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Das LG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
1. Der Kl. kann nicht die Feststellung verlangen, dass der zwischen den Parteien ursprünglich geschlossene Versicherungsvertrag fortbesteht. Denn dieser ist durch die seitens der Bekl. im Prozess durch Schriftsatz vom 6.9.2018 erklärte (weitere) Anfechtung gem. § 142 Abs. 1 BGB rückwirkend nichtig geworden. Das Recht des Versicherers, den Vertrag wegen arglistiger Täuschung anzufechten, bleibt gem. § 22 VVG von den Regelungen in §§ 19 ff. VVG zu den vorvertraglichen Anzeigepflichten unberührt.
a) Es besteht ein Anfechtungsgrund.
aa) In objektiver Hinsicht liegt eine Täuschung über Tatsachen vor. Die Antragsfrage 2a lautete:
“Konsumieren oder konsumierten Sie in den letzten 10 Jahren Drogen, drogenähnliche Substanzen oder Betäubungsmittel?'
Diese Frage beantwortete der Kl. falsch mit “nein', worin eine Täuschung i.S.v. § 123 Abs. 1 BGB lag.
(1) Auch das Verschweigen von Umständen kann eine Täuschung darstellen, wenn eine Rechtspflicht zur Aufklärung besteht (…). Eine solche Aufklärungspflicht besteht jedenfalls immer dann, wenn der andere Teil nach gewissen Umständen ausdrücklich fragt; solche Fragen müssen vollständig und richtig beantwortet werden (BGHZ 74, 383).
Entgegen dem Vorbringen des Kl. ist die Frage weder “intransparent' noch sonst unzulässig. Es mag im Einzelfall Substanzen geben, bei denen fraglich sein kann, ob es sich um “drogenähnliche Substanzen' handelt und ob die gestellte Frage eine Aufklärungspflicht bewirkt, ihren Konsum anzugeben. Dies muss der Senat aber hier nicht abschließend entscheiden. Denn jedenfalls bei Amphetamin handelt es sich anerkanntermaßen sowohl in rechtlicher Hinsicht (vgl. Anl. III zu § 1 Abs. 1 BtMG) als auch nach dem allgemeinen, für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer erkennbaren Sprachgebrauch um ein Betäubungsmittel i.S.d. Frage. Sonstige Gründe, warum eine solche Frage nicht zulässigerweise gestellt werden dürfte (vgl. zur fehlenden Anfechtungsmöglichkeit bei unzulässigen Fragen z.B. OLG Köln VersR 1992, 1252), sind nicht ersichtlich.
Der Vortrag des Kl. in seinem Schriftsatz vom 16.7.2019, mit dem er zum Hinweisbeschluss des Senats vom 28.6.2019 Stellung genommen hat, führt zu keiner anderen Beurteilung. Nach gefestigter Rechtsprechung ist die Anfechtungsmöglichkeit nach § 22 VVG i.V.m. § 123 Abs. 1 BGB nicht auf Fälle beschränkt, in denen der Täuschung eine Frage des Versicherers in Textform vorausgegangen ist. § 22 VVG ordnet an, dass das Recht des Versicherers aus §§ 123 ff. BGB “unberührt' bleibt. Deshalb kann unabhängig von der Frage, ob und in welchen Fällen auch ganz ohne eine Frage des Versicherers eine spontane Anzeigepflicht besteht, jedenfalls die falsche Beantwortung einer mündlich gestellten Frage eine Anfechtung gem. §§ 22 VVG, 123 Abs. 1 BGB rechtfertigen (vgl. nur Müller-Frank, in: Langheid/Wandt, VVG, Band 1, 2. Aufl. 2016, § 22 Rn 9, m.w.N.; vgl. auch BGH VersR 2018, 85; …). Der Vortrag des Kl., die Antragsfrage sei ihm nur mündlich gestellt worden, ist deshalb für die vorlegend zu beurteilende Frage ebenso belanglos wie seine weitere Behauptung, er habe den Antrag unterschrieben, ohne sehen zu können, was genau er unterschreibe, und habe auch keine Möglichkeit gehabt, sich den ausgefüllten Antrag noch einmal in Ruhe durchzusehen. Denn all das ändert nichts daran, dass ihm die maßgebliche Frage gestellt wurde, so dass eine Rechtspflicht zur Offenbarung seines Drogenkonsums bestand. (…)
(2) Diese Rechtspflicht zur Angabe des Amphetaminkonsums hat der Kl. verletzt und dadurch eine Täuschung i.S.v. § 123 Abs. 1 BGB begangen.
Dabei kann dahinstehen, ob – wie es der Kl. in seiner Berufungsbegründung geltend macht – die Feststellung im Tatbestand des landgerichtlichen Urteils, wonach der Kl. bereits mit 17 Jahren, also im Jahre 2003, mit dem Konsum von Amphetamin begann, in dieser Form verkürzend ist, weil keine näheren Ausführungen zur Häufigkeit und Intensität des Konsums gemacht werden. Denn der Kl. hat bei seiner Anhörung durch das LG ausdrücklich angegeben, mit etwa 17 Jahren mit dem Konsum begonnen und diesen dann bis etwa zum Jahreswechsel 2014/2015 “gelegentlich' und “phasenweise' am Wochenende fortgesetzt zu haben. Damit hat er zugestanden, im für die Antragsfrage maßgeblichen Zeitraum von 10 Jahren dieses Betäubungsmittel konsumiert zu haben. Auch in der Berufungsbegründung wird dies nicht in Abrede gestellt. Nähere Feststellungen zur genauen Häufigkeit des Konsums sind nicht erforderlich, weil damit jedenfalls eine Falschbeantwortung der Frage und mithin eine objektive Täuschung i.S.v. § 123 Abs. 1 BGB feststeht.
Auch in diesem Zusammenhang ergibt sich aus dem Vortrag des Kl. in seinem Schriftsatz vom 16.7.2019 nichts anderes. Unstreitig gab der Kl. seinen Drogenkonsum vor Antragsunterzeichnung nicht an, wozu er jedoch aus den dargelegten Gründen verpflichtet war. Darauf, ob er etwa den Antrag zuvor noch einmal “in Ruhe durchlesen' konnte, kommt es nicht an.
bb) Die Täuschung geschah arglistig.
Der...