“… Das nach § 104 Abs. 3 ZPO i.V.m. § 11 Abs. 1 RPflG als sofortige Beschwerde zu behandelnde Rechtsmittel ist zulässig. In der Sache hat die sofortige Beschwerde auch zum weit überwiegenden Teil Erfolg. Nur hinsichtlich der Postpauschale der vorprozessualen Kosten konnte keine Anrechnung erfolgen, da diese im Gesetz nicht vorgesehen ist. Insoweit war die sofortige Beschwerde daher zurückzuweisen.
Nach der Anrechnungsvorschrift Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG, Vorbem. 3 Abs. 4 VV ist die Verfahrensgebühr des Prozessbevollmächtigten um die Hälfte der Geschäftsgebühr zu korrigieren. Eine solche Anrechnung der Geschäftsgebühr kann hier nach den Regelungen in § 15a Abs. 2 RVG erfolgen. Nach dieser Vorschrift kann ein Dritter sich auf die Anrechung einer Gebühr auf eine andere Gebühr nur berufen, soweit er den Anspruch auf eine der beiden Gebühren erfüllt hat oder wegen eines dieser Ansprüche gegen ihn ein Vollstreckungstitel besteht oder beide Gebühren in demselben Verfahren gegen ihn geltend gemacht werden. Hier besteht die Besonderheit, dass der Rechtsstreit nur gegen die Bekl. als Fahrerin des Fahrzeugs geführt worden ist, während die vorprozessuale Geschäftsgebühr bei den Verhandlungen mit der Versicherung entstanden und von der Versicherung beglichen worden ist. Insoweit erscheint es als zweifelhaft, ob die Geschäftsgebühr wegen desselben Gegenstands i.S.d. Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG entstanden ist. Hierzu hat das OLG Karlsruhe in einem Beschl. v. 24.9.1993 (AGS 1994, 43) Folgendes zusammenfassend ausgeführt:
“Eine Anrechung der vorprozessual entstandenen Geschäftsgebühr auf die Prozessgebühr findet auch dann statt, wenn ein Verkehrsunfallgeschädigter durch seinen Rechtsanwalt außergerichtlich mit der Kfz-Haftpflichtversicherung des Unfallgegners verhandelt, einen Verkehrsunfallprozess dann aber nur gegen den Schädiger und nicht auch gegen dessen Versicherung führt (entgegen OLG München – 11 W 2840/88, AnwBl 1990, 325).
Eine Nichtanrechnung würde der Stellung des Versicherers, die ihm in AKB § 10 Abs. 5 zugewiesen ist, nicht genügend Beachtung zumessen. Nach AKB § 10 Abs. 5 gilt der Versicherer als bevollmächtigt, alle ihm zur Befriedigung oder Abwehr der Ansprüche zweckmäßig erscheinenden Erklärungen im Namen der versicherten Personen abzugeben. Das bedeutet, dass der Versicherer Regulierungsvollmacht hat und außergerichtlich immer auch als Vertrete des Versicherten der Ansprechpartner des Geschädigten ist. Aus dieser Vertreterstellung folgt, dass der nur gegen den Schädiger gerichtete Prozess gegen eine Person geführt wird, die der Geschädigte zusammen mit der Versicherung schon vorprozessual in Anspruch genommen hat. Außergerichtliche und gerichtliche Tätigkeiten richten sich somit gegen die gleiche Person, ebenso wie in dem Fall, dass die Versicherung mitverklagt ist.'
Dieser Rechtsauffassung hat sich inzwischen das OLG München in einem umfangreichen und sorgfältig begründeten Beschl. v. 7.2.2012 (zfs 2012, 227 m. Anm. Hansens = RVGreport 2012, 150 (Hansens) = AGS 2012, 229) unter Aufgabe seiner bisherigen Rspr. auch für den Fall angeschlossen, dass vorprozessualer Verhandlungspartner ein “normaler' Haftpflichtversicherer ist (a.A. Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 20. Aufl., Vorb. 3 VV Rn 200). Der Senat schließt sich der dargelegten überzeugend begründeten Rechtsprechung an und nimmt ergänzend auf den Inhalt dieser Beschlüsse Bezug. Insb. erscheint es sinnvoll, dem Grundgedanken der Anrechnung Geltung zu verschaffen, dass die im Wesentlichen gleiche Tätigkeit eines Rechtsanwalts nicht doppelt vergütet werden soll.
Die bisher erfolgte Festsetzung i.H.v. 1.515,25 EUR war daher um die Hälfte der 1,3-fachen Geschäftsgebühr, mithin um 267,80 EUR und die gesamte Umsatzsteuer i.H.v. 199,50 EUR zu korrigieren, so dass sich der neue Festsetzungsbetrag mit 1.047, 95 EUR ergibt.“
Mitgeteilt von RA Gregor Samimi, Berlin