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Die Bekl. ist nicht infolge des am 11.4.2017 abgeschlossenen Vergleichs mit dem Unfallgegner des Kl. gem. § 86 Abs. 2 VVG (bzw. der inhaltsgleichen vertraglichen Regelung aus § 11 Abs. 2 und 3 MB/KK 09) von ihrer – im Übrigen unstreitigen – Eintrittspflicht für krankheitsbedingte Aufwendungen aus dem Versicherungsvertrag i.V.m. § 1 Abs. 1 und 2 MB/KK 09 freigeworden.
a) Gem. § 86 Abs. 1 VVG geht ein dem Versicherungsnehmer gegen einen Dritten zustehender Ersatzanspruch auf den Versicherer über, soweit der Versicherer den Schaden ersetzt. Nach § 86 Abs. 2 S. 1 VVG ist der Versicherungsnehmer gehalten, jenen Ersatzanspruch zu wahren und bei dessen Durchsetzung mitzuwirken. Verletzt er diese Obliegenheit vorsätzlich, ist der Versicherer zur Leistung insoweit nicht verpflichtet, als er infolgedessen keinen Ersatz von dem Dritten erlangen kann (§ 86 Abs. 2 S. 2 VVG). Im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung der Obliegenheit ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen; die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit trägt der Versicherungsnehmer (§ 86 Abs. 2 S. 3 VVG). Die Obliegenheit des § 86 Abs. 2 S. 1 VVG, in der das schon nach früherem Recht geltende versicherungsrechtliche “Aufgabeverbot' (§ 67 Abs. 1 S. 3 VVG a.F.) aufgegangen ist, verbietet dem Versicherungsnehmer jedes Handeln, das zum Verlust des übergangsfähigen Anspruchs führt oder seine Realisierung hindert (…). Sie gilt im Recht der Schadensversicherung, mithin auch für die private Krankheitskostenversicherung, soweit diese – wie hier – Versicherungsschutz nach den Grundsätzen der Schadensversicherung gewährt (§ 194 Abs. 1 S. 1 VVG; Armbrüster in: Prölss/Martin, VVG, 30. Aufl., § 86 Rn 3; BGH VersR 1973, 224).
b) Der Senat kann mangels Relevanz für die vorliegende Entscheidung offen lassen, ob der Kl. mit Abschluss des Prozessvergleichs am 11.4.2017 überhaupt wirksam zu Lasten der Bekl. – auch – auf seine Ersatzansprüche wegen unfallbedingter Krankheitskosten verzichtet und dadurch gegen die in § 86 Abs. 2 S. 1 VVG (bzw. § 11 Abs. 2 und 3 MB/KK 09) enthaltene Obliegenheit verstoßen hat; offensichtlich ist das jedenfalls nicht.
aa) Unstreitig standen dem Kl. zunächst aufgrund des am 3.9.2015 erlittenen Verkehrsunfalles (weitere) Schadensersatzansprüche, u.a. aus § 7 Abs. 1 StVG, § 823 Abs. 1 BGB, gegen den Unfallgegner sowie gem. § 115 Abs. 1 S. 1 VVG gegen dessen Pflichtversicherer zu, die im Leistungsfall nach Maßgabe des § 86 Abs. 1 VVG auf die Bekl. hätten übergehen können. Dabei vollzieht sich der Rechtsübergang – anders als im Sozialversicherungsrecht, § 116 Abs. 1 SGB X; dazu BGH VersR 2012, 924 – nicht schon im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses, sondern nur “soweit der Versicherer den Schaden ersetzt' (§ 86 Abs. 1 S. 1 VVG).
Das bedeutet, dass der Schadensversicherer nur insoweit in die Rechtsstellung des Versicherungsnehmers einrückt, als er Versicherungsleistungen tatsächlich erbracht hat (BGH VersR 1989, 730). Erst dann findet der Forderungsübergang statt. Erbringt der Versicherer wiederkehrende Leistungen, z.B. in Form einer Rentenzahlung, so gehen Ansprüche zeitanteilig über (Voit in: Bruck/Möller, VVG, 9. Aufl., § 86 Rn 120; …). Dementsprechend hat es der Versicherungsnehmer bis zum Erhalt von (kongruenten) Versicherungsleistungen in der Hand, über die – bis dahin ihm selbst zustehenden – Ersatzansprüche gegen den Schädiger zum Nachteil des Versicherers zu verfügen. Dagegen soll das versicherungsrechtliche Aufgabeverbot den Versicherer schützen, indem es dem Versicherungsnehmer solche nachteiligen Rechtshandlungen untersagt und grob schuldhafte Zuwiderhandlungen mit Rechtsnachteilen belegt (…).
bb) Soweit das LG hier den Abschluss des Prozessvergleiches unter Einschluss der Abgeltungsklausel als Verstoß gegen das versicherungsrechtliche Aufgabeverbot gewertet hat, erscheint diese Annahme auf der Grundlage des bisherigen Sach- und Streitstandes nicht bedenkenfrei. Ein – objektiver – Verstoß gegen die Obliegenheit des § 86 Abs. 2 S. 1 VVG kann zwar auch in dem Abschluss eines Vergleiches liegen, wenn dadurch übergangsfähige Schadensersatzansprüche erlöschen. Das Aufgabeverbot erfasst nämlich insb. den Verzicht des Versicherungsnehmers auf bereits entstandene Ansprüche (BGHZ 22, 109). Ein Vergleich, der für den Fall der Erfüllung der darin vereinbarten Schmerzensgeldforderung einen Erlass weitergehender materieller und immaterieller Schadensersatzansprüche vorsieht, kann diese Rechtswirkungen zeitigen und sein Abschluss daher einen – objektiven – Verstoß gegen § 86 Abs. 2 S. 1 VVG begründen (vgl. KG VersR 2002, 1541; OLG Hamm VersR 2016, 1233; …). Im Ansatz zu Recht verweist die Bekl. auf die weitreichende und umfassende Formulierung der in dem Prozessvergleich vereinbarten Abgeltungsklausel, die nach ihrem Wortlaut “sämtliche materiellen und immateriellen Ansprüche des Kl.' aus dem Verkehrsunfalls “für Vergangenhei...