Die Entscheidung hat ganz erhebliche praktische Bedeutung. Denn die meisten Rechtsstreitigkeiten bei der Regulierung von Kfz-Unfallschäden werden mit Deckungsschutz einer Rechtsschutzversicherung geführt. Zum Schadensersatz wegen Anwaltskosten für die Einholung einer Deckungszusage der Rechtsschutzgeschädigten in einer mietrechtlichen Angelegenheit hat sich bereits der VIII. ZS des BGH RVGreport 2011, 186 (Hansens) = NJW 2011, 1222 = AGS 2011, 254 in ähnlicher Weise geäußert.

Ich kann der vorstehenden Entscheidung des BGH nicht in allen Punkten zustimmen:

I. Besondere Angelegenheit

Der VIII. ZS des BGH, a.a.O., hat offen gelassen, ob die Einholung einer Deckungszusage für den mit der Hauptsache befassten Rechtsanwalt eine besondere gebührenrechtliche Angelegenheit darstellt. Der VI. ZS des BGH hat sich hier deutlicher positioniert und tendiert eher dazu, eine einheitliche gebührenrechtliche Angelegenheit anzunehmen. Die von dem BGH hier herangezogene eigene Rspr., so RVGreport 2009, 423 (Hansens) = AGS 2009, 472 = NJW-RR 2010, 428 belegt eher das Gegenteil. Dort hat der VI. ZS des BGH noch ausgeführt:

Zitat

"Für die Annahme eines einheitlichen Rahmens der anwaltlichen Tätigkeit ist es grds. ausreichend, wenn die verschiedenen Gegenstände in dem Sinne einheitlich vom Anwalt bearbeitet werden können, dass sie verfahrensrechtlich zusammengefasst bzw. in einem einheitlichen Vorgehen geltend gemacht werden können."

(bejaht für getrennt erfolgte Abmahnungen); BGH RVGreport 2011, 339 (Hansens) = NJW 2011, 3167 (getrennte Abmahnung wegen eines Artikels für zwei Auftraggeber, die den Auftrag nacheinander erteilt haben). Wie der BGH hier bei der Einholung der Deckungszusage beim eigenen Rechtsschutzversicherer des Kl. einerseits und der Klage auf Schadensersatz gegen den Unfallgegner andererseits sein Vorgehen verfahrensrechtlich zusammenfassen soll, begründet der BGH nicht. Soll der Rechtsanwalt des Kl. in seiner Klageschrift die an seine Rechtsschutzversicherung gerichtete Bitte um Erteilung von Deckungsschutz beifügen? Oder soll er im Falle der Verweigerung der Deckungszusage die Ansprüche in einer gemeinsamen Klage geltend machen? Dies dürfte bereits an der unterschiedlichen gerichtlichen Zuständigkeit scheitern. Wäre die Auffassung des VI. ZS des BGH richtig, so könnte der Auftraggeber seinen mit der Verkehrsunfallschadenregulierung beauftragten Rechtsanwalt auch gleich noch den Auftrag erteilen, Verhandlungen mit der eigenen Haftpflichtversicherung wegen der befürchteten Rückstufung zu führen und Ansprüche gegen die Werkstatt wegen einer nicht ordnungsgemäßen Reparatur des Unfallfahrzeugs geltend zu machen. Die gesamte Anwaltstätigkeit würde dann – folgt man dem BGH – eine einheitliche gebührenrechtliche Angelegenheit mit verschiedenen Gegenständen darstellen, die nur eine Gebühr auslöst. Wie die einheitliche Abrechnung aussehen soll, wenn der Anwalt – was regelmäßig der Fall sein wird – die Deckungszusage im Rahmen eines Vertretungsmandats einholen soll, er aber für den Schadensersatzanspruch schon einen Prozessauftrag hat, verrät der BGH auch nicht.

II. Belehrungspflicht

Der VI. ZS des BGH hält es immerhin für "erwägenswert", dass der Rechtsanwalt den Auftraggeber darüber zu belehren hat, für die Einholung der Deckungszusage entstehe eine gesonderte Vergütung. Auch dem kann ich nicht zustimmen. Der Rechtsanwalt ist im Regelfall grds. nicht verpflichtet, seinen Auftraggeber über die bei ihm anfallende Vergütung zu belehren. Der Mandant kann nicht damit rechnen, dass sein Anwalt für ihn kostenlos tätig wird. Dies gilt auch für die Einholung einer Deckungszusage. Auch der rechtsschutzversicherte Mandant schuldet seinem Rechtsanwalt die angefallene Vergütung. Von deren Zahlung wird er durch seine Rechtsschutzversicherung nur befreit, wenn diese auch tatsächlich eintritt. Dies steht jedoch zum Zeitpunkt des Auftrages an den Rechtsanwalt, die Deckungszusage einzuholen, gerade noch nicht fest. Im Übrigen besteht ohnehin keine Deckung für die Kosten der Einholung der Deckungszusage bei der eigenen Rechtsschutzversicherung. Nach Auffassung des IX. ZS des BGH muss der Rechtsanwalt den Mandanten – abgesehen von der Hinweispflicht des § 49b Abs. 5 BRAO – ungefragt grds. nicht auf die gesetzliche Vergütungspflicht hinweisen, AGS 2010, 216; NJW 1998, 136 und 3486.

III. Zahlungspflicht im Innenverhältnis

Bei der – hier einmal unterstellten – Verletzung der Belehrungspflicht des Rechtsanwalts über die ihm für die Einholung der Deckungszusage anfallende Vergütung soll der Mandant nach Auffassung des BGH nicht zur Zahlung der berechneten Anwaltsvergütung verpflichtet sein. Das trifft so nicht zu. Eine Pflichtverletzung des Rechtsanwalts lässt den Vergütungsanspruch gegen den Auftraggeber nicht einfach entfallen. Dem Mandant steht dann möglicher Weise ein Schadensersatzanspruch gegen seinen Rechtsanwalt zu, den er der Vergütungsforderung entgegenhalten kann. Dies setzt das Bestehen eines kausal durch die Pflichtverletzung entstandenen Sc...

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