Gibt ein Reisender bei einer Online-Flugbuchung im Internet für den Vor- und Zunamen eines Fluggastes die Wörter "noch unbekannt" ein, so kommt ein Beförderungsvertrag regelmäßig weder durch die Buchungsbestätigung noch durch die Einziehung des Flugpreises zustande. Im konkreten Fall konnten daher zwar keine Ausgleichsansprüche nach der Fluggastrechteverordnung geltend gemacht werden, aber der Kläger konnte zumindest gem. § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB die Erstattung des insoweit ohne Rechtsgrund gezahlten Flugpreises verlangen.
I. Fluggastrechteverordnung
Auch im Berichtszeitraum 2012 bezogen sich die zum Luftbeförderungsrecht verkündeten Entscheidungen überwiegend auf die Ansprüche der Reisenden nach der Europäischen Fluggastrechteverordnung.
1. Anwendungsbereich
Die Fluggastrechteverordnung gilt nach Art. 3 – vereinfacht ausgedrückt – regelmäßig dann, wenn Fluggäste den Flug (gleich mit welchem Luftfahrtunternehmen) innerhalb des Gemeinschaftsgebiets antreten (Abs. 1 lit. a) oder den Flug mit einem Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft zu einem Flughafen im Gemeinschaftsgebiet aus einem Drittstaat antreten (Abs. 1 lit. b). Dazu stellte der BGH nun mit zwei Urteilen vom 13.11.2012 klar, dass bei verspäteten außereuropäischen Anschlussflügen keine Ausgleichszahlung nach der Fluggastrechteverordnung zu leisten ist.
2. Nichtbeförderung, Annullierung und große Verspätung
Bei Nichtbeförderung (Art. 4 der Verordnung) und bei Flugannullierung (Art. 5) sind den betroffenen Fluggästen regelmäßig unter anderem Ausgleichsleistungen zu zahlen (Art. 7) und Unterstützungsleistungen anzubieten (Art. 8 und 9).
a) Nichtbeförderung
Der europäische Verordnungsgeber bezweckte mit der Verordnung insbesondere auch, die trotz der sog. Überbuchungsverordnung aus 1991 nach wie vor von den Fluggesellschaften praktizierte Überbuchung von Flügen zu bekämpfen. Daher wurde auch noch nach Inkrafttreten der neuen Fluggastrechteverordnung teilweise die Rechtsposition vertreten, dass unter Nichtbeförderung nur die Nichtbeförderung wegen Überbuchung zu verstehen sei. Der EuGH entschied nun mit zwei Urteilen vom 4.10.2012, dass der Ausgleich nicht nur bei Nichtbeförderung wegen Überbuchung, sondern auch bei Nichtbeförderung aus anderen (z.B. betrieblichen) Gründen zu zahlen ist. Im ersten Fall (Rs. C-22/11) waren die Reisenden nicht befördert worden, weil ihr Flug infolge eines Streiks umorganisiert wurde, der zwei Tage zuvor auf dem Flughafen stattgefunden hatte. Im zweiten Fall (Rs. C-321/11) waren die Reisenden aufeinanderfolgender Flüge wegen einer vom Luftfahrtunternehmen selbst zu vertretenden Verspätung des ersten Fluges auf dem zweiten Flug nicht befördert worden. In beiden Fällen bejahte der EuGH das Tatbestandsmerkmal der Nichtbeförderung.
Eine Nichtbeförderung (ohne vertretbaren Grund) liegt nach aktueller Rechtsprechung des BGH auch dann vor, wenn ein bereits vollständig abgefertigter Fluggast auf einem Anschlussflug allein deshalb nicht befördert wird, weil sein Reisegepäck vom Zubringerflug nicht rechtzeitig in das Flugzeug des Anschlussfluges verladen werden konnte.
b) Annullierung und große Verspätung
Spätestens seit der sog. Sturgeon-Entscheidung des EuGH können die Fluggäste erheblich verspäteter Flüge den Fluggästen annullierter Flüge in Bezug auf ihren Anspruch auf Ausgleichsleistung gleichgestellt werden. Diese Rechtsprechung wurde von den Luftfahrtunternehmen in der Vergangenheit massiv angegriffen – unter anderem wegen einer angeblichen Überdehnung des Wortlauts der Verordnung durch den EuGH.
Der EuGH hat nun seine Rechtsprechung ausdrücklich bestätigt...