[9] Das BG hat rechtsfehlerfrei angenommen, der Kl. stehe kein bereicherungsrechtlicher Zahlungsanspruch zu, weil die Versicherungsnehmerin die Prämienzahlungen hinsichtlich beider Versicherungsverträge nicht ohne Rechtsgrund vorgenommen hat. Die Kl. konnte den Widerspruch nicht noch im Jahr 2019 wirksam ausüben. Auf die von der Revisionserwiderung aufgeworfene Frage, ob die Kl. aktivlegitimiert ist, kommt es hier deshalb nicht entscheidungserheblich an.
[10] 1. Nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen des BG enthielt die nach § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. erforderliche Widerspruchsbelehrung zwar jeweils eine unrichtige Information über die Voraussetzungen des Beginns der Frist für den Widerspruch, indem dort auf den Zugang des Policenbegleitschreibens als fristauslösenden Umstand verwiesen wurde.
[11] 2. Die Annahme des BG, aus dieser Unrichtigkeit der der Versicherungsnehmerin erteilten Informationen über den Beginn der Widerspruchsfrist folge hier allerdings nicht, dass die Kl. den im Jahr 2003 geschlossenen Verträgen noch im Jahr 2019 widersprechen könne, hält aber revisionsrechtlicher Prüfung stand.
[12] a) Im Einklang mit der neueren Senatsrechtsprechung hat das BG bei der Beantwortung der Frage, ob die Kl. das Widerrufsrecht noch wirksam ausüben kann, entscheidend darauf abgestellt, ob der Versicherungsnehmerin die Möglichkeit genommen wurde, ihr Widerspruchsrecht im Wesentlichen unter denselben Bedingungen auszuüben wie bei zutreffender Belehrung (vgl. Senat VersR 2023, 631; BGHZ 236, 163 Rn 16).
[13] b) Keinen Rechtsfehler lässt auch die Annahme des BG erkennen, der hier zu beurteilende Belehrungsfehler habe der Versicherungsnehmerin diese Möglichkeit nicht genommen. Die Bewertung des Tatrichters, ob ein nur geringfügiger Belehrungsfehler vorliegt, kann in der Revisionsinstanz generell nur daraufhin überprüft werden, ob sie auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht, alle erheblichen Gesichtspunkte berücksichtigt und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt oder von einem falschen Wertungsmaßstab ausgeht (…).
[14] Das BG hat zur Begründung seiner Entscheidung zu Recht maßgeblich darauf abgestellt, dass trotz des Belehrungsmangels für die Versicherungsnehmerin eine richtige Berechnung der Frist ohne weiteres möglich gewesen sei.
Auf der ersten Seite des nur zwei Seiten umfassenden Begleitschreibens wird hier ausdrücklich auf die Übersendung von Versicherungsschein, Versicherungsbedingungen und Verbraucherinformationen hingewiesen und der Beginn der Widerspruchsfrist dann an den "Zugang dieses Schreibens" geknüpft. Auch die vollständige Beifügung dieser Unterlagen konnte das BG im Rahmen des ihm zustehenden Beurteilungsspielraums zur Klärung der Frage heranziehen, ob die Versicherungsnehmerin ihr Widerspruchsrecht im Wesentlichen unter denselben Bedingungen ausüben konnte wie bei einer ordnungsgemäßen Belehrung. Soweit sich aus den Entscheidungen des Senats vom 24.2.2016, r+s 2016, 170 Rn 12) und 20.5.2015 (IV ZR 502/14) hinsichtlich der Bewertung des hier zu beurteilenden Belehrungsmangels etwas anderes ergeben sollte, wird hieran nicht festgehalten. Die abschließende Überlegung des BG, bei der hier vorliegenden Fallgestaltung sei ein zeitliches Auseinanderfallen zwischen Erhalt der fristauslösenden Unterlagen einerseits und des Policenbegleitschreibens andererseits ausgeschlossen, so dass die Versicherungsnehmerin nicht durch zuvor bereits erhaltene Unterlagen verwirrt werden könne, lässt ebenfalls keine Verletzung des dem Tatrichter zustehenden Prüfungsmaßstabs erkennen.
[15] Entgegen der Ansicht der Revision kam es für die Entscheidung des BG mit Blick auf die neuere Senatsrechtsprechung (…) und die vom BG in Bezug genommene Rspr des EuGH (NJW 2020, 667) auch nicht mehr auf die Frage an, ob die Belehrung nur einen "marginalen Fehler" enthält, so dass das BG nicht gehalten war, sich mit zu dieser Problematik verhaltender älterer Senatsrechtsprechung auseinanderzusetzen. Soweit die Revision insoweit auf die Senatsentscheidungen vom 29.7.2015 (VersR 2015, 1101; VersR 2015, 1104) verweist, lagen diesen Entscheidungen jeweils andere – zudem mehrfache – Belehrungsmängel zugrunde. In den dort zur Beurteilung anstehenden Widerspruchsbelehrungen war allein auf den Erhalt des Versicherungsscheins als fristauslösenden Umstand verwiesen worden und die Belehrung war zudem auch hinsichtlich der einzuhaltenden Form unzutreffend (…).
zfs 4/2024, S. 209 - 210