Zitat

[8] II. Dem Kl. steht gegen die Bekl. kein Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung aus der Betriebsschließungsversicherung zu. Rechtsfehlerfrei hat das BG angenommen, dass das Coronavirus nicht von § 2 Nr. 2 ZBSV 08 erfasst wird …

[Keine ausschließliche Absicherung intrinsicher Gefahren]

[10] 2. Entgegen der Auffassung des BG setzt der Eintritt des Versicherungsfalles allerdings nicht die Verwirklichung einer aus dem Betrieb selbst erwachsenden, sog. intrinsischen, Infektionsgefahr voraus (so auch OLG Celle, BeckRS 2021, 36650; OLG Dresden, BeckRS 2021, 23344 … ; anders OLG Hamburg VersR 2021, 1285). Dies ergibt die Auslegung von § 2 Nr. 1 Buchst. a ZBSV 08 …

[11] Zunächst ergibt sich aus dem Wortlaut von § 2 Nr. 1 Buchst. a ZBSV 08 kein Anhaltspunkt für eine Differenzierung zwischen aus dem Betrieb oder von außerhalb des Betriebes herrührenden Gefahren. Auch der dem VN erkennbare systematische Zusammenhang spricht nicht für ein Erfordernis intrinsischer Gefahren. Ob die in § 2 Nr. 1 Buchst. b – e ZBSV 08 genannten versicherten Gefahren darauf hindeuten, dass es sich bei diesen um solche aus dem Betrieb oder von seinen Mitarbeitern herrührende handeln muss, kann offenbleiben. Daraus muss ein durchschnittlicher VN jedenfalls nicht schließen, dass dies auch für § 2 Nr. 1 Buchst. a ZBSV 08 gelten muss, der eine derartige Einschränkung gerade nicht enthält. Der VN kann § 2 Nr. 1 Buchst. a – e ZBSV 08 nicht entnehmen, dass es sich bei Buchstabe a um einen Grundfall und bei den Buchstaben b – e um Unterfälle handelt, die ihrerseits wiederum Rückwirkungen auf die Auslegung von Buchstabe a haben. Vielmehr wird er der Systematik von § 2 Nr. 1 ZBSV 08 entnehmen können, dass es sich jeweils um eigenständige Versicherungsfälle handelt. Auch der Regelung in § 2 Nr. 1 Buchst. a Halbsatz 2 ZBSV 08 mit der Gleichstellung der Betriebsschließung mit Tätigkeitsverboten gegen Mitarbeiter lässt sich für den durchschnittlichen VN nicht mit der erforderlichen Klarheit entnehmen, dass es sich um eine intrinsische Gefahr handeln muss. Schließlich bedeutet es für den durchschnittlichen VN aus dem ihm erkennbaren Sinn und Zweck der Betriebsschließungsversicherung, ihn gegen Ertragsausfälle infolge behördlich angeordneter Betriebsschließungen zu versichern, keinen Unterschied, ob sich diese Gefahr aus seinem Betrieb oder aus von außerhalb herrührenden Umständen ergibt. Die Betriebsschließung und der Ertragsausfallschaden treten in beiden Fällen gleichermaßen ein.

[12] 3. Das Berufungsurteil hält indessen mit der zweiten Begründung rechtlicher Nachprüfung stand. Zu Recht hat das BG angenommen, dass dem Kl. gegen die Bekl. keine Ansprüche zustehen, weil eine Betriebsschließung zur Verhinderung der Verbreitung der Krankheit COVID-19 oder des Krankheitserregers SARS-CoV-2 nicht vom Versicherungsschutz umfasst ist.

[13] a) Nach § 2 Nr. 1 Buchst. a Halbsatz 1 ZBSV 08 besteht Versicherungsschutz nur für Betriebsschließungen, die zur Verhinderung der Verbreitung von meldepflichtigen Krankheiten oder Krankheitserregern angeordnet werden. Die meldepflichtigen Krankheiten oder Krankheitserreger ergeben sich aus dem Katalog in § 2 Nr. 2 ZBSV 08, der abschließend ist und weder die Krankheit COVID-19 noch den Krankheitserreger SARS-CoV-2 aufführt.

[14] aa) Allerdings ist in Rspr. und Lit. streitig, ob bei einer Klauselfassung wie in § 2 Nr. 2 ZBSV 08 die dort genannten Krankheiten und Krankheitserreger nur beispielhaft aufgelistet werden und eine dynamische Verweisung der Bedingungen auf das Infektionsschutzgesetz vorliegt (es folgen umfangreiche Nachweise) oder ob der Katalog in den Bedingungen – wie auch das BG meint – abschließend ist (vgl. OLG Nürnberg BeckRS 2021, 34338; OLG Bremen NJW-RR 2021, 1613.; OLG Celle VersR 2021, 1166 und w.N.).

[Keine Verweisung der ZBSV auf das IFSG]

[15] bb) Nach zutreffender Ansicht ist die Aufzählung der vom Versicherungsschutz umfassten meldepflichtigen Krankheiten und Krankheitserreger in § 2 Nr. 2 Buchst. a und b ZBSV 08 abschließend. Die Klausel enthält insoweit keine Verweisung auf §§ 6 und 7 IfSG. Das ergibt die Auslegung der Klausel. Einer Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB bedarf es nicht (…).

[16] (1) Der durchschnittliche VN wird sich zunächst am Wortlaut orientieren und in § 2 Nr. 1 ZBSV 08 dem Klammerzusatz "(siehe Nr. 2)" hinter den Worten "meldepflichtiger Krankheiten oder Krankheitserreger" entnehmen, dass die vom Versicherungsschutz umfassten meldepflichtigen Krankheiten und Krankheitserreger in § 2 Nr. 2 ZBSV 08 näher bestimmt werden. Sodann wird er diese Klausel in den Blick nehmen und an der Überschrift "2. Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger" und der anschließenden Formulierung "Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger im Sinne dieser Zusatzbedingungen sind …" erkennen, dass insoweit eine eigenständige Definition in den Bedingungen erfolgt (…).

[17] Hierbei wird der durchschnittliche VN insb. feststellen, dass § 2 Nr. 2 ZBSV 08 nicht allein auf §§ 6 und 7 I...

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