" … [9] Die Rechtsbeschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

[12] Nach § 120 Abs. 4 ZPO kann das Gericht innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren ab rechtskräftiger Entscheidung oder sonstiger Beendigung des Verfahrens die Entscheidung über die im Rahmen der bewilligten Prozesskostenhilfe zu leistenden Zahlungen ändern, wenn sich die für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben. Auf Verlangen des Gerichts hat sich die Partei darüber zu erklären, ob eine Änderung der Verhältnisse eingetreten ist. Nach § 124 Nr. 2 Alt. 2 ZPO kann das Gericht die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, wenn die Partei eine Erklärung nach § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO nicht abgegeben hat.

[13] In Rspr. und Lit. ist streitig, ob die Aufforderung zur Erklärung über die persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse und der Beschluss, durch den nach rechtskräftigem Abschluss des Hauptsacheverfahrens die für dieses Verfahren bewilligte Prozesskostenhilfe gem. §§ 120 Abs. 4, 124 ZPO aufgehoben wird, der Partei persönlich oder gem. § 172 Abs. 1 ZPO deren (früheren) Prozessbevollmächtigten zugestellt werden müssen.

[14] a) Überwiegend wird die Ansicht vertreten, die Zustellung könne wirksam nur an die Partei erfolgen. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, mit dem Eintritt der formellen Rechtskraft ende das anhängige Verfahren im Sinne des § 172 Abs. 1 ZPO. Das Verfahren gem. §§ 120 Abs. 4, 124 ZPO gehöre nicht zum Rechtszug im Sinne dieser Norm. Ebenso wenig sei es einem der in § 172 Abs. 1 S. 2 ZPO genannten Verfahren vergleichbar. Vielmehr stelle es ein selbständiges Verwaltungsverfahren und als solches ein neues Verfahren dar, welches einer Abänderungsklage nach § 323 ZPO gleiche. Die Vertretung im Prozesskostenhilfeüberprüfungsverfahren sei auch nicht vom gesetzlichen Umfang der Prozessvollmacht gem. § 81 ZPO umfasst (OLG Dresden NJ 2008, 315 f.; OLG Hamm FamRZ 2009, 1234, 1235; OLG Naumburg OLGR 2008, 404 f.; OLG Koblenz FamRZ 2008, 1358; OLG Köln FamRZ 2007, 908; OLG München FamRZ 1993, 580; Musielak/Fischer, ZPO, 7. Aufl. § 124 Rn 3; Musielak/Wolst, a.a.O., § 172 Rn 5; Thomas/Putzo, ZPO, 31. Aufl. § 172 Rn 7; Wieczorek/Schütze/Rohe, ZPO, 3. Aufl. § 172 Rn 25; Zöller/Geimer, ZPO, 28. Aufl., § 120 Rn 28, § 124 Rn 23).

[15] b) Nach der Gegenmeinung haben auch in einem nach Beendigung des Hauptsacheverfahrens durchgeführten Verfahren zur Überprüfung der Prozesskostenhilfe (§§ 120 Abs. 4, 124 ZPO) Zustellungen jedenfalls dann gem. § 172 Abs. 1 ZPO an den Prozessbevollmächtigten zu erfolgen, wenn dieser die Partei bereits im Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren vertreten hatte.

[16] Zur Begründung wird darauf abgestellt, dass zu einem anhängigen Prozesskostenhilfeverfahren auch das sich gegebenenfalls erst nach Abschluss des Hauptsacheverfahrens anschließende Prozesskostenhilfeüberprüfungsverfahren gehöre. Bei diesem Verfahren handele es sich um ein dem Wiederaufnahmeverfahren vergleichbares Verfahren, in dem gem. § 172 Abs. 1 S. 2 ZPO Zustellungen an den bestellten Prozessbevollmächtigten erfolgen müssten. Demgemäß erstrecke sich die von der Partei für das Prozesskostenhilfeverfahren erteilte Prozessvollmacht auch auf das sich anschließende Prozesskostenhilfeüberprüfungsverfahren (BAG NZA 2006, 1128 = RVGreport 2007, 354 (Hansens); OLG Brandenburg FamRZ 2009, 1426 f.; 2008, 1356, 1357; 2008, 72 und Beschl. v. 1.2.2008 – 9 WF 362/07 – juris; OLG Hamm Beschl. v. 30.1.2007 – 2 WF 9/07 – juris; LAG Rheinland-Pfalz MDR 2007, 175; LAG Baden-Württemberg DB 2003, 948; Hartmann/Lauterbach/Albers, ZPO, 69. Aufl., § 120 Rn 32; MüKoZPO/Häublein, 3. Aufl., § 172 Rn 19).

[17] 3. Der Senat schließt sich der zuletzt genannten Auffassung an.

[18] Auch nach Beendigung der Instanz bzw. des Hauptsacheverfahrens müssen Zustellungen im Prozesskostenhilfeüberprüfungsverfahren jedenfalls dann gem. § 172 ZPO an den Prozessbevollmächtigten erfolgen, wenn dieser die Partei im Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren vertreten hat.

[19] a) Das Prozesskostenhilfeüberprüfungsverfahren gehört zum Rechtszug i.S.d. § 172 Abs. 1 ZPO.

[20] aa) Zweck der Vorschrift ist, im Interesse der Prozessökonomie und der Privatautonomie sicher zu stellen, dass der von der Partei bestellte Prozessbevollmächtigte, in dessen Verantwortung die Prozessführung liegt, über den gesamten Prozessstoff informiert wird und sich somit in dessen Hand alle Fäden des Prozesses vereinigen (BGH FamRZ 2008, 141 Rn 10 und NJW 2002, 1728, 1729; Musielak/Wolst, ZPO, 7. Aufl. § 172 Rn 1; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl. § 172 Rn 1; Hartmann/Lauterbach/Albers, ZPO, 69. Aufl. § 172 Rn 2). Für den Gesetzgeber lag der Grund für die obligatorische Zustellung an den Prozessbevollmächtigten in der Annahme, dass die Partei durch die Erteilung der Prozessvollmacht das Betreiben des Prozesses aus der Hand gegeben hat und deshalb der Prozessbevollmächtigte und nicht das Gericht die Partei über den jeweiligen Stand des Prozesses auf dem Laufenden ...

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