AUB § 7 I Nr. 1 S. 1, 3
Ein Versicherer ist auch bei dem Verdacht einer Borreliose-Infektion nicht gehindert, sich auf die Versäumung der Frist zur ärztlichen Feststellung von Invalidität zu berufen.
(Leitsatz der Schriftleitung)
OLG Düsseldorf, Urt. v. 7.4.2009 – 4 U 39/08
Die Klägerin wurde am 19.6.2004 in W-O von einer Zecke gebissen; sofort nach Erkennen wurde die Zecke von einem anwesenden Arzt begutachtet und sodann von einem anwesenden Pfleger entfernt. Wenige Tage später wurde von einem Arzt der Verdacht auf das Vorliegen einer Borreliose geäußert. Zwischenzeitlich leidet die Klägerin an dem sog. Sjögren-Syndrom. Mit Schreiben vom 17.9.2004 teilte die Klägerin der Beklagten mit, sie leide auf Grund des Zeckenbisses an einer Borreliose-Infektion. Verschiedene Therapien schlossen sich an. Allerdings äußerten Ärzte auch immer wieder den Verdacht einer Konversionssymptomatik. Die Klägerin trägt vor, als Folge des Zeckenbisses habe sie eine Borrelliose-Infektion, ein Sjögren-Syndrom, Hirnschädigungen, Störungen der kognitiven Leistungsfähigkeit und eine anhaltende depressive Reaktion bei Anpassungsstörung sowie weitere Störungen als Dauerfolge erlitten. Sie hält einen Invaliditätsgrad von mindestens 80 % für gegeben.
Aus den Gründen:
“ … Die Klage ist unbegründet. Der Klägerin steht aus dem privaten Unfallversicherungsvertrag vom 9.12.1999 kein Anspruch auf Invaliditätsentschädigung wegen der Folgen des am 19.6.2004 in W-O erlittenen Zeckenbisses auf Invaliditätsleistung zu.
1. Voraussetzung für eine Invaliditätsleistung aus der abgeschlossenen Versicherung ist gem. § 7 AUB 94, dass der Unfall (hier: der Zeckenbiss, an dessen Unfalleigenschaft keine Zweifel bestehen) zu einer Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit der Klägerin geführt hat, sowie dass die Invalidität innerhalb eines Jahres nach dem Unfall eingetreten sowie spätestens vor Ablauf einer Frist von weiteren drei Monaten ärztlich festgestellt und geltend gemacht worden ist (§ 7 I Nr. 1 S. 1 und 3 AUB 94).
Bei dem Zeckenbiss vom 19.6.2004 setzt ein Anspruch der Klägerin damit voraus, dass ihre unfallbedingte Invalidität bis zum 19.6.2005 eingetreten und bis spätestens 19.9.2005 ärztlich festgestellt worden ist. Denn beide Merkmale, auch die ärztliche Feststellung unfallbedingter dauernder Beeinträchtigung innerhalb 15 Monaten, sind nach st. Rspr. des BGH Anspruchsvoraussetzung (vgl. BGH VersR 2007, 1114 ff., 1115). Diese Anspruchsvoraussetzung ist nicht gegeben. Wenn überhaupt innerhalb eines Jahres nach dem Zeckenbiss schon eine dauernde Beeinträchtigung bei der Klägerin eingetreten sein sollte, so ist eine solche auf dem Zeckenbiss beruhende dauernde Beeinträchtigung jedenfalls nicht bis zum 19.9.2005 ärztlich festgestellt worden.
a. Es ist bereits fraglich, ob innerhalb der genannten Frist überhaupt schon eine konkrete ärztliche Diagnose einer auf einem Zeckenbiss beruhenden Borreliose gestellt worden ist. Von allen ärztlichen Schreiben, die die Klägerin eingereicht hat, kommt dafür allenfalls der Arztbrief des Prof. Dr. I vom 6.1.2005 in Betracht, der bei der Vorgeschichte einen Zeckenstich im Bereich des linken Arms erwähnt und unter Hinweis auf einen deutlich positiven Lymphozytentransformationstest gegen Borrelienantigene ausführt, ‘… dass insgesamt von einer aktiven Borreliose auszugehen ist’. Ob dies eine sichere, über einen Verdacht hinausgehende Diagnose einer Borreliose bedeutet, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Denn dieser Arztbrief beinhaltet jedenfalls keine auf dem Zeckenbiss beruhende ärztliche Feststellung einer dauernden Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit der Klägerin im Sinn des § 7 I Nr. 1 AUB 94. Es ist unstreitig, dass Borreliose bei medikamentöser Behandlung zumeist folgenlos ausheilt. Auch der Arztbrief des Prof. Dr. I vom 6.1.2005 geht von einer Dauerschädigung nicht aus, sondern weist darauf hin, dass sich nach seinen Erfahrungen in solchen Situationen eine 28-Tage-Kur mit 2 Gramm Rocephin täglich intravenös bewährt habe. Er hat in seinem Arztbrief auch überhaupt keine auf Dauer angelegte Beeinträchtigung des körperlichen oder geistigen Leistungsvermögens der Klägerin aufgezeigt. Einer der Ausnahmefälle, in denen ein ärztlicher Befund auch ohne ausdrückliche Erwähnung der Dauerfolgen so eindeutig für eine Invalidität spricht, dass er für sich selbst spricht, etwa bei der Diagnose einer Querschnittslähmung, bestimmter Gehirnschäden oder unfallbedingter Glied- bzw. Organverluste (vgl. BGH-R 2005, 775), liegt bei den hier in Rede stehenden Befunden gerade nicht vor. Die Borreliose-Erkrankung führt eben nicht notwendig zu Dauerfolgen, die deshalb nicht ausdrücklich gesondert erwähnt zu werden bräuchten, weil sie mit der gestellten Diagnose stets einhergehen.
b. Die Beklagte ist auch keineswegs unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) daran gehindert, sich auf die fehlende fristgerechte ärztliche Feststellung zu berufen. Vor allem liegt keiner der Au...