen sie bestreite, jedenfalls unbekannt gewesen seien. Die etwa vorliegenden Mängel seien darüber hinaus keine Sachmängel, sondern Verschleiß des über 8 Jahre alten Fahrzeuges, das eine Laufleistung von über 170.000 km aufgewiesen habe. In ihrer Besitzzeit von ca. 4 Monaten habe sie keinen Unfall erlitten; bei dem Abschluss des Kaufvertrages mit dem Voreigentümer sei ihr eine Laufleistung von 163.308 km angegeben und die Unfallfreiheit des Fahrzeuges zugesichert worden. Das LG hat nach Vernehmung von Zeugen die Klage abgewiesen.
Aus den Gründen:
“Die zulässige Klage ist nicht begründet.
I. Das LG Aschaffenburg ist für die Klage örtlich zuständig. Für die Klage nach Rückgängigmachung des Kaufes gilt Folgendes:
Ist der Vertrag beiderseitig erfüllt und klagt der Käufer auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgewähr der Kaufsache; so ist Erfüllungsort und damit Gerichtsstand der Ort, wo sich die Kaufsache zur Zeit des Rücktritts nach dem Vertrag befindet (vgl. Zöller, ZPO, 26. Aufl., § 29 Rn 25, Stichwort Kaufvertrag).
Da das Fahrzeug sich im hiesigen Bezirk befindet, ist das LG Aschaffenburg auch örtlich zuständig.
II. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs gem. §§ 437 Abs. 1 Nr. 2, 440, 323, 326 BGB.
1. Die Parteien haben die Gewährleistung der Beklagten für Mängel im Kaufvertrag ausgeschlossen. Eine Haftung käme nur infrage, wenn die Beklagte bei Abschluss des Vertrags vorhandene Mängel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache übernommen hätte (§ 444 BGB).
Der Kläger konnte jedoch Arglist der Beklagten nicht nachweisen.
Arglist setzt voraus, dass der Verkäufer den Mangel kennt oder zumindest für möglich hält. Fahrlässige Unkenntnis genügt dabei nicht.
Die Beklagte hat bestritten, von eventuellen Mängeln Kenntnis gehabt zu haben. Auf Grund der durchgeführten Beweisaufnahme ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass die Beklagte oder ihr Ehemann, der in ihrem Auftrag die Vertragsverhandlungen geführt und den zweiten Kaufvertrag vom 11.2.2009 unterzeichnet hat, eventuell vorhandene Mängel bei Vertragsschluss kannten und diese arglistig verschwiegen haben.
Dass am Kilometerstand manipuliert wurde, ist offensichtlich nur eine Vermutung des Klägers ebenso, dass das Fahrzeug einen Unfall gehabt haben müsse. Es haben sich hierzu im Rahmen der Beweisaufnahme keinerlei Anhaltspunkte ergeben.
Die Beklagte gab an, sie habe das Fahrzeug als Überbrückungsfahrzeug genutzt. Weitgehend sei es auch von den Familienangehörigen genutzt worden. Es habe alles funktioniert, einen Unfall habe sie nicht erlitten und der Kilometerstand sei so gewesen, wie es im Kaufvertrag gest...