3. Aufl., 2011, Deutscher Anwaltverlag, 771 Seiten, 49,00 EUR, ISBN 978-3-8240-0764-6

Mit Nissen, dem Leiter des Fachbereichs Internationales Recht in der juristischen Zentrale des ADAC, hat Neidhart für die 3. Aufl. einen Co-Autor gewonnen, der sein Fachwissen schon in anderen verkehrsrechtlichen Werken, wie z.B. in Himmelreich/Bücken/Krumm, Verkehrsunfallrecht, 5. Aufl. 2009 sowie in Beck/Berr, OWi-Sachen im Straßenverkehrsrecht, 5. Aufl. 2006, nutzbringend eingesetzt hat. Die Neuauflage hat gegenüber der Vorauflage an Umfang beträchtlich zugenommen. Zu den Berichten über die Länder Belgien, Frankreich, Italien, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Polen, Schweiz, Spanien und Tschechien sind solche über die Länder Dänemark, Finnland, Griechenland, Großbritannien, Irland, Norwegen, Portugal, Schweden, Slowakei, Slowenen und Ungarn, ferner ein Kap. über Deutschland hinzugekommen. Damit liegen jetzt Informationen zu 22 Ländern vor. Die 3. Aufl. befindet sich auf dem Stand von August 2010.

Das Werk ist in 2 große Abschnitte aufgeteilt. Im ersten Abschnitt führen die Autoren in das internationale und europäische Recht ein. Sie sprechen darin u.a. auch verschiedene internationale Vollstreckungshilfevereinbarungen, z.B. den deutsch-schweizerischen Polizeivertrag, an. Auch machen sie darauf aufmerksam, dass es eine verpflichtende Rechtsgrundlage zur gegenseitigen Anerkennung und Vollstreckung von Führerscheinmaßnahmen nicht gibt. Allerdings, darauf weisen Neidhart/Nissen ebenfalls hin, vollziehen einige Länder, wie z.B. Frankreich, Österreich, die Schweiz und Spanien auf der Grundlage zweier Straßenverkehrsübereinkommen, ohne hierzu verpflichtet zu sein, mit unterschiedlicher Intensität im Wohnsitzstaat verhängte Führerscheinmaßnahmen auch bei sich. Die Autoren lenken den Blick zudem auf die nationale Umsetzung des EU-Rahmenbeschlusses über Vollstreckung von Geldsanktionen v. 24.2.2005 durch das Gesetz vom 18.10.2010 (§§ 86 ff. IRG). Danach können jetzt im EU-Ausland verhängte Geldsanktionen in Deutschland vollstreckt werden, allerdings nur, soweit der zu vollstreckende Geldbetrag über 70,00 EUR liegt und der Betroffene Gelegenheit hatte, sich angemessen zu verteidigen. Auch hat das Umsetzungsgesetz, wie Neidhart/Nissen in diesem Zusammenhang darlegen, durch Einfügung einer Stichstagsregelung – die behördliche Entscheidung bzw. die Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung müssen nach dem Tag des Inkrafttretens des Umsetzungsgesetzes (28.10.2010) erfolgen, eine rückwirkende Vollstreckung weitgehend vermieden. Etwaige Einwendungen gegen den Tatvorwurf müssen im ausländischen Erkenntnisverfahren vorgebracht werden (vgl. ausführlich: Trautmann NZV 11/57 f.; Riedmeyer, zfs 11/68 f.; Krumm, zfs 11/128 f.). Betroffenen, denen im Ausland ein Verkehrsdelikt vorgeworfen wird, wird empfohlen, rechtzeitig einen im Reiseland ansässigen Anwalt, z.B. einen Vertrauensanwalt des ADAC, einzuschalten, nicht zuletzt deshalb, weil ein solcher Anwalt vor Ort die Ermittlungsakte einsehen kann. Die Autoren weisen schließlich in diesem Abschnitt darauf hin, dass sich ein Betroffener gegen die Unsitte, eine ausländische Geldbuße durch ein von ausländischen Bußgeldbehörden eingeschaltetes Inkassobüro vor deutschen Gerichten beizutreiben, mit Erfolg unter Hinweis auf die international-privatrechtliche Unzuständigkeit deutscher Gerichte zur Entscheidung über öffentlich-rechtliche Ansprüche eines anderen Staates zur Wehr setzen kann.

Der 2. Abschnitt enthält die Länderberichte mit Ausführungen jeweils zu Verkehrswesen, Bußgeldkataloge, Bußgeldverfahren, Verkehrsstrafrecht, Führerscheinmaßnahmen und Registereintragungen, Rechtshilfe und Vollstreckungsabkommen sowie Adressen im In- und Ausland. Hier werden Betroffene und ihre Anwälte gründlich über Rechtsgrundlagen und Praxis des Verkehrsstraf- und -ordnungswidrigkeitenrechts in den oben aufgeführten Ländern informiert. Das schließt Informationen über wichtige Verkehrsvorschriften, Verjährung, Maut-Regelung, Rechtsmittel, Führerscheinmaßnahmen und Inkassobüros ein. Hier sei – pars pro toto – auf die Darlegungen zur Halterhaftung und Fahrerermittlung in Österreich hingewiesen. Bekanntlich besteht in Österreich eine Verpflichtung zur Erteilung einer Lenkerauskunft (§ 103 Abs. 2 KFG) ohne Rücksicht auf das Selbstbezichtigungsverbot oder Zeugnisverweigerungsrechte, deren Veweigerung bisher zumeist mit der für das Grunddelikt vorgesehenen Geldbuße geahndet worden ist. Neidhart/Nissen berichten hierzu, dass der EGMR mit Urt. v. 18.3.2010 die Verurteilung eines Kfz-Halters, soweit sie ausschließlich auf die Nichtpreisgabe der Identität des Fahrers gestützt wird, unter bestimmten Voraussetzungen als Verstoß gegen Art. 6 EMRK gewertet hat. Sie vermuten deshalb nicht ohne Grund, dass österreichische Behörden künftig vermehrt die Auskunftsverweigerung wieder nach § 103 Abs. 2 KFG ahnden und gehen davon aus, dass solche Bescheide weiterhin in Deutschland nicht vollstreckt werden.

In einem Anhang werden wich...

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