"… Die Berufung des Bekl. hat Erfolg."
A)1. Vorliegen einer Pflichtverletzung
Das LG differenziert im Ausgangspunkt zutreffend zwischen einer Klage ohne (jegliche) Erfolgsaussicht und einer Klage mit (äußerst) geringer Erfolgsaussicht. Aus seiner Sicht ist es insoweit konsequent zu dem Ergebnis gekommen, dass der Bekl. – nachdem er nicht über die fehlende Erfolgsaussicht belehrt habe, sondern nur über die geringen Erfolgsaussichten – eine Pflichtverletzung begangen habe.
In der vorliegenden Konstellation kann der Senat diese Bewertung im Ergebnis nicht teilen:
Im Ausgangspunkt ist zunächst festzustellen, dass die Abgrenzung zwischen einer Klage, der die Erfolgsaussicht völlig fehlt und einer Klage, die (wenn auch nur) geringe Erfolgsaussichten hat, im Einzelfall äußerst schwierig zu treffen sein kann; dennoch ist dem Rechtsanwalt grds. zuzumuten, diese Abgrenzung vorzunehmen und seinen Mandanten entsprechend zu beraten. Auf der anderen Seite hat der Rechtsanwalt – als ausschließlicher Interessenvertreter seines Mandanten – aber auch dessen Wunsch nach Rechtsverfolgung zu berücksichtigen und soweit möglich umzusetzen. Der Mandant des Bekl., der Zeuge M., hatte – nachdem er das Vorgehen des StA als diskriminierend empfunden hatte – den Wunsch, diesen persönlich zu verklagen. Ausweislich der Angaben des Zeugen M. sei man in der Beratung zu dem Ergebnis gekommen, dass der Freistaat Bayern bei einem vorsätzlichen Handeln des Beamten nicht haften würde und der Bekl. geäußert habe, es sei schwierig gegen den StA vorzugehen. Man habe dann vereinbart, dass die Versicherung die Erfolgsaussichten prüfen sollte und für den Fall, dass eine Kostendeckungszusage erreicht werde, die Klage eingereicht werden solle. Für diesen Fall habe er einen Klageauftrag erteilt.
Dieses Vorgehen stellt aus Sicht des Senats keine Pflichtverletzung des Bekl. dar, da dem Mandanten von vornherein kein Schaden entstehen konnte (…). Zwar sind grds. an die Belehrungspflicht eines Anwalts gegenüber einem rechtsschutzversicherten Mandanten keine geringeren Anforderungen zu stellen als gegenüber einem nicht rechtsschutzversicherten Mandanten. Gerade aber in Konstellationen, in denen die Abgrenzung zwischen einer Klage, der völlig die Erfolgsaussicht fehlt und einer Klage, die (äußerst geringe) Erfolgsaussichten hat, schwierig ist, erscheint es dem Senat zulässig, in ausdrücklicher Abstimmung mit dem rechtsschutzversicherten Mandanten die Frage der Klageerhebung von einer Deckungszusage der Rechtsschutzversicherung abhängig zu machen. Die Schwierigkeit der Abgrenzung vorliegend zeigt sich im Übrigen auch aus den Ausführungen des LG wenn es (…) zunächst davon spricht, dass von vornherein keinerlei Erfolgsaussichten für ein Vorgehen gegen den StA bestanden hätten, (…) dem Bekl. dann aber vorwirft, nur in unschlüssiger Art und Weise eine Diskriminierung des Zeugen M. in seiner Klage in den Raum gestellt zu haben. So habe der Bekl. nicht vorgetragen, dass die polnische Abstammung des Zeugen M. dem StA kraft eines direkten Kontaktes bekannt geworden sei und diesen damit in seinen Handlungen beeinflusst haben könnte. Letzteres betrifft dann nicht mehr die Frage, dass der Bekl. die Klage überhaupt nicht hätte erheben dürfen, sondern dass er sie nicht erfolgversprechend begründet hatte.
Der entscheidende Gesichtspunkt in der vorliegenden Konstellation für den Senat ist, dass der Anwalt alleiniger Interessenvertreter seines Mandanten ist und insoweit insb. kostenwahrende Gesichtspunkte der alleinigen Beurteilung der Rechtsschutzversicherung im Rahmen der Prüfung der Deckungszusage überlassen darf. Solange er der Obliegenheit des Mandanten gegenüber der Rechtsschutzversicherung nachkommt, über die tatsächlichen Gegebenheiten des Falles zutreffend zu informieren, hält er sich weiterhin im Rahmen des zu wahrenden Mandanteninteresses. Nachdem der Mandant aber gegenüber der Rechtsschutzversicherung keine Aufklärungspflicht in rechtlicher Hinsicht hat, musste auch der Bekl. jedenfalls im vorliegenden Fall nicht aus dem Mandanteninteresse ableiten, dass er von einer Klage ohne Erfolgsaussichten auszugehen hatte und daher gar keine Deckungsanfrage hätte stellen dürfen. Die Beurteilung der rechtlichen Erfolgsaussicht des unterbreiteten Sachverhalts oblag im Rahmen der Erteilung der Deckungszusage alleine der Rechtsschutzversicherung.
2. Hypothetische Kausalität
Auch fehlt es an der hypothetischen Kausalität.
Das LG hat im Rahmen der Beurteilung gem. § 287 BGB angenommen, dass der Zeuge M. bei einer ordnungsgemäßen Belehrung von einem außergerichtlichen und gerichtlichen Vorgehen gegen den StA Abstand genommen hätte und keinen Auftrag für ein Tätigwerden erteilt hätte. Zwar streite zugunsten der Kl. nicht der Anscheinsbeweis der Vermutung des beratungsgerechten Verhaltens, allerdings ergebe sich aus dem persönlichen Eindruck des Gerichts, den es vom Zeugen M. in der Verhandlung gewonnen habe, dass dieser bei entsprechender Belehrung von einem Vorgehen insgesamt Abstand genomm...