Das LG hat die Bekl. im Ergebnis zu Recht verurteilt, an die Kl. bedingungsgemäße Leistungen aus den drei Berufsunfähigkeitszusatzversicherungen zu zahlen. Die Kl. ist seit September 2015 bedingungsgemäß berufsunfähig.
Nach § 1 Abs. 1 BBZ erbringt die Bekl. die vereinbarten Leistungen, wenn die versicherte Person während der Dauer der Zusatzversicherung zu mindestens 50 % berufsunfähig wird. Vollständige Berufsunfähigkeit liegt nach § 2 Abs. 1 AVB vor, wenn die versicherte Person infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich mindestens sechs Monate ununterbrochen zu mindestens 50 % außerstande ist, ihren Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht. Teilweise Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die in Absatz 1 genannten Voraussetzungen nur in einem bestimmten Grad voraussichtlich sechs Monate ununterbrochen erfüllt sind (§ 2 Abs. 2 BBZ). Sofern die versicherte Person sechs Monate ununterbrochen infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls vollständig oder teilweise außerstande gewesen ist, ihren Beruf auszuüben gilt dieser Zustand nach § 2 Abs. 3 BBZ von Beginn an als vollständige oder teilweise Berufsunfähigkeit.
Mit dem "zuletzt ausgeübten Beruf" im Sinne der Bedingungen, welcher für die Bemessung der Berufsunfähigkeit maßgeblich ist, ist die zuletzt in gesunden Tagen ausgeübte Berufstätigkeit gemeint. Danach setzt Berufsunfähigkeit voraus, dass der Versicherte seinen zuletzt ausgeübten Beruf, so wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ausgestaltet war, infolge der in den Bedingungen genannten gesundheitlichen Beeinträchtigungen ganz oder teilweise nicht mehr ausüben kann (BGH, Beschl. v. 16.1.2019 – IV ZR 182/17).
Vorliegend steht die Ausgestaltung der beruflichen Tätigkeit der Kl. als niedergelassene Gynäkologin, so wie sie von ihr im Leistungsantrag beschrieben worden ist, grundsätzlich nicht im Streit. Entgegen der Ansicht der Bekl. ist auf eine Berufsausübung im Umfang von 40 bis 48 Stunden pro Woche, nicht auf eine solche von 15 bis 20 Stunden pro Woche abzustellen, da die Kl. ihre Berufstätigkeit ab 2013 leidensbedingt deutlich reduziert hat.
Die Auffassung der Bekl., dass bei progredient verlaufenden Krankheiten und Beschwerden jedenfalls dann, wenn – wie vorliegend – zwischen dem Auftreten erster Beschwerden und der tatsächlich behaupteten und vollzogenen leidensbedingten Einschränkung ein derart langer Zeitraum liege, ausnahmsweise auf die reduzierte Tätigkeit abzustellen sei, geht fehl.
Der Versicherungsfall in der Berufsunfähigkeit stellt kein punktuelles Ereignis dar, ein schlagartiger Leistungsabfall ist nicht die Regel. Dass jeder Mensch im Laufe seines Lebens altersbedingt sowie aufgrund von Erkrankungen und Verletzungen Beeinträchtigungen erleiden kann, die sich auf seine berufliche Leistungsfähigkeit auswirken, hat nicht zur Folge, dass sich der bedingungsgemäß festgelegte Grad von Berufsunfähigkeit, der erst Anspruch auf die zugesagten Leistungen gibt, an einem fortlaufend absinkenden Leistungsniveau des Versicherten als Vergleichsmaßstab orientiert. Damit wäre die Berufsunfähigkeitsversicherung entwertet. In den Fällen eines langsam fortschreitenden Leidensprozesses oder Kräfteverfalls würde häufig der Versicherungsfall nicht eintreten, obwohl die Beeinträchtigung des Versicherten, gemessen an seiner Leistungsfähigkeit in gesunden Tagen, 50 % längst erreicht oder gar überschritten hat. Da der Versicherungsfall bedingungsgemäß erst mit dem Erreichen eines bestimmten Grades von Berufsunfähigkeit eintritt, ist die Heranziehung eines Vergleichszustandes für die Ermittlung des maßgeblichen Grades unerlässlich. Dieser Vergleichszustand kann grundsätzlich nur einheitlich gefunden werden und nicht davon abhängen, ob bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit sich langsam fortschreitend entwickelt hat oder zeitgleich mit einem plötzlichen Ereignis eingetreten ist. Maßgebend ist demnach grundsätzlich die letzte konkrete Berufsausübung, so wie sie in noch gesunden Tagen ausgestaltet war, d.h. solange die Leistungsfähigkeit des Versicherten noch nicht beeinträchtigt war (BGH, Urt. v. 22.9.1993 – IV ZR 203/92).
Eine leidensbedingte Einschränkung der beruflichen Tätigkeit begründet gerade den Versicherungsfall, gegen den sich die versicherte Person mit einer Berufsunfähigkeitsversicherung nach deren erkennbarem Zweck absichern will. Dass der Versicherungsschutz für ihren Beruf in gesunden Tagen einer zeitlichen Grenze unterliegen könnte, ist für die versicherte Person bei verständiger Würdigung der Bedingungen nicht erkennbar; eine solche einschränkende Regelung ist in den hier maßgeblichen Bedingungen nicht enthalten (BGH NJW 2017, 1620).
Danach hat eine krankheits- bzw. leidensbedingte Verkürzung der Arbeitszeit außer Betracht zu bleiben. Soweit die Bekl. geltend macht, dass auch für die bloße Arbeitszeitreduzierung der Nachweis ei...