Im vorherigen Abschnitt ging es um die Frage, welcher Personenkreis keine Ansprüche aus der Betriebsgefahr gegen den Halter und gegen den Kfz-Haftpflichtversicherer geltend machen und sich auch nicht auf die Verschuldensvermutung des § 18 StVG berufen kann. In diesem zweiten Abschnitt soll dargestellt werden, welchen Einfluss die Betriebsgefahr auf die Bestimmung der Haftungsquote besitzt.
a) Grundsatz
Wenn mehrere Kraftfahrzeuge an einem Unfall beteiligt sind, so ist nach ständiger BGH-Rechtsprechung gemäß § 17 StVG unter Abwägung aller festgestellten, d.h. unstreitigen, zugestandenen oder nach § 286 ZPO bewiesenen Umstände des Einzelfalls (soweit sie sich auf den Unfall ausgewirkt haben) eine einheitliche Haftungsquote zu bestimmen, wobei in erster Linie das Maß der Verursachung von Belang ist, in dem die Beteiligten zur Schadensentstehung beigetragen haben. Das beiderseitige Verschulden ist nur ein Faktor der Abwägung. Auch die Betriebsgefahr des eigenen Fahrzeugs führt zur Reduzierung der Ansprüche des Halters gegenüber dem Unfallgegner. Lässt sich beispielsweise der Unfallhergang nicht mehr aufklären und lassen sich damit auch die Verursachungsanteile nicht ermitteln, kann jeder der beiden Halter vom anderen Halter aus der Betriebsgefahr Schadensersatz verlangen, muss sich jedoch die eigene Betriebsgefahr anrechnen lassen. Ist diese (wie bei zwei Pkw, die eine Kreuzung in gerader Richtung befahren) gleich hoch, so führt dies regelmäßig zur Reduzierung der Ansprüche auf 50 Prozent.
Die Anrechnung der Betriebsgefahr des eigenen Fahrzeugs beschränkt sich dabei nicht nur auf die Ersatzansprüche wegen der Beschädigung oder Zerstörung des Fahrzeugs, von dem die Betriebsgefahr ausgeht. Sie erfasst zudem die Schadensersatzansprüche, die der verletzte Halter aufgrund der bei dem Unfall erlittenen Verletzungen geltend machen könnte und begrenzt auch die Ansprüche der Unterhaltsberechtigten gemäß § 844 BGB im Falle der Tötung des Halters.
b) Fahrer nicht gleich Halter
Ist der Fahrer nicht der Halter des Fahrzeugs, kann ihm die Betriebsgefahr des von ihm geführten Kraftfahrzeugs nicht zugerechnet werden. Hierauf hatte der BGH Gelegenheit in einem Urteil vom 17.11.2009 hinzuweisen:
Bei der Veranstaltung "Rhein in Flammen" war ein Polizeibeamter mit seinem Dienstmotorrad wegen mehrerer alkoholisierter Fußgänger, die hinter einem Bus die Fahrbahn betraten, gestürzt und hatte sich schwer verletzt. Die Haftpflichtversicherer der Fußgänger wollten die Ansprüche des Polizeibeamten durch Anrechnung der Betriebsgefahr des Motorrades kürzen. Dies ließ der BGH nicht zu und führte hierzu aus:
Zitat
Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass sich auch der Fahrer eines Kraftfahrzeugs, der nicht zugleich Halter desselben ist, gem. § 7 Abs. 2 StVG a.F. die einfache Betriebsgefahr des Fahrzeugs zurechnen lassen müsse. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts war der Kläger lediglich Fahrer, nicht hingegen Halter des Motorrads. Er war mit seinem Dienstkraftrad unterwegs, als er den Unfall erlitt. Halter eines Dienstkraftrads ist aber, worauf die Revision zutreffend hinweist und was die Revisionserwiderung nicht in Abrede stellt, der Dienstherr. Dementsprechend hat das Berufungsgericht dem Kläger auch lediglich die Betriebsgefahr des von ihm "geführten Motorrads" zugerechnet. Die Auffassung, der nicht haltende Fahrer eines Kraftfahrzeugs müsse sich die einfache Betriebsgefahr gemäß § 7 Abs. 2 StVG a.F. zurechnen lassen, widerspricht aber der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, von der abzuweichen kein Anlass besteht. Eine entsprechende Zurechnung kommt nur in Betracht, wenn der Fahrer seinerseits für Verschulden gemäß § 823 BGB oder für vermutetes Verschulden gemäß § 18 StVG haftet. Denn die Anwendung des § 254 BGB setzt stets einen haftungsbegründenden Tatbestand auf der Seite des Geschädigten voraus (vgl. BGH, Urt. v. 20. Dezember 1962 – III ZR 1/62 – a.a.O.; Staudinger/Schiemann, a.a.O.).
c) Leasinggeber
Bei Leasingfahrzeugen fallen in der Regel das Eigentum und die Haltereigenschaft auseinander. Der Leasinggeber ist Eigentümer des Leasingfahrzeugs, während der Leasingnehmer Halter des Fahrzeugs ist.
Wenn nach einem Unfall des Leasingfahrzeugs die Haftungsverteilung nach § 17 StVG vorzunehmen ist, stellt sich die Frage, ob und unter welchen Umständen die Betriebsgefahr des Leasingfahrzeugs dem Leasinggeber zugerechnet werden kann.
Nach der Rechtsprechung des BGH gilt: Ein Leasinggeber, der Eigentümer aber nicht Halter des Leasingfahrzeugs ist und Schadensersatzansprüche gemäß § 823 BGB wegen Verletzung seines Eigentums am Leasingfahrzeugs bei einem Verkehrsunfall geltend macht, braucht sich weder ein Mitverschulden des Leasingnehmers oder des Fahrers des Leasingfahrz...