e) Der Geltendmachung des Anspruchs aus § 826 BGB i.V.m. § 31 BGB analog steht auch nicht die Einrede der Verjährung entgegen. Denn die Klageerhebung ist in unverjährter Zeit erfolgt (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB).
[24] aa) Nach § 195 BGB beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist 3 Jahre. Dies gilt auch für Ansprüche aus § 826 BGB wie hier (vgl. nur BGH, Urt. v. 15.11.2011 – XI ZR 54/09, ZEuP 2013, 659). Die Verjährungsfrist beginnt nach § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Anspruchsteller Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen sowie der Person des Schuldners hat oder diese Kenntnis infolge grober Fahrlässigkeit nicht hat. Ob die Verjährung des streitgegenständlichen Anspruchs aus § 826 BGB danach bereits im Jahr 2015 zu laufen begonnen hat, als sich die gegenüber der Bekl. erhobenen Manipulationsvorwürfe entsprechend verdichtet hatten, bedarf hier indes keiner Entscheidung (vgl. dazu Kammer, Urt. v. 13.12.2019 – 12 O 56/19). Denn die Verjährung ist jedenfalls vor Ablauf des Jahres 2018 durch den Anschluss des Kl. an die gegen die Bekl. beim OLG Braunschweig geführte Musterfeststellungsklage gehemmt worden (§ 204 Abs. 1 Nr. 1a BGB).
[25] bb) Wie der Kl. durch Vorlage seiner Anmeldung vom 28.12.2019 nebst Sendebestätigung vom 30.12.2018 ausreichend belegt hat, ist er vor Ablauf des Jahres 2018 durch seine Prozessbevollmächtigten wirksam in das zur Musterfeststellungsklage geführte Klageregister eingetragen worden. Die Verjährung war danach jedenfalls ab diesem Zeitpunkt nach § 204 Abs. 1 Nr. 1a BGB gehemmt. Zwar hat der Kl. am 18.2.2019 seine Anmeldung zurückgenommen, wie er durch Vorlage der entsprechenden Abmeldungsbestätigung des Bundesamtes für Justiz vom 22.10.2019 nachgewiesen hat. Nach § 204 Abs. 2 S. 2 BGB endet die Hemmung der Verjährung indes erst 6 Monate nach der Rücknahme, so dass die Klage, die der Bekl. am 10.5.2019 zugestellt worden ist, jedenfalls noch in unverjährter Zeit erhoben wurde.
[26] cc) Anders als die Bekl. meint, ist es dem Kl. auch nicht nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich auf die Hemmung der Verjährung nach § 204 Abs. 1 Nr. 1a i.V.m. Abs. 2 S. 2 BGB zu berufen. Richtig ist zwar, dass der Kl. innerhalb von weniger als 2 Monaten beim Klageregister angemeldet und wieder abgemeldet worden ist. Dies und der Umstand, dass die Anmeldung zum Klageregister zeitlich unmittelbar vor dem Jahreswechsel, nämlich am 30.12.2018, erfolgt ist, legen insoweit die Annahme nahe, dass die Anmeldung, wenn nicht ausschließlich, so doch vorrangig aus verjährungsrechtlichen Gründen erfolgt ist. Entgegen einer in der Literatur vertretenen Auffassung (vgl. Mansel WM 2019, 1621, 1623; Deiß/Graf/Salger BB 2019, 1674, 1676; vgl. auch Mekat/Nordholtz NJW 2019, 411, 412) stellt dies indes keine rechtsmissbräuchliche Inanspruchnahme des Musterfeststellungsverfahrens nach den §§ 606 ff. ZPO dar.
[27] Ausgehend von der st. Rspr. des BGH ist es grds. legitim und begründet im Regelfall keinen Rechtsmissbrauch, wenn ein Gläubiger ausschließlich zur Verjährungshemmung von den hierzu im Gesetz vorgesehenen Möglichkeiten Gebrauch macht (vgl. BGH, Urt. v. 6.7.1993 – VI ZR 306/92, BGHZ 123, 337; v. 28.10.2015 – IV ZR 526/14, VersR 2015, 1548 und v. 25.5.2016 – IV ZR 211/15, VersR 2016, 907 zu Gütestellen). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist hier nicht geboten. Der BGH hat zwar in der Vergangenheit im Einzelfall für die Inanspruchnahme einer Gütestelle entschieden, dass es einen Rechtsmissbrauch darstellen kann, wenn die Gütestelle ausschließlich zum Zweck der Verjährungshemmung angerufen wird, obwohl der Zweck des außergerichtlichen Güteverfahrens – die Entlastung der Justiz und ein dauerhafter Rechtsfrieden durch konsensuale Lösungen – für den Antragsteller erkennbar nicht erreicht werden kann (vgl. BGH, Urt. v. 28.10.2015 – IV ZR 526/14, VersR 2015, 1548). Von einer entsprechenden zweckwidrigen Inanspruchnahme des Musterfeststellungsverfahrens durch den Kl. kann indes nicht ausgegangen werden. Denn Ziel des Gesetzes zur Einführung einer zivilprozessualen Musterfeststellungsklage ist es gerade, den betroffenen Verbraucherinnen und Verbrauchern einen einfachen Weg der kollektiven Rechtsverfolgung zu eröffnen, indem sie ihre Ansprüche gegen die beklagte Partei mit verjährungshemmender Wirkung und ohne Anwaltszwang zu einem Klageregister anmelden (vgl. BT-Drucks 19/2507, S. 2, 15). Dabei zeigt auch die Beschleunigung des Gesetzgebungsverfahrens, um ein Inkrafttreten des Gesetzes vor Ablauf des Jahres 2018 sicherzustellen, dass der Gesetzgeber insb. der (möglichen) Verjährung von Ansprüchen gegen die Bekl., die zum 31.12.2018 befürchtet wurde, zuvorkommen wollte (so zutreffend die Sachverständige im Gesetzgebungsverfahren Augenhofer VuR 2019, 83 mit Verweis auf Erklärungen der damaligen Bundesjustizministerin Katarina Barley; Schneider BB 2018, 1986, 1987; ebenso Plenarprotokoll 19/37, S. 3592 sowie die Darstellung des BMJV zur Einführung der Musterfeststel...