BGB § 254; StVG § 7; BeamtenVG § 35; RhPflBG § 98
1. Der Fahler eines Kraftfahrzeuges, der nicht zugleich Halter desselben ist, muss sich die einfache Betriebsgefahr des Fahrzeuges nur dann zurechnen lassen, wenn er seinerseits für Verschulden gem. § 823 BGB oder für vermutetes Verschulden gem. § 18 StVG haftet.
2. Im Fall des gesetzlichen Forderungsübergangs kann die Obliegenheit zur Schadensminderung in entsprechender Anwendung des § 254 Abs. 2 BGB ausnahmsweise den Zessionar treffen, wenn er den rechtlichen und tatsächlichen Einfluss auf die Schadensentwicklung in der Weise erlangt hat, dass die Zuständigkeit für die Schadensminderung weitgehend auf ihn verlagert ist und die Eigenverantwortung des Geschädigten entsprechend gemindert erscheint.
3. Der Unfallausgleich nach § 35 BeamtVG bezweckt nicht den Ausgleich möglicher Erwerbsschäden, sondern dient der Deckung vermehrter Bedürfnisse.
BGH, Urt. v. 17.11.2009 – VI ZR 58/08
Das klagende Land macht gegen die Beklagten Ersatzansprüche aus übergegangenem Recht eines Polizeibeamten geltend, der bei einem Verkehrsunfall erheblich verletzt wurde.
Der Beamte S, der im Rahmen der Veranstaltung "Rhein in Flammen" als Motorradstreife eingesetzt war, befuhr am 16.9.2000 gegen 22.30 Uhr mit seinem Dienstkraftrad die Bundesstraße 9 außerhalb der Ortschaft St. Goar in Richtung Koblenz. Auf einem von ihm aus gesehen neben der rechten Fahrbahn befindlichen Seitenstreifen waren verschiedene Reisebusse geparkt. Als der Beamte an diesen vorbeifuhr, betraten die Beklagten zwischen zwei hintereinander geparkten Bussen die Fahrbahn, um die Straße zu überqueren. Der Beamte wich nach links aus, kam zu Fall und verletzte sich. Die nach dem Unfall entnommenen Blutproben ergaben bei der Beklagten zu 1) eine Blutalkoholkonzentration von 1,16 ‰, bei der Beklagten zu 2) eine solche von 1,3 ‰. Der Beamte war bis zum 31.12.2001 außer Dienst. Seit 4.1.2002 ist er im Innendienst eingesetzt. Der Kläger zahlte bis Ende 2001 fortlaufend Dienstbezüge in Höhe von insgesamt 49.727 EUR, Heilbehandlungs- einschließlich Fahrtkosten in Höhe von 9.142,84 EUR und einen Unfallausgleich gem. § 35 BeamtVG in Höhe von 5.163,98 EUR.
Der Kläger begehrt Ersatz dieser Zahlungen und die Feststellung der Ersatzpflicht hinsichtlich sämtlicher weiterer Schäden. Das LG hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Auf die Berufungen der Beklagten hat das Berufungsgericht das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert, die Beklagten zum Ersatz eines Erwerbsschadens in Höhe von 29.056,80 EUR und von Heilbehandlungskosten in Höhe von 7.284,66 EUR verurteilt sowie die Verpflichtung der Beklagten festgestellt, dem Kläger unter Berücksichtigung eines Mithaftungsanteils des Geschädigten von 20 % alle zukünftigen materiellen Schäden des Beamten aus dem Unfallereignis zu ersetzen, soweit diese auf den Kläger übergehen. Die weiter gehende Klage hat es abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Aus den Gründen:
[4] “I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dem Kläger stünden gegen die Beklagten aus gem. § 98 S. 1 LBG Rheinland-Pfalz (nachfolgend: LBG RP) übergegangenem Recht des Beamten Ansprüche auf Ersatz von Verdienstausfall und Heilbehandlungskosten gem. § 823 Abs. 1 BGB zu. Allerdings hafteten die Beklagten nur in Höhe einer Quote von 80 %. 20 % seines Schadens müsse der Beamte selbst tragen. Er habe den Unfall zwar nicht schuldhaft herbeigeführt. Dieser sei für ihn aber auch kein unabwendbares Ereignis i.S.d. § 7 Abs. 2 StVG a.F. gewesen, weshalb im Rahmen der Abwägung der beiderseitigen Verursachungs- und Verschuldensanteile die Betriebsgefahr des vom ihm geführten Dienstkraftrads zu seinen Lasten zu berücksichtigen sei.
[5] Dem Kläger stehe kein Anspruch auf Erstattung der Dienstbezüge des Beamten für die Monate September bis Dezember 2001 zu. Zwar habe der Beamte bis Ende des Jahres 2001 einen Erwerbsschaden erlitten. Der Kläger habe aber eine eigene Schadensminderungspflicht dadurch verletzt, dass er die Entscheidung, den Beamten im Innendienst zu beschäftigen, schuldhaft hinausgezögert habe. Er habe ihn spätestens ab September 2001 im Innendienst einsetzen müssen.
[6] Der Kläger könne auch nicht Ersatz der Unfallausgleichszahlungen verlangen, da diese Leistungen die vermehrten Bedürfnisse des Verletzten ausgleichen sollten, der Beamte aber keinen unfallbedingten Mehrbedarf gehabt habe. Es fehle daher an der für einen Anspruchsübergang erforderlichen Kongruenz zwischen der tatsächlichen Einbuße des geschädigten Beamten und dem Zweck der Leistung des klagenden Landes.
[7] II. Die Revision ist zulässig. Sie ist insbesondere uneingeschränkt statthaft (§ 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Das Berufungsgericht hat die Revision unbeschränkt zugelassen. Dies ergibt sich aus dem Tenor des angefochtenen Urteils. Aus den Entscheidungsgründen lässt sich eine Beschränkung der Revision nicht mit der gebotenen Eindeutigkeit (dazu: BGH, Urt. v. 12.11.2004, NJW 2...