Leitsatz (amtlich)
Das den Versicherungsfall i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 1 lit. a) ARB 94 darstellende Erstereignis setzt einen fassbaren Bezug auch zur Person des Versicherten voraus. Als Erstereignis sind daher vom Haftpflichtigen zurechenbar gesetzte Ursachen zu betrachten, die den Eintritt eines Schadens gerade für den Versicherten wahrscheinlich machen.
Normenkette
ARB § 4 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Mannheim (Urteil vom 21.08.2012; Aktenzeichen 1 O 13/12) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Mannheim vom 21.8.2012 (1 O 13/12) im Kostenpunkt aufgehoben und wie folgt abgeändert:
1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte der Klägerin und deren mitversichertem Ehemann, Herrn Mario G, aus dem Versicherungsvertrag mit der Vertragsnummer ... Kostenschutz für die außergerichtliche Interessenwahrnehmung im Zusammenhang mit ihren Beteiligungen an der S AG (Vertrags-Nr ...) gegen die E GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, gegen die E Revision und Treuhand GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und gegen die C Deutschland Holding GmbH zu gewähren hat.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte der Klägerin und deren mitversichertem Ehemann, Herrn Mario G, aus dem Versicherungsvertrag mit der Vertragsnummer ... Kostenschutz für das außergerichtliche Schlichtungsverfahren bei Rechtsanwalt D zur Durchsetzung ihrer Ansprüche im Zusammenhang mit ihren Beteiligungen an der S AG (Vertrags-Nr ...), gegen die E GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, gegen die E Revision und Treuhand GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und gegen die C Deutschland Holding GmbH zu gewähren hat.
3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte der Klägerin und deren mitversichertem Ehemann, Herrn Mario G, aus dem Versicherungsvertrag mit der Vertragsnummer ... Kostenschutz für die gerichtliche Durchsetzung in I. Instanz im Zusammenhang mit ihren Beteiligungen an der S AG (Vertrags-Nr ...), gegen die E GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, gegen die E Revision und Treuhand GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und gegen die C Deutschland Holding GmbH zu gewähren hat.
II. Die Beklagte trägt die Kosten Rechtstreits in beiden Instanzen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt von der Beklagten Leistungen aus einer Rechtsschutzversicherung.
Die Klägerin schloss bei der Beklagten beginnend zum 1.2.1999 eine Privat-, Berufs- und Verkehrs-Rechtsschutzversicherung nach § 26 ARB 94 unter der Versicherungsschein-Nr ... ab. Dem Versicherungsverhältnis liegen die ARB 94 zugrunde. Am 12.2.2004 versandte die Beklagte an die Klägerin neue Rechtsschutzbedingungen, die ARB NRV 2001 Plus. Der Versicherungsvertrag ist von der Beklagten zum 1.2.2011 gekündigt worden.
§ 4 Abs. 1 ARB 94 sieht folgende Regelung vor:
§ 4 Voraussetzungen für den Anspruch auf Rechtsschutz
(1) Anspruch auf Rechtsschutz besteht nach Eintritt eines Rechtsschutzfalles
a) im Schadensersatz-Rechtsschutz gem. § 2a) von dem ersten Ereignis an, durch das der Schaden verursacht wurde oder verursacht worden sein soll;
...
Die Voraussetzungen nach a) bis c) müssen nach Beginn des Versicherungsschutzes gem. § 7 und vor dessen Beendigung eingetreten sein ...
(2) Erstreckt sich der Rechtsschutzfall über einen Zeitraum, ist dessen Beginn maßgeblich. Sind für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen mehrere Rechtsschutzfälle ursächlich, ist der erste entscheidend, wobei jedoch jeder Rechtsschutzfall außer Betracht bleibt, der länger als ein Jahr vor Beginn des Versicherungsschutzes für den betroffenen Gegenstand der Versicherung eingetreten oder, soweit sich der Rechtsschutzfall über einen Zeitraum erstreckt, beendet ist.
Im März 1999 beteiligten sich die Klägerin und ihr Ehemann an der S G. Immobilienanlagen und Vermögensmanagement AG (S AG) als atypisch stille Gesellschafter im Umfang von 258.300 DM (132.066,69 EUR).
Die S AG betätigte sich als Teil des Unternehmensverbundes "G. Gruppe" u.a. mit dem Erwerb und der Verwaltung von Immobilien, Wertpapieren und Unternehmensbeteiligungen. Das erforderliche Kapital wurde aufgebracht, indem mit Kleinanlegern stille Gesellschaften bezogen auf ein bestimmtes Unternehmenssegment geschlossen wurden. Die Gesellschafter waren am Gewinn und Verlust beteiligt, unterlagen einer Nachschusspflicht und sollten steuerliche Verlustzuweisungen erhalten. Es war vorgesehen, dass nach Ablauf der steuerlichen Verlustphase der bisherige Vertrag beitragsfrei gestellt und ein weiterer Beteiligungsvertrag bezüglich eines neu aufgelegten Unternehmenssegments abgeschlossen würde, in dem wiederum steuerliche Verluste anfallen würden (sog. St-Modell). Mit Beschluss des AG Göttingen vom 14.6.2007 wurde über das Vermögen der S AG das Insolvenzverfahren eröffnet.
Die Klägerin und ihr Ehemann nahmen die Konzeptanten, Initiatoren und ehemaligen Vorstände der S AG wegen Betruges, Kapitalanlagebetruges und vorsätzlich sittenwidriger Schädigung nach §§ 823 Abs. 2 BGB i....