“"… Die Kl. hat sich im Rahmen der hier zu bildenden Haftungsquote zumindest einen schuldhaften Verursachungsbeitrag von 25 % entgegen halten zu lassen. Sie hat nämlich fahrlässig gegen § 1 Abs. 2 StVO verstoßen, indem sie sich mit ihrem Fahrzeug zunächst ca. einen halben Meter vorwärts bewegt hat und ihr beim Anfahrvorgang sodann der Fuß von der Kupplung gerutscht ist, so dass der Motor aus ging und das Fahrzeug stehen blieb. Diese Tatsachen sind zwischen den Parteien unstreitig. Das Anhalten der Kl. – dies hat das AG zutreffend ausgeführt – war auch mit ursächlich für das anschließende Auffahren des Bekl. zu 1) auf deren Pkw."
Darüber hinaus teilt die Kammer auch die Auffassung des AG, dass das Verschulden der Kl. nicht vollständig hinter den Verursachungsbeitrag des Bekl. zu 1) zurück tritt. Die von der Berufung zitierte Entscheidung des LG Berlin (vgl. Urt. v. 31.3.2009 – Az. 42 O 41/09, SP 2010, 70) ist auf den vorliegenden Fall nicht eins zu eins übertragbar. Das LG hat im Rahmen der vorgenannten Entscheidung, der eine ähnliche Unfallkonstellation wie hier zugrunde gelegen hat, bei der Frage, ob und wie die Verursachungsbeiträge der Unfallbeteiligten zu berücksichtigen sind, eine Gesamtbewertung der maßgeblichen Umstände vorgenommen. Dabei hat das LG zum Einen richtigerweise ausgeführt, dass nachfolgende Fahrzeuge auch im Vorgang des Anfahrens an einer Lichtzeichenanlage oder sonstigen Kreuzung den jeweils gebotenen Sicherheitsabstand zum vorausfahrenden Fahrzeug einzuhalten haben. Zum Anderen hat das LG aber auch die Feststellung treffen können, dass sich das vorausfahrende Fahrzeug der dortigen Kl. ca. 3 m ruckelnd vorwärts bewegt habe, bevor es zum Stillstand gekommen ist. Daher sei für nachfolgende Fahrzeuge auch ohne Aufleuchten der Bremslichter hinreichend deutlich gewesen, dass der Anfahrvorgang gestört ist. Aus diesen beiden wesentlichen Erwägungen heraus hat das LG in dem konkret zu entscheidenden Einzelfall ein geringes Verschulden des vorausfahrenden Fahrzeugführers haftungsrechtlich außer Betracht gelassen.
Für die Kammer ist ebenfalls von wesentlicher Bedeutung, ob sich der nachfolgende Fahrzeugverkehr darauf einstellen konnte, dass sich bei vorausfahrenden Fahrzeug Probleme in Anfahrvorgang ergeben. Im hier zu entscheidenden Fall ging das Abrutschen von der Kupplung und der daraus resultierende Stillstand von Motor und Fahrzeug für den Bekl. zu 1) – im Gegensatz zur Entscheidung des LG – ohne erkennbare Vorwarnung einher. Die Kl. hat in persönlicher Anhörung erklärt, dass ihr vor der Betätigung des Gaspedals der Fuß von dem Kupplungspedal gerutscht sei, so dass das Fahrzeug nach einem halben Meter Wegstrecke zum Stillstand gekommen sei. Der Kammer ist aus eigener Erfahrung bekannt, dass der Motor eines Kfz bei einer solchen Fehlbedienung unmittelbar ruckartig aus geht. Ein längeres Ruckeln des Fahrzeugs, das für nachfolgende Fahrzeugführer erkennbar wäre, entsteht dabei nicht. Auch hat sich das klägerische Fahrzeug nach dem unstreitigen Sachvortrag der Parteien nicht mehrere Meter ruckelnd vorwärts bewegt. Daher ist es im vorliegenden Fall nicht gerechtfertigt, den Verschuldensbeitrag der Kl. vollends außer Acht zu lassen.
Das AG hat diesen schuldhaften Verursachungsbeitrag der Kl. auch der Höhe nach mit 25 % ohne berufungsrechtliche Bedenken bewertet.“
Mitgeteilt von RA Jörg Elsner, LL.M., Hagen