Ergeben sich Besonderheiten oder Abweichungen zu den obigen Grundsätzen bzgl. der Erforderlichkeit des Mietwagentarifs, wenn der Unfallgeschädigte nach einem Verkehrsunfall einen nicht als Mietfahrzeug für Selbstfahrer zugelassenen Mietwagen anmietet?
I. Für das Vermieterunternehmen
1. Verstoß gegen die Zulassungsbestimmungen der Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV)
Wer ein Fahrzeug ohne Gestellung eines Fahrers gewerbsmäßig vermietet (Mietfahrzeug für Selbstfahrer), muss dies der Zulassungsbehörde anzeigen und zur Eintragung der Verwendung des Fahrzeugs die Zulassungsbescheinigung Teil I vorlegen (§ 13 Abs. 2 S. 2 und 3 FZV). Wer entgegen § 13 Abs. 2 S. 3 FZV ein dort genanntes Dokument vorsätzlich oder fahrlässig nicht vorlegt, verstößt gegen die Zulassungsvorschriften, handelt ordnungswidrig i.S.d. § 24 StVG und riskiert ein Bußgeld. Da die FZV keinen Gesetzescharakter hat, lässt sich aus einem Verstoß gegen die Zulassungsbestimmungen nicht die Nichtigkeit des Mietvertrags wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) herleiten.
2. Wettbewerbsrechtlicher Verstoß
Durch die verwaltungsrechtswidrige "einfache" Zulassung des vermieteten Fahrzeugs kann sich derjenige, der zur Vermeidung von Kosten und aus anderen Gründen seine Mietfahrzeuge nicht als Mietwagen zulässt, im Verhältnis zu insoweit rechtstreuen Anbietern wettbewerbswidrig verhalten. Das Autohaus verschaffe sich unlautere Wettbewerbsvorteile, weil die verkürzte Hauptuntersuchungsfrist umgangen werde, die Vermarktung als Gebrauchtfahrzeug einfacher und lukrativer sei und Kostenvorteile bei der Versicherung des Fahrzeugs bestünden, so das KG Berlin. Auch nach Ansicht des AG Stuttgart verstößt eine gewerbliche Vermietung von Fahrzeugen ohne Eintragung des Vermietzwecks gegen § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 6 Abs. 4 Nr. 2 FZV und ist wettbewerbswidrig.
Kfz-Werkstätten und Autohäuser riskieren daher Abmahnungen oder Unterlassungsklagen von Mitbewerbern. Da die Frage des wettbewerbsrechtlichen Verstoßes aber streng von der schadensrechtlichen Frage zu trennen ist, hat das Risiko, das ein Autovermieter bei der Nichtzulassung eines Mietwagens als Mietfahrzeug für Selbstfahrer eingeht, nichts mit dem Schadenersatzanspruch des Unfallgeschädigten im Verhältnis zur gegnerischen Haftpflichtversicherung zu tun.
II. Für den Unfallgeschädigten im Verhältnis zur gegnerischen Haftpflichtversicherung
Durch Vorlage der Mietwagenrechnung beziffert der Geschädigte gegenüber dem Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung seinen Schaden. Da der Geschädigte nur die "erforderlichen" Mietwagenkosten nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB erstattet bekommt, finden Kürzungen durch die Haftpflichtversicherungen bzw. Korrekturen durch die Gerichte statt. Die Tatsache, dass manche Mietfahrzeuge nicht als Mietfahrzeuge für Selbstfahrer zugelassen sind, veranlasst einige Haftpflichtversicherungen dazu, diese als Werksattersatzwagen zu behandeln und nur einen Werkstattersatztarif zu bezahlen. Wie haben die Gerichte bisher entschieden?
1. Nur Werkstattersatztarif
Nach Ansicht einiger Gerichte ist ein Mietfahrzeug, das nicht als Mietfahrzeug für Selbstfahrer zugelassen ist, wie ein Werkstattersatzwagen zu behandeln, so dass dem Geschädigten nur der (günstigere) Werkstattersatztarif zusteht.
Begründet wird dies wie folgt:
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Das Autohaus als Autovermieter verstößt gegen die Zulassungsvorschriften: Ein Mietfahrzeug für Selbstfahrer muss als solches zugelassen werden. |
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Das Autohaus handelt im Vergleich zu anderen Autohäusern, die die Mietwagen als Mietfahrzeuge für Selbstfahrer zulassen, wettbewerbswidrig. |
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Das Autohaus erspart sich aufgrund der nicht jährlich anfallenden Hauptuntersuchung und der geringeren Versicherungsprämie Kosten. |
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Die Überlassung eines Werkstattersatzwagens ist betriebswirtschaftlich anders einzuordnen als die Überlassung eines Mietfahrzeugs für Selbstfahrer. Ein Werkstattersatzwagen ist nicht dazu bestimmt, durch gewerbliche Vermietung Einnahmen zu erzielen, sondern wird für den normalen Kunden, der sein Fahrzeug zum Kundenservice bringt, bereitgehalten. |
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Der Verwaltungsaufwand für ein Mietfahrzeug für Selbstfahrer ist höher (Mietverträge ausfüllen, regelmäßiges Reinigen und Warten, Ausgabe und Rückgabe Mietwagen). |
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Für den Fall, dass im Mietvertrag keine ausdrückliche Vereinbarung über den Mietpreis getroffen wurde, gilt die angemessene und ortsübliche Miete. Hierbei ist zu differenzieren, welchen "Status" das überlassene Mietfahrzeug hat. Der angemessene Preis für ein nicht als Mietfahrzeug für Selbstfahrer zugelassenes Mietfahrzeug ist nicht mit dem Preis für ein Mietfahrzeug für Selbstfahrer gleichzusetzen. |
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Maßgeblich ist bei der Vermietung eines Werkstattersatzwagens der ortsübliche und angemessene Tarif für einen solchen Werkstattersatzwagen. |
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Die gängigen Schätzgrundlagen (Fraunhofer- und Schwacke-Mietpreisspiegel) wurden nur für Mietfahrzeuge für Selbstfahrer erstellt. |
Im Ergebnis wird auf die (betriebswirtschaftliche) Sicht des Au...