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Regelfahrverbote nach Geschwindigkeits-, Rotlicht- und Trunkenheitsverstoß spielen eine erhebliche Rolle in verkehrsrechtlichen Veröffentlichungen im OWi-Bereich. Dabei gibt es im BKat zahlreiche andere Regelfahrverbote, zuletzt etwa erweitert um die "Rettungsgassenverstöße". Der Beitrag gibt einen kurzen Überblick über diese eher unbekannten Regelfahrverbote und zeigt mögliche Ansätze zur "Tatbestandsverteidigung" auf.
A. Indizwirkung des Regelfahrverbotes
Grundlage des Fahrverbotes ist § 25 Abs. 1 StVG, der in S. 1 wegen groben oder beharrlichen Pflichtenverstoßes eine Fahrverbotsanordnung ermöglicht und in S. 2 nach Trunkenheits- bzw. Drogenfahrt eine solche "in der Regel" vorsieht. Die grobe Pflichtverletzung wird durch die im Bußgeldkatalog genannten Regelfahrverbote mit Leben gefüllt. Was die Beharrlichkeit angeht, so nennt § 4 Abs. 2 BKatV nur einen einzigen Regelfall, der ergänzt wird durch unzählige Entscheidungen, in denen eine beharrliche Pflichtverletzung angenommen wurde. Die BKatV (nebst BKat) führt zu einer Indizwirkung, die nur den erforderlichen Aufwand bei der Urteilsbegründung einschränkt, das Gericht jedoch nicht von der stets erforderlichen konkreten Prüfung des zu beurteilenden Einzelfalls enthebt. Liegt ein solches "Regelfahrverbot" vor, so werden grobe oder beharrliche Pflichtverletzung einerseits und erzieherische Erforderlichkeit und die Angemessenheit des Fahrverbots andererseits vermutet. Aufgabe der Verteidigung ist also die Widerlegung dieser Indizwirkung des BKat bzw. der Regelwirkung des § 25 Abs. 1 S. 2 StVG. Um für die "unbekannten" Regelfahrverbote die Rechtslage beurteilen zu können, bedarf es zunächst eines Blickes auf tatbestandsbezogene fahrverbotsrelevante Besonderheiten bei den "traditionellen" Verstößen (also Geschwindigkeits- und Rotlichtverstöße).
B. Typische Argumentationsmuster
Herabgesetzter Handlungs- oder Erfolgsunwert lassen auf Tatbestandsseite die Indizwirkung entfallen. Pflichtenverstöße können also nicht mehr als grob oder beharrlich eingestuft werden. Typische Fallgruppen bei den "traditionellen" Hauptverstößen sind etwa:
Augenblicksversagen: Einer Fahrverbotsanordnung neben dem Bußgeld bedarf es nicht, wenn der Betroffene infolge Augenblicksversagens fahrlässig eine Ordnungswidrigkeit begeht, die nicht vorkommen darf, aber erfahrungsgemäß auch dem sorgfältigen und pflichtbewussten Kraftfahrer unterläuft. Diese Rechtsprechung wurde in erster Linie zu Geschwindigkeitsverstößen entwickelt. Aber auch bei Rotlichtverstößen kann Augenblicksversagen vorliegen, wenn nämlich keine weiteren Umstände vorliegen, aufgrund derer sich die Lichtzeichenanlage mit Rotlichtsignal aufdrängen musste. Die Rechtsprechung bedient sich hier der Begriffe Mitzieheffekt und Frühstarter , welche jeweils einzelne Arten momentaner Unaufmerksamkeiten beschreiben.
Fehlende abstrakte Gefährdung: Der Erfolgsunwert einer Tat kann gering sein oder fehlen, wenn es zu gar keiner abstrakten Gefährdung des geschützten Verkehrs gekommen ist. Typische Fälle sind hier etwa Rotlichtverstöße oder Geschwindigkeitsverstöße im Rahmen von Baustellen, die aber bereits beendet sind, ohne dass Ampeln/Beschilderung bereits entfernt wurden.
Notstandsähnliche Lagen: Diese führen wegen herabgesetzten Handlungsunwertes i.d.R. zum Wegfall der Voraussetzungen des § 25 I StVG. Dies gilt auch für andere Irrtümer.
Mitverschulden: Dies kann herkömmlicherweise in den Fällen der Nr. 132.1 (einfacher Rotlichtverstoß mit Gefährdung oder Sachbeschädigung) eine erhebliche Rolle spielen.
C. Abstandsverstöße (Tabelle 2 zum BKat)
Hier ist die Widerlegung der Indizwirkung durch tatbezogene Besonderheiten kaum möglich, da die Unterschreitung des Sicherheitsabstands grds. nur dann ordnungswidrig ist, wenn sie nicht nur ganz vorübergehend geschieht. So deutet etwa das Unterschreiten des gebotenen Mindestabstandes in Fällen, in denen nach der Tabelle 2 zur BKatV ein Fahrverbot in Betracht zu ziehen ist, nahezu zwingend auf eine auch subjektiv grobe Pflichtverletzung hin. So sind etwa weder emotionale Belastung noch zeitlicher und psychischer Stress geeignet, bei einem Abstandsverstoß nur einfache Fahrlässigkeit anzunehme...