"… Der Kl. hat für die Zeit seiner Arbeitsunfähigkeit einen Anspruch auf Zahlung von Krankentagegeld im vertraglich vereinbarten Umfang. Die Bekl. war nicht berechtigt, die von ihr dem Grunde nach unstreitig geschuldete Versicherungsleistung wegen grobfahrlässiger Verletzung der Obliegenheit zur fristgemäßen Anzeige des Versicherungsfalles (§ 18 Abs. 2 AVB) anteilig zu kürzen, weil schon auf der Grundlage ihres eigenen Vorbringens feststeht, dass ihr infolge dieser Obliegenheitsverletzung keine Feststellungsnachteile entstanden sind:"
1. Darüber, dass dem Kl. aufgrund des zwischen den Parteien bestehenden Versicherungsvertrages in der Zeit vom 12.11.2016 bis zum 23.8.2017 ein Anspruch auf Zahlung von Krankentagegeld dem Grunde nach zusteht, besteht zwischen den Parteien kein Streit. Der Versicherungsvertrag sieht für den Fall einer bedingungsgemäßen Arbeitsunfähigkeit, mithin wenn die versicherte Person ihre berufliche Tätigkeit nach medizinischem Befund vorübergehend in keiner Weise ausüben kann, sie auch nicht ausübt und keiner anderweitigen Erwerbstätigkeit nachgeht (§ 1 Abs. 3 AVB), ab der siebenten Woche einen kalendertäglichen Anspruch auf Krankentagegeld i.H.v. 75 EUR vor. Dass der Kl. im streitbefangenen Zeitraum diese vertraglichen Voraussetzungen erfüllte und die Bekl. dementsprechend eintrittspflichtig war, hat diese, wie sie selbst in der Klageerwiderung einräumt, nach Durchführung ihrer Leistungsprüfung anerkannt; das darin zu sehende schriftsätzliche Geständnis (§ 288 ZPO) erlangte Wirksamkeit dadurch, dass die Bekl. in der mündlichen Verhandlung vor dem LG zur Sache verhandelt und hierbei stillschweigend auf ihre vorbereitenden Schriftsätze und damit auf das darin enthaltene Geständnis Bezug genommen hat (§ 137 Abs. 3 S. 1 ZPO; vgl. BGH, VersR 1999, 838). Es wurde auch nicht durch den nachfolgenden Vortrag der Bekl., wonach bei üblichem Krankheitsverlauf jedenfalls im Verlauf der ersten Jahreshälfte 2017 möglicherweise mit einer Teilarbeitsfähigkeit des Kl. und infolgedessen einem Wegfall ihrer Leistungspflicht zu rechnen gewesen wäre, unwirksam. Selbst wenn darin ein Widerruf ihres Geständnisses zu sehen sein sollte, woran allerdings Zweifel bestehen, nachdem sich die Ausführungen der Bekl. ersichtlich auf Fragen der Kausalität (§ 19 Abs. 1 S. 6 AVB; § 28 Abs. 3 S. 1 VVG) beziehen, wäre die Bekl. hierzu jedenfalls nicht berechtigt gewesen, weil ihr Geständnis nicht durch einen Irrtum veranlasst war (§ 290 ZPO), sondern – ganz im Gegenteil – darauf beruhte, dass die Bekl. auf der Grundlage der ihr zur Verfügung stehenden Informationen trotz Wissens um die verspätete Anzeige des Versicherungsfalles zu der Erkenntnis gelangt war, im gesamten maßgeblichen Zeitraum dem Grunde nach Versicherungsleistungen zu schulden.
2. Hiervon ausgehend, war die Bekl. im Streitfall nicht dazu berechtigt, den Anspruch des Kl. für den Zeitraum vom 12.11.2016 bis zum 13.8.2017 – wie geschehen – wegen einer grobfahrlässigen Obliegenheitsverletzung um 50 Prozent zu kürzen und das geschuldete Krankentagegeld lediglich mit einem anteiligen Tagessatz von 37,50 EUR auszuzahlen (§§ 18 Abs. 2, 19 Abs. 1 AVB; § 28 Abs. 2 S. 2 VVG). Der Kl. hat zwar gegen die in § 18 Abs. 2 S 1 AVB vereinbarte Obliegenheit, die ärztlich festgestellte Arbeitsunfähigkeit unverzüglich (vgl. § 121 Abs. 1 S. 1 BGB), spätestens aber am Tag des tariflich vereinbarten Leistungsbeginns, durch Vorlage einer Bescheinigung des behandelnden Arztes anzuzeigen, verstoßen, indem er den – unstreitigen – Versicherungsfall vom 30.9.2016 erst am 13.8.2017, mithin fast ein Jahr später, anzeigte. Auch spricht einiges dafür, dass diese Obliegenheitsverletzung grobfahrlässig erfolgte, was nach dem Gesetz vermutet wird (§ 28 Abs. 2 S. 2 VVG) und gerade in Fällen der nicht unwesentlich verspäteten Anzeige des Versicherungsfalles häufig naheliegt (s. nur Armbrüster, in: Prölss/Martin, VVG 30. Aufl., § 30 Rn 16 m. Nachw.). Inwieweit der Einwand des Kl., er habe die Existenz des Versicherungsvertrages krankheitsbedingt “vergessen', möglicherweise geeignet ist, die verspätete Anzeige zu entschuldigen (abl. KG, VersR 1951, 50; vgl. auch OLG Köln, r+s 2001, 255), muss der Senat jedoch nicht entscheiden, weil sich die Obliegenheitsverletzung hier – entgegen der verfahrensfehlerhaft zustande gekommenen Einschätzung des Erstrichters – jedenfalls nicht ursächlich zum Nachteil der Bekl. ausgewirkt hat und eine Berufung auf die Leistungsfreiheit schon deshalb ausscheidet:
a) Gem. § 19 Abs. 1 S. 6 AVB; § 28 Abs. 3 S. 1 VVG bleibt der VR – vom hier nicht in Rede stehenden Fall der Arglist nach § 19 Abs. 1 S. 7 AVB; § 28 Abs. 3 S. 2 VVG abgesehen – auch bei vorsätzlicher oder grobfahrlässiger Verletzung einer vertraglich vereinbarten Obliegenheit zur Leistung verpflichtet, soweit deren Verletzung weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalles noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des VR ursächlich ist. Erforderlich ist eine konkrete Kausal...