[7] I. Das Berufungsgericht hat die Haftungsquote von 75 (Beklagter zu 2) zu 25 (Klägerin) damit begründet, dass der Zeugin M. entgegen der Ansicht des Landgerichts kein Verkehrsverstoß vorzuwerfen sei. Die Klägerin müsse sich deshalb lediglich die Betriebsgefahr ihres Fahrzeugs anrechnen lassen.

[8] Der Leerungsvorgang von Mülltonnen und hier das Fortschaffen des entleerten Müllcontainers vom Müllabfuhrfahrzeug gehöre zum Betrieb des Müllabfuhrfahrzeugs im Sinne von § 7 Abs. 1 StVG. Der Beklagte zu 1 habe schuldhaft gegen § 1 Abs. 2 StVO verstoßen, weil er den Müllcontainer quer über die Straße geschoben habe, ohne auf das nach den Feststellungen des Sachverständigen erkennbare Fahrzeug der Klägerin zu achten. Die Privilegierung des § 35 Abs. 6 StVO für Müllabfuhrfahrzeuge befreie nicht vom allgemeinen Rücksichtnahmegebot des § 1 StVO. Der Zeugin M. sei kein Verkehrsverstoß anzulasten. Die Beweislast liege insoweit beim Beklagten zu 2. Zwar sei Müllabfuhrfahrzeugen gegenüber besondere Vorsicht geboten. Die Annahme anderer Obergerichte, dass an Müllabfuhrfahrzeugen stets oder zumindest in der Regel mit Schrittgeschwindigkeit und mit einem Sicherheitsabstand von 2 Metern vorbeizufahren sei, ließe sich aber auf § 1 Abs. 2 StVO und § 3 Abs. 1 StVO nicht stützen. Maßgeblich seien die Umstände des Einzelfalls. Im Hinblick darauf, dass das Müllabfuhrfahrzeug erkennbar im Einsatz und eine Vorbeifahrt nur mit geringem Seitenabstand (50 cm) möglich gewesen sei, sei die Zeugin verpflichtet gewesen, die gefahrene Geschwindigkeit deutlich zu reduzieren. Dies habe sie getan, indem sie statt der am Unfallort zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h nur 13 km/h gefahren sei. Eine höhere Geschwindigkeit stehe nicht fest. Die Geschwindigkeit von 13 km/h sei hier ausreichend gering, zumal der Sachverständige zu dem Ergebnis gelangt sei, dass der Unfall bei einer Bremsausgangsgeschwindigkeit von unter 14 km/h räumlich vermeidbar gewesen wäre. Dafür, dass die Klägerin nicht zu schnell gefahren sei, spreche auch der Umstand, dass es für den Beklagten zu 1 auf der Hand gelegen habe, dass ein etwaig vorbeifahrender Verkehrsteilnehmer ihn und den Müllcontainer zunächst nicht sehen könne. Hätte der Beklagte zu 1 zunächst geschaut oder etwa die Tonne gezogen statt sie zu schieben, hätte er die Zeugin womöglich rechtzeitig gesehen. Auch dies sei bei der Frage zu bedenken, ob der Zeugin ein Verstoß gegen §§ 1, 3 StVO vorzuwerfen sei. Bei aller gebotenen Vorsicht bei der Vorbeifahrt an einem im Einsatz befindlichen Müllabfuhrfahrzeug müsse nicht mit jedwedem Fehlverhalten der Müllwerker gerechnet werden. Es sei nicht erwiesen, dass die Zeugin den Beklagten zu 1 bereits bei Herannahen gesehen habe oder dass sie damit habe rechnen müssen, dass ohne Weiteres plötzlich ein Müllcontainer hinter dem Müllabfuhrfahrzeug hervorgeschoben würde, was ein Absehen vom Passieren oder zumindest die Einhaltung der Schrittgeschwindigkeit geboten hätte.

[9] Auf Beklagtenseite könne zwar zuzubilligen sein, dass Müllwerker im Einsatz die Sorgfaltspflichten nicht im gleichen Maße einhalten könnten wie andere Verkehrsteilnehmer, da sie anderenfalls ihre Tätigkeit erheblich langsamer verrichten würden. Allerdings stelle sich hier das Verschulden deshalb als erheblich dar, weil der Beklagte zu 1 einen großen, schweren Müllcontainer hinter dem Müllabfuhrfahrzeug hervorgeschoben habe, ohne auf den Verkehr zu achten. Dies sei von vornherein erheblich gefahrenträchtig gewesen. Hinzu komme eine erhöhte Betriebsgefahr aufgrund der Größe des Beklagtenfahrzeugs, die sich in Form von Sichtbeschränkungen auch ausgewirkt habe. Hinsichtlich des Klägerfahrzeugs sei von einer leicht erhöhten Betriebsgefahr auszugehen, die das Gericht mit 25 % ansetze.

[10] II. Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung insoweit nicht stand, als das Berufungsgericht einen in die Abwägung nach § 17 Abs. 2 StVG einzustellenden Verstoß der Zeugin M. gegen § 1, § 3 Abs. 1 Satz 2 StVO verneint hat.

[11] 1. Der Klägerin steht gegen den Beklagten zu 2 als Halter des Müllabfuhrfahrzeugs ein Anspruch aus § 7 StVG zu. Dieser steht selbstständig neben einem etwaigen Anspruch gegen den Beklagten zu 2 als öffentlich-rechtliche Körperschaft aus Art. 34 GG, § 839 BGB. Auf eine subsidiäre Haftung gemäß § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich der Beklagte zu 2 im Rahmen seiner Halterhaftung aus § 7 StVG nicht berufen (BGH, Urt. v. 27.6.1968 – III ZR 63/65, BGHZ 50, 271, 273 f., juris Rn 8, 10; v. 27.1.1977 – III ZR 173/74, BGHZ 68, 217, 221, juris Rn 21, 31 (Rn 31 in BGHZ nicht abgedruckt); vom 13.12.1990 – III ZR 14/90, BGHZ 113, 164, 165, juris Rn 5).

[12] a) Frei von Rechtsfehlern ist die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass der Pkw der Klägerin "bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs" im Sinne von § 7 Abs. 1 StVG beschädigt worden ist.

[13] aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist ein Schaden bereits dann "bei dem Betrieb" eines Kraftfahrzeugs entstanden, wenn sich in ihm die von dem...

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