Grundsätze der Streitwertbemessung
Das OLG Dresden hat zunächst zutreffend darauf hingewiesen, dass sich der Streitwert einer Deckungsschutzklage gegen die RSV gem. § 3 ZPO i.V.m. § 48 Abs. 1 S. 1 GKG regelmäßig nach den voraussichtlichen Kosten richtet, die durch die gerichtliche oder außergerichtliche Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des Versicherungsnehmers entstehen und deren Übernahme er verlangt. Von diesem Betrag ist ein Feststellungsabschlag von 20 % vorzunehmen (so BGH AGS 2006, 451 = RVGreport 2006, 440 Ls für den Zuständigkeitsstreitwert; BGH AGS 2012, 50 = zfs 2012, 32; Bauer NJW 2015, 1329, 1332; Zöller/Herget, ZPO, 33. Aufl., § 3 Rn 16, 134). Für die Wertbemessung ist dabei grds. auf den Zeitpunkt der Klageerhebung abzustellen (§ 4 Abs. 1 HS 1 ZPO; § 40 GKG). Da der Kl. bei einer Klage auf Feststellung der Gewährung von Deckungsschutz aus einer RSV naturgemäß keinen bezifferten Antrag stellt, ist für die Streitwertfestsetzung von entscheidender Bedeutung, von welchen voraussichtlichen Kosten seiner Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung er freigestellt werden will. Leider hat das OLG Dresden in den Beschlussgründen die Grundlagen und die Höhe der einzelnen Kostenpositionen nicht wiedergegeben, wie es beispielsweise das OLG Brandenburg in seinem Beschl. v. 15.10.2019 – 11 W 24/19 – getan hat. Dann hätte man die Ausführungen des OLG besser nachvollziehen können.
Berücksichtigung der Gebührenanrechnung
Nach Vorbem. 3 Abs. 4 S. 1 VV RVG ist die Geschäftsgebühr zur Hälfte, höchstens mit einem Gebührensatz von 0,75, auf die im nachfolgenden Rechtsstreit anfallende Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG anzurechnen. Diese Anrechnungsvorschrift hat – worauf das OLG Dresden zutreffend hinweist – keinen Einfluss auf den Anfall der beiden Gebühren, sodass der Rechtsanwalt nach § 15a Abs. 1 HS 1 RVG grds. beide Gebühren fordern kann.
Verminderter Anspruch des Rechtsanwalts
Wie sich aus § 15a Abs. 1 HS 3 RVG ergibt, kann der Anwalt allerdings nicht mehr als den um den Anrechnungsbetrag verminderten Gesamtbetrag der beiden Gebühren fordern, sodass ihm nach Zahlung der 1,3 Geschäftsgebühr infolge der teilweisen Anrechnung nur noch eine 0,65 Verfahrensgebühr zusteht. Der Kl. hat gegenüber seiner RSV lediglich einen Anspruch, von dieser Vergütungsforderung seines Rechtsanwalts befreit zu werden. Deshalb spricht viel dafür, dass die unstreitige Zahlung der RSV auf die Geschäftsgebühr bei der Bemessung des Streitwertes dahingehend zu berücksichtigen ist, dass bei der Streitwertermittlung auch nur noch eine 0,65 Verfahrensgebühr anzusetzen ist. Auch das OLG Brandenburg, a.a.O., hat unter anderem die teilweise Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr deshalb nicht berücksichtigt, weil die beklagte RSV in jenem Rechtsstreit nicht behauptet hatte, auf eine der beiden Gebühren (Geschäftsgebühr bzw. Verfahrensgebühr) bereits vorgerichtliche Zahlungen geleistet zu haben.
RSV ist Dritter i.S.v. § 15a Abs. 2 RVG
Auch die Bestimmung des § 15a Abs. 2 RVG, nach der sich ein Dritter auf die Anrechnung unter den dort genannten Voraussetzungen berufen kann, spricht dafür, bei der Bemessung des Streitwertes der Deckungsschutzklage nur die um den Anrechnungsbetrag verminderte 1,3 Verfahrensgebühr zu berücksichtigen. Denn die RSV ist nach allgemeiner Auffassung (siehe AnwaltsKomm-RVG/N. Schneider, 8. Aufl., § 15a Rn 131) Dritter i.S.d. Vorschrift. Da die RSV die Geschäftsgebühr bereits gezahlt hat, kann sie sich gegenüber dem Deckungsschutzverlangen des Kl. auf die Anrechnung berufen. Dies muss dann auch bei der Bestimmung des Streitwertes der Deckungsschutzklage mitberücksichtigt werden.
Etwas anderes würde dann gelten, wenn der Kl. selbst seinem Anwalt für dessen vorgerichtliche Tätigkeit die Geschäftsgebühr bezahlt hätte. In diesem Fall hat der Kl., der Deckungsschutz nur für die gerichtliche Vertretung begehrt, einen Anspruch auf Zahlung der unverminderten Verfahrensgebühr, die dann auch bei der Streitwertbemessung in voller Höhe zu berücksichtigen ist (siehe N. Schneider ZAP Fach 24, 1265 ff.). Ein solcher Fall hatte hier jedoch nicht vorgelegen.
Sachverständigenvergütung
Das LG Bamberg, Beschl. v. 17.6.2019 – 41 O 104/19 Ver – ist unter Hinweis auf OLG München, a.a.O., der Auffassung, dass in Rechtsstreitigkeiten rund um den sog. Diesel-Skandal mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit Kosten für ein Sachverständigengutachten anfallen können, wobei das LG auch die vom dortigen Kl. geltend gemachten 6.000 EUR nicht beanstandet hat. Das LG Bamberg hat folglich auch die Vergütung des Sachverständigen in die Streitwertbemessung einbezogen.
Einigungsgebühr
Nach den Ausführungen des OLG Dresden ist der Anfall einer Einigungsgebühr in der ersten Instanz in den Verfahren rund um den sog. Diesel-Skandal unwahrscheinlich. Das LG Bamberg, a.a.O., hat darauf hingewiesen, dass Vergleiche in erster Instanz dann in Gestalt einer Klagerücknahme erfolgten, ohne dass eine Einigung protokolliert würde. Eine solche Verfahrensweise sprich...