1. Der Senat weist die Berufung der Bekl. gemäß § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO zurück …
a) Mit seinem Hinweisbeschluss vom 5.7.2023 hat der Senat ausgeführt:
“Die Berufung ist unbegründet. Das LG hat der Klage jedenfalls im Ergebnis zutreffend stattgegeben. Der Kl. hat gegen die Bekl. einen Anspruch auf Zahlung der Versicherungsleistung in Höhe von insgesamt 30.000,00 EUR gemäß Ziff. II. B) 1.1, 1.2 und 1.2.1 AVB i.V.m. dem zwischen der Bekl. … mit der H.M. Ltd. … geschlossenen Gruppenversicherungsvertrages mit eingeschlossener Reiserücktrittsversicherung …
Gegen die Wirksamkeit der Vorerkrankungsklausel bestehen Bedenken (1.). Die Frage bedarf aber letztlich keiner Entscheidung, weil die Klausel – deren Wirksamkeit unterstellt – dahin auszulegen ist, dass der Ausschluss im Streitfall nicht eingreift (2.). Der Kl. hat auch die Klageforderung erreichende oder diese übersteigende Stornierungskosten getragen (3.) und seine Schadensminderungsobliegenheit nicht verletzt (4.).
Da die Bekl. das Vorliegen eines versicherten Ereignisses sowie das Nichteingreifen der Subsidiaritätsklausel mit der Berufung – zu Recht – nicht angegriffen hat, kommt es in der Berufungsinstanz nur noch auf diese Fragen an.
1. Es bestehen Bedenken, ob die Vorerkrankungsklausel wirksam ist.
a) Die AVB des Gruppenversicherungsvertrags, in den der Kl. einbezogen worden ist, sind AGB i.S.v. § 305 Abs. 1 BGB, denn sie sind für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert und enthalten Vertragsbedingungen, die die Bekl. einseitig gestellt hat. (wird ausgeführt)
b) Es bestehen Bedenken, ob die Vorerkrankungsklausel das Transparenzverbot des § 307 Abs. 1 S. 2, Abs. 3 S. 2 BGB wahrt, was – wäre dies nicht der Fall – zur Unwirksamkeit der Klausel führte (so im Ergebnis Prölss/Martin/Dörner, VVG, 31. Aufl. 2021, VBRR 2008/2018 Abs. 3 Ziff. 3 Rn 3; anders – wirksam – für eine ganz ähnliche Klausellage OLG Stuttgart, Urt. v. 20.10.2022 – 7 U 69/21 …).
aa) Nach dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB ist der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehalten, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen. (wird ausgeführt)
bb) Hieran gemessen bestehen Bedenken, ob der durchschnittliche Versicherte dem Ausschluss wegen Vorerkrankungen nach Ziff. II. B) 2 2. AVB hinreichend klar entnehmen kann, wann der Ausschluss greift. Zwar hält der Senat – anders als das LG – die Definition der "Vorerkrankung" als solche noch für hinreichend transparent im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB (1). Es ist aber möglicherweise nicht hinreichend transparent, in welchen Fällen eine Grunderkrankung zu einem Ausschluss des Versicherungsschutzes führt (2). (1) Anders als die Vorinstanz und das AG Frankfurt a.M. (30 C 3330/18 – juris Rn 16 ff.) hält der Senat die Definition der "Vorerkrankung", auf die der Ausschluss aufbaut, als solche noch für hinreichend transparent im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.
(a) "Vorerkrankung" ist nach den zitierten AVB "ein bereits vorher bekannter medizinischer Zustand, der Ihnen bekannt war, als Sie Ihre A. Card und andere Karten auf Ihr Kartenkonto beantragten bzw. vor Buchung Ihrer Reise, je nachdem was am kürzesten zurückliegt, und weswegen" einer der in den nachfolgenden Spiegelstriche genannten Umstände vorliegt, wobei aus der Klausel für den durchschnittlichen Versicherten hinreichend deutlich hervorgeht, dass der Eintritt eines einzigen der unter den Spiegelstrichen genannten, auf dem "medizinischen Zustand" beruhenden Umstände für den Ausschluss ausreicht.
Der Senat hält den Begriff des "medizinischen Zustands" als solchen für hinreichend transparent. Schon dadurch, dass er zur Definition der "Vorerkrankung" herangezogen wird, kann der durchschnittliche Versicherte mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen, dass es sich bei dem "medizinischen Zustand" um einen pathologischen Zustand, also einen Zustand mit Krankheitswert handeln muss. Als "Erkrankung" oder "Krankheit" wird nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ein objektiv nach ärztlichem Urteil bestehender anormaler, regelwidriger Körper- oder Geisteszustand verstanden, der eine nicht ganz unerhebliche Störung körperlicher oder geistiger Funktionen mit sich bringt (vgl. BGH, Urt. v. 19.10.2022 – IV ZR 185/20).
Aus den nachfolgend aufgeführten Umständen, die aus diesem Zustand erwachsen sind, namentlich ein Krankenhausaufenthalt in den letzten 12 Monaten (erster Spiegelstrich), zu erwartende Ergebnisse aus einer vorgenommenen Testung oder die Aufnahme auf eine Warteliste für eine Operation, Konsultation oder Untersuchung (zweiter Spiegelstrich), die Einnahme von Medikamenten, die Änderung einer solchen Einnahme oder das Begeben in Behandlung innerhalb der letzten drei Monate (dritter Spiegelstrich), die Notwendigkeit einer medizinischen, chirurgischen oder psychiatrischen Untersuchung alle 12 Monate (vierter Spiegelstrich) oder die Stellung der Prognose "unheilbar" und/oder "chronisch" (fünfter Spiegelstrich), geht hinreichend deutlich hervor, dass dieser Zust...