Entscheidungsstichwort (Thema)
Streit über die Erteilung von Deckungsschutz
Leitsatz (amtlich)
Versicherungsfall in der Steuer-Rechtsschutzversicherung ist der Erlass des vom Versicherungsnehmer angefochtenen Steuerverwaltungsaktes. Dieser muss dem Versicherungsnehmer innerhalb des versicherten Zeitraums zugegangen sein.
Normenkette
ARB § 4 Abs. 4; VVG § 125
Verfahrensgang
LG Ansbach (Urteil vom 29.07.2020; Aktenzeichen 3 O 1473/19 Ver) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Ansbach vom 29.07.2020, Az. 3 O 1473/19 Ver, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen vier Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.
Gründe
I. Die Parteien streiten über Deckungsschutz im Rahmen einer vom 21.08.2008 bis 01.01.2013 bestehenden Rechtsschutzversicherung (Anlage K 1 und K 2). Dem Vertrag lagen die Allgemeinen Rechtsschutz-Versicherungen der Beklagten (im Folgenden: ARB; Anlage K 3) zugrunde, die im Wesentlichen den Musterbedingungen ARB 2010 entsprechen.
Hintergrund ist eine mit notariellem Vertrag vom 20.09.2012 erfolgte Übertragung des früheren einzelkaufmännischen Unternehmens des Klägers an die B. (Anlage K 4). Diese bewertete das Finanzamt Ansbach als entgeltliches Geschäft mit einem Veräußerungsgewinn von 891.347,00 EUR und erließ am 18.12.2014 einen Einkommensteuerbescheid für das Veranlagungsjahr 2012, in dem eine vom Kläger zu entrichtende Einkommensteuer von 345.578,00 EUR festgesetzt wurde (Anlage K 5). Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhob der Kläger im September 2019 Klage gegen den vorbenannten Bescheid vor dem Finanzgericht Nürnberg (Anlage K 9). Die Beklagte lehnte einen Deckungsschutz für das finanzgerichtliche Verfahren ab (Anlage K 13). Dieses Verfahren wurde zwischenzeitlich übereinstimmend für erledigt erklärt und dem Finanzamt Ansbach wurden mit Beschluss vom 30.09.2020 die Kosten des Verfahrens auferlegt (Anlage K 15).
Das Landgericht hat die auf Freistellung von Steuerberaterkosten in Höhe von 3.396,90 EUR, Zahlung von 284,00 EUR und Feststellung der Leistungspflicht der Beklagten für das finanzgerichtliche Verfahren gerichtete Klage vollständig abgewiesen. Es hat dabei im Wesentlichen darauf abgestellt, dass die Angelegenheit zwar den vom Versicherungsvertrag umfassten Steuerrechtsschutz vor Gerichten für die Ausübung selbständiger Tätigkeiten betreffen dürfte. Den Versicherungsfall bilde hier jedoch der Einkommensteuerbescheid vom 18.12.2014 und dieser sei erst nach Beendigung des Versicherungsschutzes erlassen worden. Aus § 4 Abs. 4 ARB ergebe sich keine andere Würdigung.
Hiergegen wendet sich die Berufung des Klägers, mit der er seine erstinstanzlichen Klageanträge weiterverfolgt.
II. Der Senat ist gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO grundsätzlich an die in erster Instanz festgestellten Tatsachen gebunden. Durchgreifende und entscheidungserhebliche Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit dieser Feststellungen ergeben sich nicht. Die maßgeblichen Tatsachen rechtfertigen keine von der des Landgerichts abweichende Entscheidung und dessen Entscheidung beruht auch nicht auf einer Rechtsverletzung (§ 513 Abs. 1 ZPO).
Zu Recht und mit überzeugender Begründung hat das Landgericht einen Anspruch des Klägers aus § 125 VVG, § 2 lit. e) ARB verneint. Mit den hiergegen erhobenen Einwendungen kann die Berufung nicht durchdringen.
1. Soweit der Kläger mit Schriftsatz vom 02.10.2020 mitgeteilt hat, es bestehe im Hinblick auf die Kostenentscheidung des Finanzgerichts Nürnberg kein wirtschaftliches Interesse mehr an der Fortführung des hiesigen Verfahrens, kann zunächst offen bleiben, ob hierdurch das Rechtsschutzbedürfnis an einer Hauptsacheentscheidung oder zumindest das Feststellungsinteresse für den Klageantrag zu III. entfallen ist.
Das rechtliche Interesse dürfte sich jedenfalls auf eine Entscheidung über die Kosten des vorliegenden Rechtsstreits verlagert haben. Dem Rechnung tragende Prozesserklärungen hat der Kläger jedoch bislang nicht abgegeben. Er hat lediglich ein Angebot bzw. denkbare Lösungen geäußert. Eine abschließende Erklärung ist trotz Aufforderung durch den Senat nicht erfolgt.
2. Unabhängig davon bestand keine Verpflichtung der Beklagten, für das finanzgerichtliche Verfahren Rechtsschutz zu gewähren und die damit verbundenen Verfahrenskosten zu übernehmen. Dies hat die Vorinstanz zutreffend entschieden.
a) Der Eintritt des Rechtsschutzfalles (Versicherungsfalles) richtet sich im Streitfall nach § 4 Abs. 1 Satz 1 lit. d) ARB (entspricht § 4 Abs. 1 Satz 1 lit. c ARB 2010). Danach ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem ein anderer -...