StPO §§ 81a
Der Umstand, dass für den Amtsgerichtsbezirk Köln kein richterlicher Eildienst zur Nachtzeit (§ 104 Abs. 3 StPO) besteht, führt nicht zu einem Beweisverwertungsverbot für das Resultat einer durch einen Polizeibeamten angeordneten Blutprobenentnahme.
(Leitsatz des Einsenders)
OLG Köln, Beschl. v. 15.1.2010 – 83 Ss 100/09
Am 19.2.2009 gegen 23:00 Uhr trafen die von der Zeugin W. zu Hilfe gerufenen PK K. und weitere Polizeibeamte an der Wohnung der Zeugin W. in G. ein und trafen den Angeklagten im Hinterhof etwa zehn Meter neben seinem Pkw stehend an. Ein beim Angeklagten durchgeführter Atemalkoholtest ergab eine Atemalkoholkonzentration von 1,07 mg/I. Nach ordnungsgemäßer Beschuldigtenbelehrung durch PK K. gab der Angeklagte an, er sei mit dem Fahrzeug nach G. gefahren, eine Fahrerlaubnis besitze er nicht. Angaben über eine Alkoholaufnahme nach Eintreffen an der Wohnanschrift seiner Ehefrau machte der Angeklagte nicht. Die Polizeibeamten ordneten daraufhin die Entnahme von zwei Blutproben beim Angeklagten an und verbrachten ihn zu diesem Zweck auf die Polizeiwache. Dort entnahm die Ärztin Dr. T. beim Angeklagten um 23:55 Uhr eine Blutprobe, die eine Blutalkoholkonzentration von 2,25 Promille ergab. Um 0:25 Uhr entnahm die Ärztin beim Angeklagten eine weitere Blutprobe, die eine Blutalkoholkonzentration von 2,14 Promille ergab.
Das AG hat den Angeklagten wegen fahrlässiger Trunkenheit im Straßenverkehr in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 15 EUR verurteilt und die Verwaltungsbehörde angewiesen, ihm vor Ablauf von weiteren 18 Monaten keine Fahrerlaubnis zu erteilen.
Das OLG verwirft die gegen das Urteil des AG eingelegte Revision des Angeklagten.
Aus den Gründen:
“ … 1. Die Verfahrensrügen gefährden den Bestand des Urteils nicht. ( … )
b) Die Rüge der Verletzung des (Richtervorbehalts nach) § 81a StPO greift letztlich ebenfalls nicht durch.
In dieser Hinsicht beanstandet die Revision zum einen, dass der Polizeibeamte, obwohl er nach den Urteilsfeststellungen noch vor 23:00 Uhr am Ort des Geschehens eingetroffen sei, nicht versucht habe, einen Richter zur Entscheidung über die Anordnung einer Blutprobe zu erreichen, sondern ohne weiteres selbst deren Entnahme angeordnet habe. Zum anderen wird bemängelt, dass im Bezirk des AG Köln zur Nachtzeit ein richterlicher Eildienst nicht eingerichtet sei, obwohl hierfür ein Bedarf bestehe. Aus diesen Verstößen resultiere ein Beweisverwertungsverbot hinsichtlich des Ergebnisses der Blutalkoholuntersuchung.
aa) Diese Rüge ist in einer den Anforderungen des § 344 Abs. 2 S. 2 StPO genügenden Weise ausgeführt. Insbesondere kann für die revisionsgerichtliche Prüfung davon ausgegangen werden, dass der Angeklagte nicht in die Blutentnahme eingewilligt hat (zum Erfordernis des diesbezüglichen Revisionsvorbringens vgl. etwa OLG Celle NJW 2008, 3079 [= zfs 2009, 111]; OLG Hamm NJW 2009, 242; OLG Schleswig, Urt. v. 26.10.2009 – 1 Ss Owi 92/09 = BeckRS 2009 28618; OLG Dresden StV 2009, 571). Zu dieser Frage verhält sich das Rügevorbringen zwar nicht; die zugleich erhobene Sachrüge ermöglicht dem Senat aber den Rückgriff auf die Urteilsfeststellungen. Aus deren Zusammenhang ist mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, dass der Angeklagte nicht in die Blutprobenentnahme eingewilligt hat. So wird festgestellt, die Polizeibeamten hätten die Entnahme von zwei Blutproben bei dem Angeklagten ‘angeordnet’ und ihn zu diesem Zweck auf die Polizeiwache ‘verbracht’. In einer Gesamtschau mit den Urteilsausführungen zur Verwertbarkeit des Beweismittels lässt sich hieraus ableiten, dass der Angeklagte nicht in die Blutentnahme eingewilligt hat, es vielmehr einer Anordnung gem. § 81a Abs. 1 StPO bedurfte. Ob der Angeklagte dieser widersprochen hat, ist hingegen nicht von Belang; denn das widerspruchslose Sich-Fügen in eine polizeiliche Anordnung ist nicht mehr, als von jedem Staatsbürger erwartet wird (vgl. OLG Celle zfs 2009, 530, 531 = VRS 117, 99).
bb) Die Rüge ist indessen nicht begründet.
(1) Es kann zunächst schon bezweifelt werden, dass der Polizeibeamte im vorliegenden Fall die – ihm grundsätzlich zustehende – Eilkompetenz aus § 81a Abs. 2 StPO wegen einer ansonsten eintretenden ‘Gefährdung des Untersuchungserfolgs’ zu Unrecht in Anspruch genommen hat.
Dabei mag freilich durchaus infrage gestellt werden, ob in einer generalisierenden Betrachtungsweise davon auszugehen ist, dass bei Straftaten unter Alkoholeinfluss von vorneherein – ohne Berücksichtigung des Schutzzwecks des Richtervorbehalts im konkreten Einzelfall – eine Gefährdung des Untersuchungserfolgs i.S.d. § 81a Abs. 2 StPO angenommen werden kann. Denn zum einen kann die Gefährdung des Untersuchungserfolgs nicht allein mit dem abstrakten Hinweis begründet werden, eine richterliche Entscheidung sei gewöhnlich zu einem bestimmten Zeitpunkt oder innerhalb einer bestimmten Zeitspanne nicht zu erlangen (BVerfGE 103, 142 [156] = NJW 2001, 1121 = NStZ 2001, 382; BVerfG, NJW 20...