"… Zu Recht und mit überzeugender Begründung hat das LG einen Anspruch des Klägers aus § 125 VVG, § 2 lit. e) ARB verneint. Mit den hiergegen erhobenen Einwendungen kann die Berufung nicht durchdringen."
1. Soweit der Kl. mit Schriftsatz v. 2.10.2020 mitgeteilt hat, es bestehe im Hinblick auf die Kostenentscheidung des FG N. kein wirtschaftliches Interesse mehr an der Fortführung des hiesigen Verfahrens, kann zunächst offen bleiben, ob hierdurch das Rechtsschutzbedürfnis an einer Hauptsacheentscheidung oder zumindest das Feststellungsinteresse für den Klageantrag zu III. entfallen ist.
Das rechtliche Interesse dürfte sich jedenfalls auf eine Entscheidung über die Kosten des vorliegenden Rechtsstreits verlagert haben. Dem Rechnung tragende Prozesserklärungen hat der Kl. jedoch bislang nicht abgegeben. Er hat lediglich ein Angebot bzw. denkbare Lösungen geäußert. Eine abschließende Erklärung ist trotz Aufforderung durch den Senat nicht erfolgt.
2. Unabhängig davon bestand keine Verpflichtung der Bekl., für das finanzgerichtliche Verfahren Rechtsschutz zu gewähren und die damit verbundenen Verfahrenskosten zu übernehmen. Dies hat die Vorinstanz zutreffend entschieden.
a) Der Eintritt des Rechtsschutzfalles (Versicherungsfalles) richtet sich im Streitfall nach § 4 Abs. 1 S. 1 lit. d) ARB (entspricht § 4 Abs. 1 S. 1 lit. c ARB 2010). Danach ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem ein anderer – hier das Finanzamt A. – nach den Behauptungen des VN einen Verstoß gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften begangen haben soll. Dieser Zeitpunkt muss nach Beginn des Versicherungsschutzes (einschl. einer Wartezeit von drei Monaten) und vor Beendigung des Versicherungsschutzes liegen (§ 4 Abs. 1 S. 2 ARB).
Begehrt der VN Deckungsschutz für die Verfolgung eines eigenen Rechtsschutzziels (“Aktivprozess'), richtet sich die Festlegung des verstoßabhängigen Rechtsschutzfalles i.S.v. § 4 Abs. 1 S. 1 lit. d) ARB allein nach der von ihm behaupteten Pflichtverletzung seines Anspruchsgegners, auf die er seinen Anspruch stützt (vgl. BGH zfs 2013, 394). Die vom Kl. unter dem 17.9.2019 vor dem Finanzgericht erhobene Anfechtungsklage (§§ 40 Abs. 1, 100 Abs. 1 FGO) richtete sich gegen die vom Finanzamt A. vorgenommene Einkommensteuerfestsetzung für 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung v. 11.9.2019. Gegenstand dieser Einspruchsentscheidung wiederum war der Einkommensteuerbescheid v. 18.2.2014 in Gestalt des Änderungsbescheides v. 31.7.2015. Diese Bescheide hat der Kl. als rechtswidrig angefochten.
Wendet sich der VN – wie hier – im Klagewege gegen einen ihn belastenden Verwaltungsakt, so stellt der Erlass dieses Verwaltungsakts den Eintritt des Versicherungsfalls in dem vorbenannten Sinne dar (vgl. LG Düsseldorf BeckRS 2019, 29542; Harbauer/Cornelius-Winkler, Rechtsschutzversicherung, 9. Aufl., ARB 2010 § 4 Rn 234; Bauer, DStR 2005, 1665, 1667). Der Bescheid muss dem VN während des nach § 4 Abs. 1 S. 2 ARB maßgeblichen Zeitraums zugestellt worden sein. Hieran fehlt es im vorliegenden Fall. Der den Kl. belastende Ausgangs-Steuerverwaltungsakt (§ 118 AO) datiert v. 18.2.2014 und ist den Bevollmächtigten des Kl. am Folgetag zugegangen. Der Versicherungsschutz endete jedoch infolge einer Kündigung bereits am 1.1.2013 (§ 8 ARB).
b) Es liegt auch kein “gedehnter Versicherungsfall' i.S.v. § 4 Abs. 2 ARB vor. Denn der Rechtsverstoß, den der Kl. seinem Gegner – dem Finanzamt A. – vorgeworfen hat, bestand aus dem Erlass eines Einkommensteuerbescheides für 2012. Es handelte sich nicht um ein aus verschiedenen gleichartigen Einzelakten zusammengesetztes Verstoßverhalten.
c) Nichts anderes ergibt sich aus § 4 Abs. 4 ARB. Diese Klausel regelt nicht den Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls. Sie enthält vielmehr einen Risikoausschluss für den Steuer-Rechtsschutz, der Zweckabschlüssen vorbeugen soll (vgl. Harbauer/Cornelius-Winkler, a.a.O. Rn 235). Danach steht der Rechtsschutz unter der zusätzlichen – aber nicht ausschließlichen – Voraussetzung, dass die zur Festsetzung der Steuer maßgeblichen tatsächlichen Voraussetzungen nach Versicherungsbeginn eingetreten sind. Dass der für die Steuerfestsetzung relevante notarielle Vertrag innerhalb der Versicherungszeit geschlossen wurde, genügt demnach entgegen der Ansicht des Kl. für sich allein nicht. …“
zfs 4/2021, S. 217 - 218